Der Bahnhof Gesundbrunnen soll ab dem
Fahrplanwechsel am 28. Mai 2006 Nordkreuz
heißen, also so, wie heute das gesamte
Bahnkreuz zwischen den S-Bahnhöfen
Gesundbrunnen und Schönhauser Allee im
Süden sowie Wollankstraße und Pankow im
Norden bezeichnet wird.
Begründet wird die Umbenennung mit den
auswärtigen Fahrgästen, die sich künftig
leichter zurechtfinden sollen. Das Unternehmen
Bahn folge dem „Monopoly-Prinzip",
nach Westkreuz, Ostkreuz und demnächst
Südkreuz (Papestraße) liege es nahe, den
Namen des Bahnhofs Gesundbrunnen entsprechend
anzupassen (Berliner Zeitung
vom 14. Oktober 2005).
Es sind also wieder mal die gern an den
Haaren herbeigezogenen auswärtigen Fahrgäste.
Vielleicht jene, die alle fünf Jahre mal
in die Stadt kommen. Für jene ist natürlich
Nordkreuz statt Gesundbrunnen eine sehr
große Hilfe. Und was ist mit uns Berlinern?
Wir leben tagtäglich in dieser Stadt und
müssen uns mit unausgegorenen Umbenennungswünschen
herumschlagen. Hat
mal jemand an uns gedacht? Und was heißt
eigentlich „Monopoly-Prinzip"? Bei dem
Spiel geht's doch um Geld. Warum die Namenrechte
nicht verkaufen?
Nordkreuz - Spricht etwas
für diesen Namen?
Im Vergleich der Kreuzungsbahnhöfe
Ost-, West- und Südkreuz mit Nordkreuz
(statt Gesundbrunnen) fällt auf, dass sich
in Gesundbrunnen gar nichts kreuzt. Alle
Bahnsteige - ob für die S-Bahn oder für
den Fern- und Regionalverkehr - liegen
hübsch parallel nebeneinander. Kreuz?
Fehlanzeige! Es sei denn, man argumentiert
mit der im Untergrund kreuzenden
U-Bahnlinie U 8. Wir erinnern uns: Es geht
nicht um Fahrgäste, sondern um Monopoly-Spieler.
Legt man nun das Nordkreuz als Eisenbahn-Kreuzungsbauwerk
für einen Namen
zu Grunde, so ergibt sich eigentlich nur eine
Lösung: nämlich die ganz große! Und die
kann nur tabula rasa für die heutigen Namen
bedeuten: Gesundbrunnen wird zu Nordkreuz
Südwest, Schönhauser Allee zu Nordkreuz
Südost, Wollankstraße zu Nordkreuz
Nordwest, Pankow zu Nordkreuz Nordost.
Und Bornholmer Straße? Nordkreuz Mitte
bietet sich an! Blickt man jetzt zum künftigen
Bahnhof Südkreuz und nach Schöneberg,
so kann das Urteil nur lauten: Hier hat doch
jemand nur ganz klein gedacht. Schöneberg
muss sofort in Südwestkreuz umbenannt
werden. Oder wenigstens in Südkreuz West.
Und Südkreuz in Südkreuz Ost.
Verstehen Sie nur noch Bahnhof? Sehen
Sie einen Grund, den Bahnhof Gesundbrunnen
umzutaufen? Oder kommt ihnen langsam
der Gedanke, die Bahn könnte Ihnen
mal kreuzweise?
Worauf können sich die Fahrgäste
nun verlassen?
Gehen wir noch mal die Streitfälle der letzten
Zeit in Sachen Bahnhofsnamen durch:
Der Lehrter Bahnhof und seine Stadtbahnhalle
sollen Hauptbahnhof heißen. Erst gab
es eine Umfrage unter den Berlinern, die
sich klar für Lehrter Bahnhof aussprachen.
Dann entschieden Bahnchef Mehdorn und
der inzwischen geschasste Bausenator Strieder
nach Gutsherrenart, die Station müsse
Hauptbahnhof heißen. (Dabei haben wir
schon einen in Berlin - bei der Parkeisenbahn
in der Wuhlheide ...)
Und überhaupt: Ein Hauptbahnhof in einer
so großen Stadt wie Berlin? Ein Hauptbahnhof
in einer Gegend, die ein Engländer
vermutlich als „ in the middle of nowhere"
bezeichnen würde? Ein Hauptbahnhof, der
nur ein Kreuzungsbahnhof ist, gebaut als
klassischer Turmbahnhof?
Das ist überhaupt das Stichwort: Warum
den sogenannten Hauptbahnhof nicht als
„-kreuz" bezeichnen? Ein Blick auf die Größenwahnplanungen
zur Umgestaltung der
Reichshauptstadt in der NS-Zeit offenbart:
Das sollte es schon mal geben. Der Lehrter
Bahnhof sollte als reiner S-Bahnhof bestehen
bleiben und Stadtkreuz heißen. Dieser Name
käme der Funktion der als neuem Lehrter
Bahnhof errichteten Station am nächsten.
Das ist überhaupt die Lösung: Der Lehrter
Bahnhof, von der Bahn als Hauptbahnhof
bezeichnet, wird in Stadtkreuz umbenannt.
Und Gesundbrunnen bleibt Gesundbrunnen.
Übrigens: Als im Juni Bahnchef Hartmut
Mehdorn die Ringbahnhalle des Bahnhofs
Papestraße eröffnete, ließ er keinen Zweifel:
„Eine Umbenennung seines Pendants im Norden,
des Bahnhofs Gesundbrunnen, in ,Nordkreuz'
werde nicht erwogen, sagte Mehdorn."
(Berliner Morgenpost vom 14. Juni 2005). Ein
Mann, ein Wort. Doch dann muss das mit
dem Monopoly-Spiel passiert sein. IGEB
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