Vorbemerkung der Fragesteller: Die Neu- und
Ausbaustrecke Nürnberg—Erfurt (VDE
8.1) stellt nach dem Bericht zum Ausbau der
Schienenwege 2005 auf Bundestagsdrucksache
15/5972 einen Teil der Hochgeschwindigkeitsverbindung
Berlin—München dar. Es ist
nicht zu erkennen, wann die Strecke realistischerweise
fertig gestellt werden kann.
Frage: Für welche Abschnitte der Neubaustrecke
(NBS) und welche Abschnitte der
Ausbaustrecke (ABS) mit welchen Streckenlängen
sind Finanzierungsvereinbarungen
in welcher Höhe mit der Deutschen Bahn
AG (DB AG) unterzeichnet?
Antwort der Bundesregierung: Für die
Neubaustrecke sowie für einzelne Ingenieurbauwerke
und Kreuzungsmaßnahmen im
Zuge der Ausbaustrecke besteht seit 1997
eine Finanzierungsvereinbarung. Für die
Ausbaustrecke ist für den Abschnitt Nürnberg—Fürth
2005 eine Finanzierungsvereinbarung
abgeschlossen worden.
Frage: Welche Festlegungen treffen die
unterzeichneten Finanzierungsvereinbarungen
bezüglich des Zeitpunktes der Fertigstellung
der Bauabschnitte?
Antwort: Der Finanzierungsvereinbarung
liegt ein sog. Bauzeiten- und Finanzierungsplan
zu Grunde, der bestimmte zeitliche
Vorstellungen und Mittelabflüsse beinhaltet.
Jedoch sind diese schon deshalb nicht
zwingend, da sie - wie 2004 geschehen
- den haushälterischen Schwankungen in
den Möglichkeiten zur Bereitstellung von
Bundesmitteln für Schienenwegeinvestitionen
unterworfen sind. So hat die Umsetzung
des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses
von Bundestag und Bundesrat
vom Dezember 2003 zum Subventionsabbau
dazu geführt, dass die ursprünglichen
Planungen für Vorhaben des Bedarfsplans
für die Bundesschienenwege erheblich
reduziert werden mussten. Dies gilt auch
für das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit
8.1 (VDE).
Frage: Für welche Abschnitte der NBS und
welche Abschnitte der ABS liegen keine Finanzierungsvereinbarungen
mit der DB AG
vor?
Antwort: Es liegt für die Ausbaustrecke im
Abschnitt Fürth—Ebensfeld, mit Ausnahme
von Einzelbauwerken, keine Finanzierungsvereinbarung
vor.
Frage: Ist die Nutzung bereits fertig gestellter
Ingenieurbauwerke vor Inbetriebnahme
der gesamten NBS möglich? Wenn ja, in welcher
Weise?
Antwort: Die Nutzung der bereits fertig
gestellten zehn Ingenieurbauwerke (drei
Tunnel und sieben Talbrücken) ist erst nach
Gesamtfertigstellung der Neubaustrecke
möglich.
Frage: Wer finanziert die Unterhaltung der
fertig gestellten Ingenieurbauwerke bzw.
Streckenabschnitte, die nicht unter Verkehr
stehen?
Antwort: Die Instandhaltung obliegt gemäß
§8 Abs. 1 Bundesschienenwegeausbaugesetzden
EIU.
Frage: Mit welchem stündlichen Zugverkehr
nach Zuggattungen ist auf der NBS zu
rechnen?
Antwort: Am Tage werden auf der Neubaustrecke
durchschnittlich pro Stunde 1,5
Fernverkehrszugpaare verkehren und vereinzelte
Güterzüge. Der Güterverkehr findet
hauptsächlich in der Zeit von 22 bis 6 Uhr
statt. (...)
Frage: Wann wird die ABS bzw. NBS unter
Berücksichtigung welcher Haushaltsansätze
fertig gestellt und unter Betrieb sein?
Antwort: Nach den derzeitigen Planungen
strebt die Bundesregierung für die Neubaustrecke
Haushaltsansätze an, die eine Realisierung
der Strecke bis 2020 ermöglichen
sollen. Dies bedeutet, dass jährlich Bundesmittel
von 120 bis 150 Millionen Euro bereitgestellt
werden müssen. Die Ausbaustrecke
wird mit Ausnahme des Abschnitts Nürnberg—Fürth
sowie der punktuellen Maßnahmen
sukzessive mit der weitergehenden
Realisierung der Neubaustrecke in die weiteren
Haushaltsplanungen einbezogen und
damit erst nach 2020 fertig gestellt sein.
Frage: Ist eine Inbetriebnahme von Teilstücken
der ABS bzw. NBS möglich?
Antwort: Die Inbetriebnahme der Ausbaustrecke
soll entsprechend dem Ausbauprogramm
abschnittsweise im Zusammenhang
mit der Realisierung der S-Bahn Nürnberg—Forchheim
von Süd nach Nord erfolgen.
Eine Inbetriebnahme der Neubaustrecke ist
nur gesamthaft vorgesehen.(...)
Frage: Welche Gesamtkosten mit welchem
Preisstand sind bisher für die ABS bzw. die
NBS angefallen?
Antwort: Zum Stand 31. Dezember 2005
sindfürdasVorhabenca.705 Millionen Euro,
davon Anteil Neubaustrecke ca. 550 Millionen
Euro, angefallen.
Frage: Welche Gesamtkosten fallen bis zur
Inbetriebnahme für die ABS bzw. NBS an?
Antwort: Die derzeit voraussichtlichen Gesamtkosten
für die Ausbaustrecke und Neubaustrecke
betragen 4583 Millionen Euro.
IGEB-Kommentar
Während die Bauarbeiten an dem VDE-Projekt
8.3 Berlin—Halle/Leipzig und an der Neubaustrecke
Nürnberg—Ingolstadt abgeschlossen
sind, gehen die Arbeiten an der Neubau/Ausbaustrecke
(NBS/ABS) Halle/Leipzig—Erfurt-Nürnberg nur
stockend voran. Im April 1996
begannen die Arbeiten an der 107 km langen
NBS Erfurt—Ebensfeld (Bestandteil des VDE-Projekts
8.1) nahe Arnstadt; entsprechend der
Antwort der Bundesregierung ist mit einer Inbetriebnahme
dieser Neubaustrecke nicht vor
2020 zu rechnen. Unverständlich ist daran die
politische Entscheidung, ein Großprojekt zu
beginnen, das finanziell derart unzureichend
abgesichert ist bzw. einen derart langfristigen
Realisierungszeitraum zur Folge hat. Hier werden
Steuermittel zum Ausbau der Infrastruktur
gebunden, die über 20 Jahre keinem Fahrgast
und keinem Gütertransportkunden z.B. in
Form kürzerer Fahr-/Transportzeiten Nutzen
bringen!
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Abb. aus der Studie „Modifikation des Verkehrsprojekts 8.1 Erfurt—Ebensfeld—Nürnberg statt Bauruine südlich Erfurt” der Vieregg-Rößler GmbH München, 2004, erarbeitet im Auftrag der Bürgerinitiative Dachverband „Das bessere Bahnkonzept”, der Industrie- und Handelskammer Südthüringen sowie der Gewerkschaft Transnet Bezirk Thüringen. Ziel der Modifikation ist es, die für viel Geld bereits realisierten, aber mehr als 10 Jahre nicht nutzbaren und dennoch von der Bahn zu unterhaltenden Bauten deutlich schneller in eine befahrbare Strecke Nürnberg—Erfurt (—Berlin) einzubinden. |
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Deshalb muss die Chance für eine Modifizierung
der Planungen genutzt werden. Das
Planungsunternehmen Vieregg-Rößler GmbHhat
z.B. für die Relation Erfurt—Coburg—Lichtenfels—Nürnberg
eine Alternativplanung
erarbeitet, die eine deutliche Reduzierung der
Baukosten ermöglicht. Um Bauruinen so weit
wie möglich zu vermeiden, wird bei der modifizierten
Linienführung der südlich von Erfurt
auf rund 30 km baulich weit fortgeschrittene
Neubaustreckenabschnitt fast vollständig integriert;
neu ist im anschließenden Abschnitt
jedoch eine von den bisherigen Planungen
abweichende Linienführung über Suhl, Hildburghausen
und Coburg. Diese alternative
Trasse bezieht bestehende Bahnstrecken bzw.
deren Ausbau ein, es sind lediglich kurze
Neubaustreckenabschnitte erforderlich. Der
kostentreibende Bau von langen Tunneln
und Talbrücken kann im Vergleich zur derzeit
planfestgestellten Trasse deutlich minimiert
werden. Die modifizierte Strecke dient dabei
nicht nur dem Fernverkehr, sondern ganz wesentlich
auch der Attraktivitätssteigerung des
Regionalverkehrs - ein entscheidender Vorteil
gegenüber der zurzeit geplanten Linienführung!
Das überarbeitete Ausbaukonzept ermöglicht
zudem eine etappenweise Inbetriebnahme
bzw. Nutzung.
Fazit: Verkehrs- und finanzpolitisch ist das
modifizierte VDE-Projekt 8.1 die bessere Lösung,
auch wenn zwischen Ilmenau und Lichtenfels
ein neues Planfeststellungsverfahren
erforderlich ist. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Peter Hettlich und weitere Abgeordnete
der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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