|
Am 28. Mai wurde mit der Strecke durch die
Bernauer Straße die zweite Straßenbahn in
den ehemaligen Westteil Berlins in Betrieb
genommen. Das ist fraglos ein Grund zum
Feiern, auch wenn die Bilanz mit insgesamt
16 Kilometern Neubaustrecke in den 16 Jahren
nach der Maueröffnung ernüchternd ist.
|
Die Eröffnungsstraßenbahn mit den Ehrengästen erreicht die neue Endstelle S-Bahnhof Nordbahnhof. Foto: Florian Müller |
|
Wie schon bei der Seestraßen-Strecke gab
es auch bei der Bernauer im Vorfeld viele Bedenken,
aber gerade das einst skeptisch beäugte
erste „West-Projekt" zeigt mit seinem
großen Erfolg, wieviele neue Fahrgäste sich
durch ein gutes Angebot (bis zum Virchow-Klinikum
an Werktagen alle 5 Minuten) gewinnen
lassen. Sicher wird der Umlernprozess
der Anwohner an der Bernauer Straße
mehrere Monate dauern, doch das gute Startangebot
der BVG lässt erwarten, dass selbst
für Relationen wie Wedding—Kreuzberg
die M 10 für einen Teil der Fahrgäste eine
attraktive Alternative zum mehrmaligem
Umsteigen im Schnellbahnnetz ist. Auch die gute
Anbindung an die Nord-Süd-S-Bahn mit Zugang
zum S-Bf Nordbahnhof ohne Straßenquerung
wird verborgene Potenziale wecken.
Dennoch kann die neue Straßenbahnstrecke
durch die stümperhafte Planung des Senats,
der das erste Planfeststellungsverfahren
zur Weiterführung der M 10 über die Invalidenstraße
zum Hauptbahnhof abbrechen
musste, einen erheblichen Teil ihrer Fahrgäste
noch nicht erreichen. Da der Senat auch
beim neuen Planfeststellungsverfahren den
vierspurigen Ausbau der Invalidenstraße für
den Autoverkehr zum Dogma erklärt hat,
werden die absehbaren Klagen dazu führen,
dass die jetzt genannte Jahreszahl 2009 für
eine Inbetriebnahme zum Hauptbahnhof
unrealistisch wird.
Umso wichtiger ist es, dass die Zeitverzögerung
genutzt wird und parallel bereits
mit den Planungen für die Weiterführung
der Straßenbahn zur Turmstraße in Moabit
begonnen wird. Denn erst dann wird sie das
ganz große Fahrgastpotenzial erschließen.
Es sei daran erinnert, dass der Berliner Senat
für die U5-Verlängerung vom Alexanderplatz
zum Hauptbahnhof einen Nutzen-Kosten-Faktor über 1,0 nur
dadurch erreichte,
dass er diesen Wert für den Abschnitt Alexanderplatz—Turmstraße
ermittelte. IGEB Stadtverkehr
|