Jeder Lkw mit einem zulässigen
Gesamtgewicht über 12 Tonnen muß seit
dem 1. Januar 2005 bei der Benutzung
von Autobahnen in Deutschland
eine Benutzungsgebühr entrichten:
die Autobahnmaut. Damit wurde in
Deutschland endlich auch im Straßenverkehr
ein erster Schritt in Richtung
Nutzerfinanzierung getan. Vergessen
ist das jahrelange Geschrei und
Gezänk, das seit dem grundsätzlichen
Beschluß zu einer Mauteinführung
überall zu hören war. In den meisten
umliegenden Staaten ist eine Benutzungsgebühr
schon seit Jahren üblich. Nun
muß der Lkw-Maut eine Maut für
Reisebusse folgen, fordert der
Deutsche Bahnkunden-Verband.
Vom 15. August 2001 bereits stammt der
Beschluß des Bundeskabinetts zur Einführung
von „streckenbezogenen Gebühren für
die Benutzung von Bundesautobahnen mit
schweren Nutzfahrzeugen" Abhängig von
Achslast und Schadstoffausstoß sollen es
pro gefahrenem Kilometer, ob beladen oder
unbeladen, zwischen 10 und 17 Cent sein.
Der Bund-Länder-Kompromiß vom 21. Mai
2003 legte dann eine Gebühr nur zwischen
9 und 14 Cent fest.
Gestritten wurde auch darüber, wohin die
Einnahmen fließen werden. Vom Einstellen
in den Bundeshaushalt bis zur kompletten
Verwendung für den Straßenbau (so der
Deutsche Industrie- und Handelstag vom
22. September 2000) waren vielerlei Forderungen
zu hören. Auch hier ist ein Kompromiß
herausgekommen. Für 2005 rechnet
Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) mit
drei Milliarden Euro Einnahmen aus der
Maut. Nach Abzug der Kosten für die laufenden
Kontrollen und der Kosten für das
System verbleiben etwa 2,4 Milliarden Euro.
Diese sollen komplett in den Ausbau der
Verkehrsinfrastruktur zurückfließen. 1,2 Milliarden
Euro sollen in den Bundesfernstraßenbau
investiert werden, 920 Millionen in
die Bundesschienenwege und 290 Millionen
erhalten die Wasserstraßen des Bundes.
Ein bißchen Verkehrs- und
Umweltpolitik
Die Maut verteuert Lkw-Transporte und der
Schwerlastverkehr wird zum Unterhalt des
von ihm belasteten Straßennetzes herangezogen.
Da Wünschen in der Politik manchmal
hilft, erhoffen sich SPD und Grüne mit
der Mauteinführung auch eine Verkehrsverlagerung
auf die Schiene. Ob dieser Wunsch
in Erfüllung geht, werden die nächsten Jahre
zeigen. Problematisch könnten sich in diesem
Zusammenhang die in den vergangenen
Jahren in Folge des „MORA C"-Projektes
aufgegebenen infrastruktuerellen Bahnressourcen
- Gleisanschlüsse, Verladestellen,
Zuführungsstrecken - erweisen.
|
Der DBV fordert, daß auch Reisebusse mautpflichtig werden. Foto: Neoplan |
|
Schon jetzt beklagt der Deutsche Speditions- und
Logistikverband (DSLV), daß
die Transportlaufzeiten auf der Schiene im
Teilladungs- und Ladungsverkehr nur teilweise
den Wünschen der Verlader gerecht
werden und Kapazitäten im sogenannten
„Nachtsprung", also dem Transport zwischen
20 Uhr abends und 5 Uhr früh, in der Regel
nicht zur Verfügung stünden. Die in den letzten
Jahren eingeführte Nachtruhe auf vielen
Strecken und Stellwerken macht den Gütertransport
unattraktiv, weil dadurch Umwege
(über verfügbare Strecken) gefahren werden
müssen, die Transportkosten steigen und die
Züge länger unterwegs sind.
Die Praxis hat allerdings gezeigt, daß Kooperationen
mit NE-Bahnen genutzt werden
können, um Flächenverkehre zu erhalten
oder auszubauen.
Festschreibung der Mautmittel nur
für die DB AG ist falsch
Auch die gesetzliche Festschreibung, daß
Mittel aus der Maut nur in die Bundesschienenwege
fließen dürfen, wird nicht
zu einer nennenswerten Verlagerung von
Straßenverkehren führen, weil die DB AG,
ihrem eigenen Interesse folgend, das ihr zur
Verfügung stehende Geld natürlich für den
Ausbau der Infrastruktur dort einsetzen wird,
wo es ihr am meisten Mehreinnahmen verspricht.
Diezahlreichen nichtbundeseigenen
Eisenbahnen, die für die verladende Wirtschaft
überall die kleinen Güterverkehrsstellen
bewirtschaften und sich um die ebenfalls
zahlreichen Gleisanschlußkunden kümmern,
deren Wagenaufkommen meilenweit von
den Vorgaben der DB AG entfernt sind, gehen
mit wenigen Ausnahmen leer aus. Hier
fordert der DBV, daß eine Gleichbehandlung
erfolgen muß, denn von einem Mehr bei den
Schienentransporten profitieren alle. Gerade
der Wiederaufbau eines feinverästelten Güter-Schienennetzes
hätte eine spürbare Entlastung
von Autobahnen und Straßen vom
Lkw-Verkehr zu Folge.
DBV fordert die Maut
auch für Reisebusse
Bedauerlicherweise läßt die Autobahnmaut
eine Nutzergruppe völlig außer Acht, die
nach Meinung der Deutschen Bahnkunden-Verbandes
ebenfalls an der Finanzierung
des Autobahnnetzes beteiligt werden
muß: den Reisebus-Verkehr. Auch die vielen
Busreiseanbieter profitieren von einem gut
ausgebauten Straßen- und Autobahnnetz,
ohne daß sie für die Unterhaltung und Reparaturen
einen angemessenen Beitrag leisten
müssen. Im Rahmen der Gleichbehandlung
besteht hier dringender Handlungsbedarf!
Gilt die Autobahnmaut für Lkw ab einem
zulässigen Gesamtgewicht von 12 Tonnen,
wiegen moderne Reisebusse in der einstöckigen
Variante besetzt im Durchschnitt 18
Tonnen, als Doppeldecker sogar um die 26
Tonnen. Im Sinne der Gleichbehandlung darf
es keine Ausnahme für Reisebusse geben,
die ebenfalls das Straßennetz übermäßig
stark beanspruchen.
Durch eine Busmaut wäre auch der Wettbewerb
zwischen Straße und Schiene im
Personenverkehr ein kleines Stück gerechter.
Warum nicht einmal in Ansätzen über die
Mautpflicht für Reisebusse bisher öffentlich
nachgedacht wurde, kann nur dem Umstand
geschuldet sein, daß der Einfluß der Buslobby
sehr groß ist.
Auch hier sind uns die Österreicher einen
Schritt voraus. Nicht nur, daß Lkw und Busse
ab einem zulässigen Gesamtgewicht ab 3,5
Tonnen mautpflichtig sind. Je nach Achsenzahl
wird pro Reisebus und gefahrenem Kilometer
eine Gebühr zwischen 0,130 Euro (für
Busse mit zwei Achsen) und 0,273 Euro (mit
vier Achsen) fällig. In Deutschland jedoch
schweigt man lieber über solche Gleichbehandlung.
Bedauerlicherweise nimmt Bundesverkehrsminister
Stolpe hier eine eindeutige
Bremserposition ein. Die Busbranche hätte
keine Maut zu befürchten - so seine Äußerung
auf dem Bundesverbandstag der Deutschen
Omnibusunternehmer am 8. März
2005. Wo bleiben da die gleichen Wettbewerbsbedingungen
zwischen Schiene und
Straße?
Was kommt nach der Lkw-Maut?
Seit Mitte Januar 2005 wurden weitere Begehrlichkeiten
öffentlich geäußert. Bayerns
Innenminister Günther Beckstein (CSU) forderte,
auch Bundesstraßen in die Maut einzubeziehen.
Um diese Forderung mit Fakten
unterlegen zu können („Mautflüchtlinge"),
seien in Bayern an Stellen, die als Ausweichroute
genutzt werden, Verkehrszähler angebaut
worden. Nach Becksteins Ansicht
verleiten insbesondere gut ausgebaute Bundesstraßen,
die parallel zu Autobahnen verlaufen,
zur Nutzung als Ausweichroute.
Das Mautgesetz, so das Bundesverkehrsministerium,
könne ohne Probleme auch auf
solche Bundesstraßen angewandt werden.
Die Zeitung „Die Welt" berichtete in ihrer
Ausgabe vom I.März 2005 über Bürgerinitiatven
im Hamburger Umland, die sich
dort unlängst gründeten. Auch andernorts
haben sich an hochbelasteten Bundes- und
Landesstraßen, die bisher nicht mautpflichtig
sind, Anwohner zusammengefunden. Sie
alle machen darauf aufmerksam, daß durch
die Zunahme des Lkw-Verkehrs die Wohnqualität
und die Sicherheit leiden.
Jedoch scheint das jetzige System der
Erfassung und Kontrolle für eine Ausweitung
auf Bundesstraßen - ja vielleicht sogar
auf alle Straßen - ungeeignet, denn der
Aufwand hierfür ist viel zu groß. Können
Sie sich vorstellen, sowohl auf Bundes- als
auch Landesstraßen alle paar hundert Meter,
mindestens jedoch an jeder Kreuzung,
eine dieser Mautbrücken in die Landschaft
zu stellen? Da machen es wiederum unsere
österreichischen Nachbarn wesentlich eleganter.
Dort sind die Erfassungsgeräte viel
kleiner und auch viel preiswerter. So schick
das deutsche Mautsystem, ja vielleicht sogar
einmalig es auch sein mag: Es besticht im
negativen Sinne durch seine Schwerfälligkeit
und seine besonders hohen technischen Voraussetzungen.
Das sind keine guten Voraussetzungen
für die Ausweitung auf weitere
Straßensysteme oder sogar einen Export in
andere Länder.
Fazit
Trotz aller Schwächen des deutschen Systems
hat die Lkw-Maut zu einer Sensibilisierung
von politisch Verantwortlichen
und Bürgern in Deutschland beigetragen.
Es ist kein Tabuthema mehr, daß auch der
Straßenverkehr zur Finanzierung der von
ihm genutzten Verkehrswege beitragen
muß. Das Argument, daß jeder für die Nutzung
seines Verkehrsweges auch zahlen
soll, ist nur dann gut, wenn es auch konsequent
angewendet und umgesetzt wird.
Ausnahmen darf es nicht geben, weshalb
die seit Jahresbeginn gültige Maut nur
der Anfang eines grundsätzlich richtigen
Systemswechsels bei der Verkehrswegefinanzierung
sein darf. Deutscher Bahnkunden-Verband
|