Die Angebotsqualität im öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) wird durch ausufernden
Vandalismus zunehmend beeinträchtigt.
Die Scheiben speziell der Verkehrsmittel
in den Ballungszentren sind in der Regel
zerkratzt („Scratching"), die
Graffiti-Schmierereien nehmen immer noch
zu. Erhebliche Finanzmittel müssen von
den Verkehrsunternehmen aufgebracht
werden, um diese Schäden zu beseitigen
- Gelder, die an anderer Stelle, zum Beispiel
für Serviceverbesserungen, fehlen!
Für das Jahr 2004 wurde die Umfrage zur
Jahresstatistik des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen
(VDV) um eine Zusatzerhebung
zum Thema „Vandalismus" erweitert.
Zwar lieferten nicht alle VDV-Unternehmen
die entsprechenden Daten, aber die Angaben
der Unternehmen in den Millionenstädten
bzw. Ballungszentren sind in den Umfrageergebnissen
vollständig enthalten. Diese
Zahlen sind erwartungsgemäß erschreckend!
Der Gesamtaufwand für die Beseitigung der
durch Vandalismus verursachten Schäden
und für die Prävention belief sich im Jahr 2004
auf 52,7 Millionen Euro. Darunter wurden 31,5
Millionen Euro für die Beseitigung von Schäden
an und in Fahrzeugen aufgewendet. Diese
teilen sich anteilsmäßig folgendermaßen
auf:
- Reparatur bzw. Ersatz von Fahrausweisautomaten 1,0%
- Ersatz von Fensterscheiben 13,6 %
- Reparatur bzw. Ersatz von Sitzen 20,8 %
- Entfernen von Graffiti 31,4 %
- sonstige Maßnahmen 33,2 %
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Die Beseitigung von Graffiti verschlingt große Summen. Foto: Florian Müller |
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Weitere 10,7 Millionen Euro wurden für die Wiederinstandsetzung
von Anlagen eingesetzt wie
Haltestellen, Fahrtreppen usw. Hinzu kommt
der Aufwand für Präventionsmaßnahmen zur
Verhinderung von Vandalismusschäden, z.B.
Anbringen von Schutzfolien oder Videoüberwachung.
In einigen Städten, so auch in Berlin, erleben
die Fahrgäste, dass längst nicht mehr alle
Schäden beseitigt werden bzw. beseitigt werden
können. Nicht zu unterschätzen ist dabei
der erhebliche Imageverlust für die betroffenen
Verkehrsunternehmen. Durch das abstoßende
Erscheinungsbild beispielsweise vieler Berliner
S-Bahn- und U-Bahnfahrzeuge wird kaum der
Anreiz geschaffen, vom Auto in den ÖPNV umzusteigen
oder gar Stammkunde zu werden.
Nofitti
Um diesen Zuständen zu begegnen, wurde die
Initiative „Nofitti" gegründet, die am 7. April 2005
im Berliner Rathaus einen von allen Seiten - auch
den Tätern- viel beachteten internationalen
Anti-Graffiti-Kongress durchführte. Die Nachfrage
übertraf mit insgesamt rund 400 Interessenten
die mögliche Teilnehmerzahl von 300 deutlich.
Referenten waren neben der Justizsenatorin Berlins
auch zahlreiche Gäste aus dem Ausland.
Beispielhaft sind die Aktivitäten der skandinavischen
Länder, wo es schon längst die strafrechtlichen
Voraussetzungen zur Ahndung
entsprechender Taten gibt.
Die Initiative von Nofitti und anderen führte
in Deutschland kürzlich zur Änderung bzw. Ergänzung
des § 303 Strafgesetzbuch, mit dem
Graffiti grundsätzlich immerund nicht nur-wie
bislang - im Fall der Sachbeschädigung strafbar
ist. Die Diskussion zu diesem Entwurf dauerte
erstaunlicherweise 7 Jahre und kam erst im Juni
2005 zur Abstimmung. Die Formulierung im
Gesetzestext lautet nunmehr: „Ebenso wird bestraft,
wer unbefugt das Erscheinungsbild einer
fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht
nur vorübergehend verändert"
Vorbeugung ist entscheidend
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Diese Kurzmeldung aus dem Berliner Tagesspiegel vom 29. November 2005 zeigt, welches erschreckende Ausmaß das Sprayen auf den Berliner Bahnanlagen inzwischen erreicht hat. |
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Doch strafrechtliche Verfolgung allein löst bekanntlich
noch kein Problem. Vorbeugende
Maßnahmen sind entscheidend. Das gilt für
die Gestaltung der baulichen Anlagen ebenso
wie für die Fahrzeuge. Auch hier gibt es keine
Patentlösungen, aber um den Vandalismus
wenigstens einzudämmen, darf keine der
nachfolgend am Beispiel Berlin aufgezeigten
Maßnahmen von der natürlich notwendigen
Diskussion über Angemessenheit und Effektivität
ausgenommen werden:
Personal auf den Bahnhöfen
Auf S- und U-Bahnhöfen muss es ständig Personal
geben. Wenn diese Präsenz aufgrund der
technischen Entwicklungen nicht mehr durch
Personal zur Abfertigung der Züge gegeben ist,
muss nach anderen Wegen gesucht werden. So
können der Fahrscheinverkauf und die unterschiedlichsten
betrieblichen, öffentlichen und
kommerziellen Verkaufsangebote und Dienstleistungen
intelligent kombiniert werden.
Videoüberwachung in den Fahrzeugen
Während bei der BVG vor allem bei neueren
Fahrzeugen erfolgreich eine Video-Überwachung
eingesetzt wird, wurde bei der S-Bahn
auf eine derartige Maßnahme bislang verzichtet.
Einsatz von Sicherheitskräften
Das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste erfordert
einen Einsatz von Sicherheitskräften
vor allem in den schwach besetzten Zügen
auf den Außenstrecken, besonders in den
Abendstunden. Daneben müssen Regelungen
bezüglich der Ausübung hoheitlicher
Aufgaben getroffen werden, ggf. in Form
gemeinsamer Streifengänge von Polizei und
Wachschutz.
Zuglängen
Ein Missstand bei der Berliner S-Bahn ist der
Einsatz oft zu langer Züge in den Abend- und
Nachtstunden. Die Folgen sind einerseits unnötiger
Verschleiß an den Fahrzeugen und
unnötig hoher Energieverbrauch, andererseits
wird so ein ideales Betätigungsfeld für Straftaten
geschaffen. Das Kürzen der Züge in den
Abendstunden setzt natürlich den ausreichenden
Schutz abgestellter Fahrzeuge voraus, zum
Beispiel durch Einzäunung und Überwachung
der Kehranlagen.
Wagenübergänge
Bei Fahrzeugneuanschaffungen sollte stets der
Übergang zwischen mehreren Wagen innerhalb
eines Zuges möglich sein, auch wenn das
betrieblich für den Fahrzeugeinsatz gewisse
Nachteile hat.
Entfernen von Graffiti
Das Entfernen von Graffiti muss schneller erfolgen.
Innerhalb eines Betriebstages sollte die
Reinigung beschmierter Fahrzeuge realisiert
werden, um Tätern die Freude an ihren „Machwerken"
zu nehmen.
Allgemeine Reinigung
Ungereinigte Bahnanlagen und Fahrzeuge
beeinträchtigen immer auch das subjektive
Sicherheitsgefühl. Zwar sind als Folge der Privatisierung
der Reinigungsarbeiten durchaus
Fortschritte sichtbar, aber insbesondere die
Reinigung der Fahrzeuge während des Fahrgasteinsatzes
ist allzu oft mangelhaft. Das gilt
insbesondere für abendliche Zugfahrten mit
DB Regio - trotz der Zugbegleiter.
Beleuchtung
Auf hellen Bahnhöfen fühlen sich die Fahrgäste
sicherer. Vor allem bei der Berliner U-Bahn gibt
es hier in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte.
Demgegenüber wird die Beleuchtung
in den Bussen immer schlechter. Auf vielen
Sitzplätzen kann man abends nicht einmal
lesen.
Zugeklebte Scheiben
Auch die Werbung auf den Scheiben von Straßenbahnen
und Bussen beeinträchtigt die
Helligkeit, das Orientierungsvermögen und
das Wohlfühlen der Fahrgäste erheblich. Möglicherweise
senkt das sogar die Hemmschwelle
für das illegale Zusprayen der Fenster.
Bahnhofsbauten
Auf vielen S- und U-Bahnhöfen gibt es unübersichtliche
Zuwege, Hallen und Zwischengeschosse.
Große Umbauten müssen insbesondere
bei der U-Bahn zum Anlass genommen
werden zu prüfen, ob die „Unterwelten" zurückgebaut
werden können.
Schallschutzwände
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Es gibt in Berlin kaum noch einen S- oder U-Bahnzug ohne zerkratzte Scheiben. Foto: Florian Müller |
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Wie ein krebsartig wucherndes Geschwür
werden alle oberirdischen Bahnanlagen
mit Schallschutzwänden eingemauert. Sie
erschweren die Einsehbarkeit der Gleisanlagen,
beeinträchtigen den Ausblick aus den
fahrenden Zügen und bieten hervorragende
Projektionsflächen für Graffiti aller Art. Kein
Mensch käme auf die Idee, innerstädtische
Stadtstraßen mit Wänden zu umgeben, stattdessen
werden - sehr viel wirksamer - Schallschutzfenster
eingebaut.
Die Wände entlang der Bahnanlagen tragen
inzwischen entscheidend zum Bild der
Verwahrlosung bei. Lediglich entlang der
Berliner Stadtbahn zwischen Savignyplatz
und Ostbahnhof bleiben den Fahrgästen diese
Wände erspart - dem Denkmalschutz sei
dank. Berliner Fahrgastverband IGEB
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