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Das „erhöhte Beförderungsentgelt”, kurz
EBE, wird von den Verkehrsunternehmen erhoben,
wenn ein Fahrgast bei der Kontrolle
ohne gültigen Fahrausweis angetroffen wird.
Hierbei erhält der Fahrgast eine Zahlungsaufforderung
ausgehändigt, die für den Rest der
Fahrt mit diesem Unternehmen als Fahrkarte
gilt. Innerhalb von 14 Tagen sollen nun 40 Euro
gezahlt werden. So weit ist die gängige Praxis
nachvollziehbar. Doch was passiert, wenn
diese Frist verstreicht, ohne dass eine Zahlung
erfolgt ist? Die VBB-Beförderungsbedingungen
sagen hierzu in § 9: „Wird das erhöhte
Beförderungsentgelt nicht innerhalb der in
der Zahlungsaufforderung gesetzten Frist
entrichtet, wird für jede schriftliche Mahnung
ein Bearbeitungsentgelt von mindestens 5,00
EUR erhoben.”
Inkassounternehmen treibt Kosten hoch
Die tatsächliche Praxis ist davon jedoch weit
entfernt. Wer sich nicht innerhalb der 14 Tage
beim Verkehrsunternehmen gemeldet hat,
wird unverhofft Kunde einer völlig anderen
Unternehmensgruppe. Deutsche Bahn und
BVG schreiben diese Fälle nämlich ab und
beauftragen automatisch ein Inkassounternehmen
(infoscore Forderungsmanagement)
mit dem Eintreiben der Summe. Ab hier wird
es hochgradig unseriös, denn neben den ursprünglichen
EBE-Ansprüchen tauchen dort
Posten wie Inkassokosten, Verzugszinsen
und Kontoführungsgebühren in fragwürdiger
Höhe auf. Die 40 Euro haben sich damit
auf etwa 80 Euro verdoppelt, ohne dass die in
den Beförderungsbedingungen vorgesehene
Mahnung je erfolgt ist. Wendet sich der Betroffene
nun an das Verkehrsunternehmen, so
erhält er die Auskunft, dass für ihn leider nichts
mehr getan werden kann und es das Beste
wäre, doch einfach zu zahlen.
Anwalt mit Schnäppchen-Angebot
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Forderung der Inkassofirma „infoscore“. Foto: IGEB |
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Hat das Inkassounternehmen nicht den gewünschten
Erfolg, so wird der Briefkopf ausgetauscht.
Nun droht ein Anwalt das Geld
notfalls auch gerichtlich einzutreiben. Dabei
steht zwar auch eine andere Firma im Briefkopf,
doch das Aktenzeichen wird übernommen,
denn die Anwaltsfirma (RA Haas) gehört
zu derselben Unternehmensgruppe (Arvato).
Die Forderung erhöht sich selbstverständlich
erneut und liegt nun über 95 Euro. Die Willkürlichkeit
dieser Forderungen zeigt sich im weiteren
Verlauf der „Brieffreundschaft”, denn mit
den folgenden Briefen erhöht sich die Forderung
mal um wenige Cent bei stetig verschärfter
Drohkulisse, dann wiederum wird eine
„Schnäppchen”-Ermäßigung auf etwa 75 Euro
(nur für kurze Zeit) angeboten. Völlig umsonst
gibt es den Hinweis über die weiteren Kosten
bei einem gerichtlichen Mahnverfahren.
Die merkwürdige Kostenexplosion mit
nicht nachvollziehbaren und fragwürdigen
Posten ist nicht das einzige Problem. Auch
die Kontaktaufnahme gestaltet sich schwierig.
Der SMS-Rückrufservice klappt nur, wenn die
Daten im richtigen Format vorliegen und ist
insofern keine sichere Methode. Eine Mail ist
zwar kostenfrei, wird aber auch nur in Form
der üblichen Briefkette beantwortet. Selbst
der persönliche Kontakt per Telefonanruf hat
offenbar keine Auswirkung auf den Briefauswurf,
und getroffene Vereinbarungen werden
häufig ignoriert.
Schwarzfahrer als Nachbarn
Doch es wird noch pikanter: Die zum
Bertelsmann-Konzern gehörende Unternehmensgruppe
Arvato beschäftigt sich auch
mit Kreditwürdigkeit und Direktmarketing. Im
Gegensatz zur allseits bekannten Schufa nutzt
Infoscore das sogenannte Geoscoring, wobei zur
Ermittlung der Kreditwürdigkeit
auch das Wohnumfeld einbezogen wird.
Es reicht also, (vermeintliche)
Schwarzfahrer und sonstige säumige Zahler
als Nachbarn zu haben, um selbst – trotz immer
pünktlicher Zahlung – als
generell „nicht ausreichend kreditwürdig” zu
gelten. Negative Schlagzeilen gab es daher zuletzt
im April 2013 durch die Berichterstattung
des Westdeutschen Rundfunks (WDR).
IGEB fordert Neuregelung
Was mit den persönlichen Daten passiert, ist
für die EBE-Betroffenen derzeit nicht nachvollziehbar.
Die beteiligten Verkehrsunternehmen
müssen daher – trotz berechtigtem
Einnahme-Interesse – dringend ihren Umgang
mit den EBE-Fällen überdenken. Der Berliner
Fahrgastverband IGEB fordert eine generelle
Neuregelung. (th) Berliner Fahrgastverband IGEB
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