[Brüssel, 20. Juni 2013] Die Europäische Kommission
ist der Ansicht, dass Deutschland die
EU-Vorschriften über die getrennte Rechnungsführung
von Eisenbahninfrastruktur- und
Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie
über die Verwendung von Trassenentgelten
nicht hinreichend umsetzt. Das Verfahren ist
Teil einer Reihe ähnlicher Verfahren, die gegen
mehrere Mitgliedstaaten im Zusammenhang
mit den Vorschriften über die getrennte
Rechnungsführung eingeleitet wurden. Das
deutsche System birgt die Möglichkeit, dass
kommerzielle Verkehrsdienste mit öffentlichen
Mitteln, die für die Infrastruktur und öffentliche
Personenverkehrsdienste bestimmt
sind, quersubventioniert werden.
Der für Verkehr zuständige Vizepräsident
der Kommission Siim Kallas erklärte dazu: „Die
Kommission begrüßt es, wenn europäische Eisenbahnunternehmen
Verkehrsdienste in anderen
Mitgliedstaaten anbieten. Jedoch muss
dies erkennbar ohne die Verwendung von
Geldern geschehen, die von den Mitgliedstaaten
für Investitionen in die Bahninfrastruktur
bereitgestellt wurden.“
Die Deutsche Bahn Holding hat Gewinnabführungsverträge
mit allen Tochtergesellschaften
geschlossen. Zu diesen Gesellschaften
zählen auch Verkehrsunternehmen wie
die DB Regio (die subventionierte regionale
Personenverkehrsdienste erbringt) sowie die
folgenden Infrastrukturunternehmen der Holding:
DB Netz (Verwaltung des Schienennetzes),
DB Station & Service (Bahnhofsbetrieb)
und DB Energie (zuständig für die Energieversorgung).
Nach diesen Gewinnabführungsverträgen
müssen die Tochtergesellschaften sämtliche
Gewinne an die Holding übertragen, die sie
dann zu beliebigen Zwecken verwenden
kann, u. a. auch zur Quersubventionierung
kommerzieller Schienenverkehrsdienste. Die
abgeführten Beträge stammen zum großen
Teil aus öffentlichen Geldern, die es den Infrastrukturbetreibern
und den Unternehmen des
öffentlichen Personenverkehrs erst ermöglichen,
Gewinne zu erwirtschaften, da ihre wirtschaftlichen
Einnahmen nicht ausreichen, um
ihre Kosten zu decken.
Das Verbot der Übertragung öffentlicher
Mittel vom Infrastrukturbetrieb auf die Verkehrsleistungssparte
(oder umgekehrt) wird
damit missachtet. Das System ermöglicht es
auch, aus Trassenentgelten erzielte Einnahmen
auf andere Bereiche zu übertragen, was der EUVorschrift
widerspricht, wonach diese Entgelte
„zur Finanzierung der Tätigkeiten des Infrastrukturbetreibers“
verwendet werden müssen.
Aus der Rechnungsführung der DB Regio
wird nicht ersichtlich, welcher Ausgleich für
die einzelnen öffentlichen Dienstleistungsaufträge
gezahlt wurde. Zudem fehlen die erforderlichen
Angaben (z. B. Kosten), um nachzuprüfen,
ob mit den Ausgleichsleistungen für
öffentliche Dienstleistungsaufträge andere
Tätigkeiten des Unternehmens finanziert und
aus den gemeinwirtschaftlichen Verkehrsdiensten
angemessene Gewinne erwirtschaftet
werden.
Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, um
auf die mit Gründen versehene Stellungnahme
zu reagieren. Wird dieser Aufforderung
nicht nachgekommen oder die Einhaltung
des EU-Rechts nicht hinreichend nachgewiesen,
kann die Kommission den Gerichtshof der
Europäischen Union mit dem Fall befassen. Europäische Kommission – Pressemitteilung
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