Berlin

Berlins Geisterbahnhöfe - a never ending story

Berlin hatte über Jahrzehnte eine Besonderheit, über die Berlin-Besucher staunten, während Eingeborene es am Ende einfach hinnahmen: die Geisterbahnhöfe - Schnellbahnstationen, durch die zwar Züge fuhren, in denen aber nicht gehalten wurde. Das betraf u.a. so prominente Stationen wie Potsdamer Platz und Oranienburger Tor. Die Gründe für dieses Phänomen dürften vielen noch erinnerlich sein, ,sooo' lang ist das alles nicht her.

Bahnhofsschild
Kein Halt am Anhalter Bahnhof. Züge Richtung Norden fahren seit über einem Jahr durch. Schlamperei bei der Bauplanung der DB? Foto: Florian Müller

Mit dem 9. November 1989 war die Geschäftsgrundlage für die Geisterbahnhöfe entfallen und nach und nach kehrten sie alle wieder in den Fahrgastbetrieb zurück. Allerdings hat sich - ob aus nostalgischen oder anderen Gründen steht noch in Frage - die DB AG entschieden, den Berlinern wieder ein Anschauungsstück zu liefern, wie es denn mal war. Und so hat man bei der zügigen Durchfahrt durch den Anhalter wieder das Gefühl wie vor mehr als 15 Jahren, als man den „Soffjet-Sektor" - weitgehend - ungestört von Ein- und Aussteigern unterqueren konnte. Dafür ein herzliches Dankeschön.

Am 10. August letzten Jahres machte ein Zug der S-Bahn (Baureihe - nein, nicht „Verbrennungstriebwagen" - 480) bei der Einfahrt in den Anhalter Bahnhof seinem diesbezüglich schlechten Ruf alle Ehre: Er brannte aus. Na gut, kann passieren, die S-Bahn hat ja noch mehr als 70 von der Sorte. Was dann allerdings folgte und bis zum heutigen Tage anhält, war nicht etwa die schnellstmögliche Instandsetzung der mittelschwer beschädigten Station, sondern ein hinhaltendes Taktieren.

Während vor 44 Jahren ein damals amtierender Staatsratsvorsitzender erklärte, niemand habe „die Absicht, eine Mauer zu errichten", was in direkter Folge zu den Geisterbahnhöfen überleitete, wünschte man sich heute angesichts des Anhalter Bahnhofes, dass der eine oder andere Verantwortliche die Absicht hegte, überhaupt irgendetwas zu errichten. Denn seit Monaten sieht man keine Schaufel sich regen, keine Kelle streichen und keine Schubkarre rollen.

Vielleicht sollte sich die DB AG, deren liebste Beschäftigung in Berlin das sinnvolle und im Einklang mit den Berlinern erfolgende Umbenennen von Bahnhöfen ist, zu dem Schritt entschließen, auch dem Anhalter Bahnhof einen neuen Namen zu verpassen. Südkreuz, Hauptbahnhof und-mein Favorit - Messe Nord/ICC (Abriss in Sicht) sind ja leider zur Zeit in Gebrauch. Aber wie wäre es mit „Durchfahrener Bahnhof"? Das läge sinngemäß dicht beim alten Namen (auch wenn es nie das Fürstenhaus der Durchfahrenen gab), wäre die Wahrheit und man könnte sich dauerhaft die offenbar ungeliebte Mühe der Wiederherstellung ersparen. Ein paar Bahnhofsschilder im tunneltauglichen düsteren DB-Design, möglichst in Gleisnähe angebracht, dürften sich doch noch auftreiben lassen.

PS: 1972 kam es am U-Bahnhof Alexanderplatz zu einem schweren Brandunglück. Anders als beim Anhalter Bahnhof wurde dabei die Tunneldecke der Kleinprofil-Aufstellanlage zerstört, und über dem Tunnel liegende Gebäudeteile stürzten ein. Nach 77 Tagen wurde der betroffene Abschnitt samt Abstellanlage wieder in Betrieb genommen.

Udo Miel

aus SIGNAL 5/2005 (Oktober/November 2005), Seite 10

 

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