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Die Karniner Brücke muß wieder aufgebaut werden!

60 Jahre nach der Sprengung

Am 28. April 1945 haben deutsche Truppen die Eisenbahnbrücke bei Karnin gesprengt. Seitdem klafft eine Lücke im Bahnverkehr an dervorpommerschen Küste. Zwischen Berlin und seiner „Badewanne" hat sich dadurch die Fahrzeit im Vergleich zur Vorkriegszeit mehr als verdoppelt. 60 Jahre nach der Sprengung muß es jetzt ein Signal geben, daß die Karniner Brücke wieder aufgebaut wird. Europäische Gelder könnten helfen.

Karte
Derzeit ist er noch immer Stückwerk - unterbrochen durch die fehlende Karniner Brücke und die Lücke zwischen Ahlbeck (Grenze) und Swinemünde. Ein Jahr nach der EU-Erweiterung wäre es ein Zeichen des europäischen Zusammenwachsens, wenn die Brücke über die Peene wiederhergestellt und die Lücke an der Swine zwischen Swinemünde und Ahlbeck geschlossen würde. Die EU ist bereit, einen gewichtigen Anteil der Kosten zu übernehmen: Für grenzüberschreitende Verkehrsprojekte kann es eine Finanzierung von bis zu 50 Prozent aus Brüssel geben. Die Politik in Deutschland und in Polen sollte diese Chance nutzen, damit die Eisenbahn in der Region mehr ist als nur ein Denkmal an vergangene Zeiten. Es könnte ein Symbol für das zusammenwachsende Europa sein.

Es war ein Wunderwerk der Technik, das im September 1933 an der Peene bei Karnin eröffnet wurde: eine Eisenbahnbrücke, die sich wie ein Fahrstuhl in die Lüfte heben sollte, um den Schiffsverkehr passieren zu lassen. So etwas hatte es bis dato nicht gegeben. Als Vorbild für die anspruchsvolle Stahlkonstruktion diente das Schiffshebewerk Niederfinow bei Eberswalde. Das Meisterwerk der Ingenieure brachte der Strecke Ducherow—Swinemünde, die über die Brücke ihren Weg vom Festland auf die Insel Usedom nahm, eine deutliche Aufwertung. Zweigleisig ausgebaut ereichten die Züge auf der Hauptstrecke eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 km/h. Bis zu 26 Zugpaare am Tag verbanden die Hauptstadt Berlin mit den Seebändern Swinemünde (Swinoujscie), Ahlbeck und Heringsdorf. Bei einer Fahrzeit von lediglich zweieinhalb Stunden konnten die Berliner die Ostsee schnell erreichen.

Heute Stunden langsamer

Heute ist man mit dem Zug von Berlin aus viereinhalb Stunden unterwegs. Von der einst gefeierten Brücke ragt nur noch das Hubgerüst aus dem Wasser, eine mahnende Erinnerung an verkehrstechnisch bessere Zeiten. Denn seit die Deutsche Wehrmacht auf dem Rückzug vor der Roten Armee die Karniner Brücke sprengte, sind nur noch die Überreste der Verbindung auf die Insel Usedom zu finden. Was die Deutsche Wehrmacht in den letzten Kriegstagen durch die Sprengung der Brücke über die Peene angerichtet hat, ist bis heute - 60 Jahre später - nicht behoben.

Schon zu DDR-Zeiten gab es Überlegungen, die Brücke wiederherzustellen. Zwei Anläufe in den 1960er Jahren scheiterten an der Finanzierung. In der Wendezeit wollte die Reichsbahn sogar die letzten Reste beseitigen, um mit weniger Altlasten in die Fusion mit der Deutschen Bundesbahn zu gehen. Engagierte Bürgerinnen und Bürger verhinderten dies und sorgten dafür, daß die Überreste der Brücke und der Bahnhof in Karnin am 7. Juni 1990 unter Denkmalschutz gestellt wurden. Aus dem ersten Erfolg sind aber leider bisher noch immer keine konkreten politischen Vorhaben erwachsen.

Tourismusfaktor Bahn

Seit mehr als 15 Jahren fehlt offensichtlich der politische Wille, die Strecke inklusive Brücke wiederherzustellen. Zwar ist das Projekt mittlerweile in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. Taten lassen dennoch weiterhin auf sich warten. Dabei ist es dringend an der Zeit, diese Verkehrsader wieder herzustellen. Für die Region ist der Tourismus ein wichtiges Standbein geworden. Mehr Tourismus bedeutet mehr Verkehr - wer die vorpommersche Küste in ihrer Schönheit erhalten und nicht durch Autoabgase verpestet sehen will, muß auf die Bahn setzen, um den Verkehrströmen umweltfreundlich gerecht zu werden.

50 Prozent Finanzierung aus Brüssel möglich

Und auch für den Bahnverkehr zwischen Polen und Deutschland ist es wichtig, daß die bestehenden Lücken geschlossen werden.

Michael Cramer, MdEP, Verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament

aus SIGNAL 3/2005 (Juni/Juli 2005), Seite 27-28

 

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