Verkehrsrecht & Tarife

Umständliche Fahrpreiserstattung bei DB Regio

Schwarz gefahren? Zu wenig bezahlt? Schnell ist die Bahn mit Zahlungsaufforderungen und teilweise saftigen zusätzlichen Gebühren bei der Hand. Aber wie sieht es umgekehrt aus, wenn der Reisende der Bahn durch deren Verschulden zu viel zahlte und das Geld zurückfordert? Die neue Fahrgastcharta der DB gilt hier nicht, weil diese nur den Fernverkehr betrifft.

Vom Neujahrs-Kurzurlaub kehrte eine Reisegruppe Anfang Januar 2005 über Hof Richtung Berlin zurück. Da über weite Strecken Regionalzüge benutzt wurden, bot sich ein Länderticket an. In Hof erwarb die Gruppe ein Thüringen-Ticket, welches für die Länder Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen gilt. Hof liegt allerdings in Bayern, so daß noch Fahrausweise für die Strecke von Hof bis zur sächsischen Grenze gelöst werden mußten.

An der Grenze

An die Praxis beim VBB-Tarif gewohnt vermutete die Gruppe, daß nur von Hof bis zum ersten Bahnhof in Sachsen, das ist Gutenfürst, gelöst werden muß. Die Schaffnerin im RE Hof—Gera—Leipzig bestand jedoch darauf, daß Fahrkarten von Hof bis zum ersten HALTE-Bahnhof des Zuges, das ist Mehltheuer, zu lösen seien. Notgedrungen taten die Gruppenmitglieder dies am Automaten im Zug.

Bei späterer Klärung der Lage (woran sich die Schaffnerin engagiert durch Telefonate mit ihren Vorgesetzten beteiligte) stellte sich jedoch heraus, daß die Variante mit Gutenfürst richtig war. Der Preisunterschied für zwei Leute ohne BahnCard und drei mit BahnCard 50 belief sich in der Summe auf 11,20 Euro. Die Schaffnerin war zur Erstattung des Betrages aber nicht in der Lage und riet, sich an das RAN-Team in Erfurt zu wenden. Eine Adresse hatte sie leider nicht zur Hand.

Bearbeitungszeit zwei Monate

Also wandte sich ein Gruppenmitglied am 11. Januar schriftlich mit Kopie der Fahrkarten ans Thüringer RAN-Team. Die Internet-Recherche ergab eine Adresse in Erfurt, die sich als veraltet herausstellte. Der Brief kam nach einigen Tagen zurück. Die Bahn hatte sich anscheinend nicht die Mühe gemacht, für eine Postweiterleitung zu sorgen. Der zweite Versuch hatte mehr Erfolg.

Einige Wochen später gab es eine E-Mail vom Kundendialog Südost von DB Regio, welcher interessanterweise in Hamburg beheimatet ist. Darin bat man um Zusendung der Originalfahrkarten. Nach Absendung der Originale gab es eine Mail mit dem Absender „Kundendialog" und dem Betreff „Ihre Bankverbindung" Nur durch einen Zufall wurde diese E-Mail gelesen und nicht als unerwünschte Werbe- oder Virusmail (worauf Absender und Betreff hindeuteten) sofort aussortiert. Hierin wurde um Nennung der Bankverbindung gebeten, obwohl diese längst im ersten Schreiben angegeben worden war.

Zwei Wochen später, also etwa zwei Monate nach dem ersten Brief, war der Betrag von 11,20 Euro ohne ein Wort der Entschuldigung dann auf dem Konto gutgeschrieben. Portoaufwendungen (3 x 0,55 Euro), Arbeitsaufwand (über 2 Stunden) und Zeitverzug (rund 2 Monate) wurden selbstverständlich nicht erstattet.

Fazit

Bei Verschulden der Kunden oder mitunter auch nur einem Irrtum eines Fahrkartenverkäufers ist die Bahn schnell mit Nachforderungen zur Hand. Muß sie dagegen selbst zahlen, so ist der „Service" der Bahn kompliziert, langsam, unprofessionell und es wird mit zweierlei Maß gemessen. Viele Bahnkunden, denen so etwas passiert ist und die weiterhin mit der Bahn fahren, werden sich überlegen, ob sie ein zweites Mal die Mühe auf sich nehmen, sich einen relativ geringen Betrag von der Bahn erstatten zu lassen. Vielleicht ist genau das ja das Ziel der Bahn? (kut)

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 3/2005 (Juni/Juli 2005), Seite 26

 

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