Als am 8. Januar 1984 der vorerst letzte
S-Bahn-Zug nach Heiligensee fuhr, glaubten
nur große Optimisten an eine schnelle Reaktivierung
der Kremmener Bahn. Doch Mauerfall
und Wiedervereinigung ermöglichten,
daß bereits 1995 die ersten S-Bahn-Züge
wieder nach Tegel und 1998 weiter über
Heiligensee ins brandenburgische Hennigsdorf
fuhren. Ermöglicht wurde die relativ
schnelle Wiederinbetriebnahme durch einen
„Schlichtausbau" mit unveränderten Bahnhöfen
und nur einem Streckengleis. Die Devise
„besser eine S-Bahn im 20-Minuten-Takt
als gar keine S-Bahn" war durchaus richtig,
zumal ein zügiger Ausbau auf zwei Gleise
mit umgebauten und neuen Bahnhöfen
„zeitnah" geplant war. Doch auch hier bewahrheitet
sich die Lebenserfahrung: „Provisorien
halten am längsten"
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In Hennigsdorf halten S 25 und RE 6 am selben Bahnsteig - getrennt durch Prellböcke. Die RegionalExpreß-Züge aus Neuruppin fahren von hier wieder zurück bis zum Außenring und machen einen großen Umweg über Falkensee nach Berlin. Auf direktem Weg über Tegel wäre man bedeutend schneller in der Innenstadt. Foto: Florian Müller |
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Durch Zuzüge ist die einst an der Mauer zu
West-Berlin gelegene Stadt Hennigsdorf seit
der Wende auf über 26.000 Einwohner angewachsen.
Auch die benachbarten Gemeinden
wuchsen, so daß die Züge der S 25 vor allem
im morgendlichen Berufsverkehr teilweise
überfüllt sind, zumal die Bahnsteiglänge
in Hennigsdorf nur 6-Wagen-Züge erlaubt.
Das hatte der Berliner Fahrgastverband IGEB
bereits zur Inbetriebnahme 1998 kritisiert
(SIGNAL 10/98 ). Die vollen Züge und der
20-Minuten-Takt veranlassen so manchen
Nord-Berliner Fahrgast, bei der Fahrt in die
Innenstadt lieber die U 6 zu nutzen. Gäbe es
endlich den geplanten 10-Minuten-Takt und
wären die S-Bahnhöfe im Berliner Bezirk Reinickendorf
endlich besser erreichbar, dann
würden sicher noch deutlich mehr Fahrgäste
die S 25 nutzen.
Pläne für solche Verbesserungen
gibt es
schon lange. Doch getan
hat sich nichts. Die Lage
und die Zugänglichkeit
der Bahnhöfe sind seit
Jahrzehnten beispiellos
schlecht - sieht man einmal
von Hennigsdorf und
einem neuen zweiten
Zugang zum S-Bahnhof
Schulzendorf ab. Viele
der Stationen zwischen
Hennigsdorf und Schönholz
sind teilweise nur auf
„gut getarnten" Wegen zu
erreichen. Der Bedarf für Bahnhofsneu- und
Umbauten ist auf dieser S-Bahnstrecke beträchtlich.
Deshalb hatte die Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung bereits in den
90er Jahren eine zeitgemäße Ausbauplanung
erarbeitet.
Ausbau geplant
Die Planungen der Berliner Senatsverwaltung
umfaßten die folgenden Maßnahmen:
- Bau des zweiten Gleises zwischen Schönholz
und Tegel zur Fahrplanstabilisierung
und zur Einführung des 10-Minuten-Taktes
bis Tegel.
- Einrichtung eines nördlichen Zugangs am
S-Bahnhof Alt-Reinickendorf. Auf eine
Verschiebung der Station zur Roedernallee
wurde angesichts der hohen Kosten
verzichtet.
- Verlängerung des Bahnsteigs vom
S-Bahnhof Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik
Richtung Ollenhauerstraße und Bau eines
Zugangs zu beiden Straßenseiten (Umsteigen
zur U 8). Der überdachte Teil des
alten Bahnsteigs soll beibehalten werden,
ebenso der westliche Zugang zur Saalmannstraße.
- Ergänzung eines östlichen Zugangs an der
Station Eichborndamm Richtung General-Barby-Straße.
- Bau eines zusätzlichen S-Bahnhofs in
Borsigwalde an der Holzhauser Straße.
Zunächst wurde er mit Seitenbahnsteigen
projektiert, inzwischen gibt es auch eine
Planung für einen Mittelbahnsteig.
- Einrichtung eines weiteren Zugangs am
S-Bahnhof Heiligensee zur neuen Wohnsiedlung
auf dem früheren Güterbahnhof.
Finanzierung unsicher
Diese Leistungen waren (und sind) vom
Berliner Senat im Zusammenhang mit der
Grunderneuerung der Kremmener Bahn
(einschließlich Aufzugseinbau) bestellt,
doch aus finanziellen Gründen wurden die
Baumaßnahmen von der DB aus ihrer Fünfjahresplanung
für den Zeitraum 2002 bis
2007 gestrichen. Daher wurden auch die
Planfeststellungen noch nicht eingeleitet.
Nunmehr muß diese - sinnvolle bis unerläßliche
- Ausbauplanung wenigstens in den
folgenden Fünfjahresplan der DB für den
Zeitraum 2008 bis 2012 aufgenommen werden.
Nur wenn die S-Bahn nach Hennigsdorf
attraktiver wird, sind weitere Autofahrer in
Berlin und Brandenburg zum Umsteigen zu
bewegen. Hinzu kommt, daß eine bessere
Abstimmung zwischen U 8 und S 25 wichtig
ist, um die Ergänzungsfunktion der beiden
Linien zu stärken. Dies ist jedoch nur möglich,
wenn Reisende aus Hennigsdorf, Schulzendorf,
Tegel usw. bequem am Bahnhof Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik
umsteigen und mit
der U 8 ins Ortszentrum Reinickendorfs bzw.
Richtung Wedding fahren können.
Außerdem sinnvoll
Der Berliner Fahrgastverband IGEB hält es
für sinnvoll, die Planungen des Senats durch
weitere Maßnahmen zu ergänzen:
- Bau eines südlichen Zugangs am S-Bahnhof
Tegel - insbesondere, um die Erreichbarkeit
der Borsighallen von der S-Bahn
aus zu verbessern.
- Einrichtung einer Kietz-Buslinie zwischen
S-Bahnhof Schulzendorf und Wohngebiet
Schulzendorf sowie im Bereich Schulzendorfer
Straße.
- Freihaltung entsprechender Flächen zwischen
Alt-Reinickendorf und Schönholz an
der Kopenhagener Straße bzw. am Büchsenweg,
um dort längerfristig einen zusätzlichen
S-Bahnhof bauen zu können. Er
würde ein z. T. dicht bebautes Wohngebiet
erschließen und (bei Lage an der Kopenhagener
Straße) einen Übergang zum Bus
122 herstellen.
S-Bahn contra Regionalbahn
Leider wurde die Reaktivierung der S-Bahn
von Seiten des Bundes an die Bedingung geknüpft,
keine Regionalzüge über die Kremmener
Bahn Richtung Gesundbrunnen fahren
zu lassen. Diese Vorgabe behindert eine
zukunftsfähige Entwicklung der Kremmener
Bahn, denn würde der RE 6 (Prignitzexpreß)
von Hennigsdorf aus direkt nach Berlin fahren
können, brächte das erhebliche Fahrzeitersparnisse.
Die Dieselzüge könnten problemlos
zwischen den S-Bahnzügen verkehren, wenn
durchgehend ein zweites Gleis von Hennigsdorf
bis Schönholz zur Verfügung stehen würde.
Doch bis dahin wird wohl noch viel Wasser
die Havel hinunterfließen. Es bleibt die Hoffnung,
denn auch 1984 - siehe oben - konnte
sich kaum einer vorstellen, wie schnell auf der
Kremmener Bahn wieder gut besetzte S-Bahn-Züge fahren werden. (hjb) IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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