Im Rahmen der Projektwerkstatt „Stadt
ohne Barrieren“ haben sich Studierende unterschiedlicher
Studiengänge der TU Berlin
sowie Interessierte gemeinsam mit Fachexperten
und Betroffenen ein Semester lang
mit der Forderung „Mobilität für Alle“ beschäftigt.
Hierbei wurden unter anderem Aspekte
der Orientierung, Zugänglichkeit und
Erreichbarkeit in Bezug auf die persönliche
Mobilität und den ÖPNV untersucht.
Als Ergebnis einer Exkursion zum Bahnhof
Südkreuz konnte ein Plädoyer für die (Wieder-)
Einführung von farbigen Zugzielanzeigern
an S-Bahnen,
vor allem aber an den
Straßenbahnen sowie Bussen festgehalten
werden.
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In Karlsruhe wurden bisher Rollbänder mit farbigen Liniensignets verwendet. Bei Neubeschaffungen hat man selbstverständlich LED-Anzeiger gewählt, die ebenfalls farbige Liniensignets darstellen können. Foto: PW Stadt ohne Barrieren |
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In den letzten Wochen wurden im Berliner
Stadtgebiet einzelne Linien der Straßenbahnen
und Busse mit neuen, nun weißen LED-Zugzielanzeigern
gesichtet. Sollte die BVG
mit dem Gedanken spielen, die Zugzielanzeiger
umzurüsten, so bestünde hier ganz
aktuell die Chance, die Anzeiger so auszuwählen,
dass die Liniennummern entsprechend
der Farben des Liniennetzplans farbig
dargestellt werden können, wodurch ein
weiterer Schritt zur Verbesserung der Barrierefreiheit
im Berliner ÖPNV getätigt werden
könnte. Beispielhaft ist hier die Stadt Bielefeld
mit dem städtischen Verkehrsbetreiber
moBiel zu nennen, die sowohl Stadtbahnen
(GTZ8-B Vamos) als auch Busse mit farbigen
digitalen Zielanzeigern ausstatten.
Durch die farbige Darstellung der Liniennummern
wird ein zusätzliches Unterscheidungskriterium
angeboten, dessen Vorteile
sich nicht nur auf einzelne Zielgruppen
beschränken, sondern die Orientierung für
alle erleichtern und somit den allgemeinen
Fahrgastkomfort verbessern.
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Bei der Münchener S-Bahn gibt es auf den Bahnsteigen farbige Abfahrtmonitore, finanziell unterstützt vom Freisataat Bayern. Foto: PW Stadt ohne Barrieren |
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Anhand der farblichen Kennzeichnung
kann schon vor dem Erkennen der Ziffer
ausgemacht werden, um welche Linie
es sich handelt, was besonders
für seheingeschränkte Personen eine
Erleichterung des Alltags
bewirken kann. Im Alltag
müssen sich seheingeschränkte
Menschen oft auf die Ansage
am S-Bahnsteig „Richtung … zurückbleiben
bitte“ verlassen, bis sie die Orientierungsgewissheit
haben und das Fahrzeug
in letzter Sekunde betreten können. Das
frühzeitige Erkennen der farbigen Anzeige
ermöglicht somit eine zusätzliche
Orientierung, die Sicherheit bietet. Die
Beachtung einer kontrastreichen Darstellung
im Sinne der Barrierefreiheit sollte
selbstverständlich sein. Zusätzliche Einschränkungen
für Menschen mit Farbfehlsichtigkeiten
entstünden so nicht.
Auch aus einem engen Winkel heraus, aus
dem die Liniennummer zum Teil kaum zu
lesen ist, würde sich so die Erkennbarkeit der
Zielanzeige deutlich verbessern. Es ist davon
auszugehen, dass die Farbigkeit schneller erkannt
werden kann, als die Ziffer.
Vor allem an Stationen, die von mehreren
Linien bedient werden, kann die farbig dargestellte
Liniennummer die Orientierung
erleichtern. Man denke hier an die Straßenbahnhaltestelle
am Alexanderplatz, an der
sowohl die Linie M 4, als auch die Linie M 5
zur Endhaltestelle „Zingster Straße“ fahren
und sich die Zielanzeige bisher nur durch
eine Ziffer unterscheidet. Farblich würden
sich der Rot- bzw. Braunton schnell und einfach
auseinander halten lassen.
Anzuregen wäre auch die farbige Darstellung
auf den DAISY-Anzeigen (Dynamisches
Auskunfts- und Informationssystem)
am Bahnsteig, wie es beispielsweise in
München oder Nürnberg der Fall ist. In der
Projektwerkstatt wurde diesbezüglich ein
weiterer Vorschlag entwickelt, dessen Praktikabilität
zu prüfen ist. So wäre es denkbar,
Niederflurfahrzeuge auf der DAISY-Anzeige
beispielsweise durch ein Rollstuhlsymbol
anzukündigen, sodass mobilitätseingeschränkte
Personen schon vor dem Eintreffen
der Bahn verlässliche Informationen
darüber erhalten können, ob diese für sie
zugänglich sind oder nicht.
Die genannten Optimierungsvorschläge
aus der Projektwerkstatt sollen als Anregung
dienen, um künftig die Orientierung
im Berliner ÖPNV für alle zu erleichtern und
so gemeinsam einen weiteren Schritt in
Richtung „Mobilität für Alle“ zu gehen.
Die Projektwerkstatt
„Stadt ohne Barrieren“
wurde im Sommersemester
2013
von drei Studentinnen
initiiert, um in einem selbstbestimmten Format interdisziplinär
barrierefreies Planen und Bauen an der TU Berlin innerhalb
der Lehre zu etablieren. Das Seminar verfolgt einen
ganzheitlichen und praxisnahen Ansatz, die Teilnehmenden
werden zum Neu- und Umdenken angestoßen und ermutigt,
über das Bestehende hinaus weiter zu planen, zu gestalten
und zu entwerfen. Im Wintersemester 2013/14 findet die Projektwerkstatt
unter dem Motto „Stadt zum Begreifen“ statt.
Bei Fragen und Anregungen gerne Kontakt über:
stadtohnebarrieren@gmail.com (Janin Dziamski, Sonja
Kraus, Leonie Richter) Projektwerkstatt Stadt ohne Barrieren an der TU Berlin
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