Frau W. aus Dresden fährt mit Kindern,
Ehemann und zwei Fahrrädern von Angermünde
nach Dresden, zunächst mit dem
Regionalexpress bis Berlin und von dort mit
dem Interregio über Riesa zum Zielbahnhof.
Vor Berlin-Ostbahnhof bleibt der Zug
stehen. Zunächst wird nur eine Verspätung
von 5 Minuten angegeben, dann eine von
20 Minuten, die Umsteigezeit beträgt allerdings
nur 24 Minuten.
Frau W. geht zum Schaffner und bittet um
Meldung an den Anschlusszug, dass dieser
auf die umsteigenden Fahrgäste warten soll.
Der Zugbegleiter trägt den Wunsch in sein
Handy ein und schreibt eine SMS an den
Anschlusszug. Daraufhin erfolgt eine Lautsprecherdurchsage,
die das Abwarten auf die
Fahrgäste des RE ankündigt. Mit einem anderen
Fahrgast vereinbart Frau W., dass er beim
Umstieg vorläuft und den Schaffner des Interregios
darüber informiert, dass die Familie
samt Fahrrädern noch komme. Auf der hektischen
Suche nach dem richtigen Weg zum
Gleis mit dem Anschlusszug erkundigt sich
Frau W. bei einer Mitarbeiterin der DB AG, die
der Familie jedoch den falschen Weg weist.
Der empfohlene Fahrstuhl ist für die Familie
zu klein, auf der unteren Ebene angekommen
muss die Familie außerdem feststellen, dass
sie in einer Sackgasse gelandet ist. Wertvolle
Zeit geht verloren. Auf dem richtigen Bahnsteig
endlich angekommen, wartet der Anschlusszug.
Frau W. läuft vor, drückt auf den
Türöffner. Plötzlich wird sie vom Schaffner
angeschrieen mit der Frage, warum sie die
Tür öffne, nachdem er doch bereits den Pfiff
zur Abfahrt gegeben habe.
Daraufhin zieht der Schaffner die Notbremse.
Frau W. verteidigt sich damit, dass sie den
Bahnsteig erst vor kurzem betreten und
deswegen diesen Abpfiff nicht gehört habe
und auch nicht an anderen Merkmalen die
bevorstehende Abfahrt erkennen konnte. Sie
fragt den Zugbegleiter, ob der andere Fahrgast
ihn nicht darüber informiert habe, dass
ihre Familie gleich komme. Das bestätigt der
Zugbegleiter, antwortet aber, dass er die Familie
nicht gesehen habe und deswegen das
Signal zur Abfahrt gegeben habe.
Im Zug bittet der Zugbegleiter Frau W. um
ihre Personalien. Kurze Zeit später erhält sie
eine Rechnung über 225 Euro wegen des
„Missbrauchs der Nothilfemittel" Frau W. ist
empört und widerspricht der Zahlungsaufforderung
-zunächst erfolglos. Dann wendet
sie sich mit der Schilderung ihres Umsteige-Abenteuers
an die Schlichtungsstelle.
Nachdem der Sachverhalt aufgeklärt worden
ist, plädieren wir in unserem Schlichtungsvorschlag
darauf, die Forderung komplett
fallen zu lassen. Zu viele Informationsfehler
der DB AG haben zur Entstehung des
Schadens beigetragen. Es bleibt auch offen,
woran das kurz bevorstehende Abfahren des
Zuges hätte erkannt werden können. Warum
eine Notbremsung erforderlich ist, weil ein
Fahrgast lediglich versucht, die Tür des zu
diesem Zeitpunkt noch stehenden Zuges zu
öffnen, ist durch Sicherheitshinweise ebenfalls
nicht vollständig zu erklären.
Dieser Schlichtungsvorschlag wurde von
der Deutschen Bahn angenommen. Die Gelegenheit wurde
auch genutzt, um eine Geste
der Wiedergutmachung zu zeigen. Über den
Forderungsverzicht hinaus sendete die DB AG
einen Gutschein über 40 Euro an Frau W.
Infos: www.schlichtungsstelle-mobilitaet.org Schlichtungsstelle Mobilität beim VCD
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