Ein Netz von 33 500 Kilometer Schienenstrecken
wird verknüpft und zusammengehalten
von 3392 Stellwerken die 69 983 Weichen und
Kreuzungen sowie 14 062 Bahnübergänge
steuern, um täglich über 5000 Züge sicher
durch Deutschland zu schleusen.
Das bedarf einer enormen Menge an
Personal. Denn nur das reibungslose Zusammenspiel
aus Gleisbauern, Weichen-,
Schranken- und Blockstellenwärtern sowie
den Fahrdienstleitern garantiert einen sicheren
Betriebsablauf. Bedauerlicher Weise
hapert es aber genau da, wie das Beispiel
Mainz Hauptbahnhof im Sommer 2013 medienwirksam
aufzeigte. Mehrere Wochen
lang war die Landeshauptstadt von
Rheinland-Pfalz vom Schienenverkehr weitgehend
abgekoppelt, weil das für den Mainzer
Raum zuständige Zentralstellwerk nicht mit
Fahrdienstleitern besetzt werden konnte.
Mainz ist nur die Spitze des Eisbergs
Deutschlandweit fehlen gegenwärtig 1000
Fahrdienstleiter, schätzt die Eisenbahn- und
Verkehrsgewerkschaft EVG und hat mit der
Konzernspitze der Deutschen Bahn eine
genaue Bestandsaufnahme zum Stichtag
15. Oktober 2013 vereinbart. Dann wolle
man die konkrete Personalplanung der DB
AG nicht nur für die Fahrdienstleiter, sondern
alle tragenden Berufsgruppen sehen,
um weitere Maßnahmen vereinbaren zu
können. Mittlerweile hätten die Mitarbeiter
im Netz-Bereich etwa 1 Million Überstunden
und 60 000 alte Urlaubstage angehäuft,
die nicht abzubauen seien, ohne weitere
Löcher in die hauchdünne Personaldecke
zu reißen – eine Mehrbelastung, die zusätzlich
„schlauche“ und für zusätzliche krankheitsbedingte
Ausfälle sorge. Etwa 60 000
Schichten konnten dieses Jahr nicht besetzt
werden.
Mainz an der Spree
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Die einzige Fahrgastinformation für die „Gestrandeten“ am Abend des 16. Sep. im naßkalten Friedrichshagen. Die Lautsprecherdurchsagen waren kaum zu verstehen und führten eher zur Verwirrung. Foto: BfVst |
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Auch Berlin blieb davon nicht verschont.
Immer wieder kam es hier bei der S-Bahn
zu Verkehrsbeeinträchtigungen, weil
Fahrdienstleiter-Posten oder Aufsichten
mit sogenannten Blockstellwerken kurzfristig
nicht besetzt werden konnten. Nur
ein paar Beispiele aus der letzten Zeit:
Am 16. September wurde in den Abendstunden
der 10-Minuten-Takt auf der S 3
zwischen Ostkreuz und Friedrichshagen
halbiert sowie auf dem Streckenabschnitt
Friedrichshagen—Erkner auf einen
Halbstundentakt ausgedünnt. Auf der S 2
zwischen Buch und Bernau pendelte ein
Zug gar nur im 40-Minuten-Takt. Zwischen
den Strausberger Bahnhöfen musste an
diversen Tagen der S-Bahn-Verkehr durch
Busse ersetzt werden. Betroffen waren
aber auch die Fahrgäste auf dem südlichen
Abschnitt der S 2 zwischen Lichtenrade
und Blankenfelde und mehrfach auf
der S 5 zwischen Strausberg und Strausberg
Nord.
Mainz darf nicht zum Standard werden!
Der Berliner Fahrgastverband IGEB hatte in
den letzten Jahren mehrfach den Personalmangel
bei der Deutschen Bahn kritisiert,
dessen Auswirkungen die Fahrgäste der
Berliner S-Bahn am deutlichsten zu spüren
bekamen. Dem Mangel an Werkstattpersonal
war ein Triebfahrzeugführermangel
gefolgt (siehe u. a. SIGNAL 1/2012 ), und bereits
2012 gab es Zugausfälle durch fehlende
Fahrdienstleiter.
Auf die jüngsten Ausfälle angesprochen,
betonte S-Bahn-Vorstand Peter Buchner
auf dem Fahrgastsprechtag S-Bahn
der Schienenverkehrs-Wochen
2013, man habe das Problem erkannt
und Maßnahmen in die
Wege geleitet. So würden 38 Mitarbeiter
zusätzlich für die Blockwärterund
Fahrdienstleiteraufgaben
geschult, um das Risiko von
umfangreichen Zugausfällen künftig zu
vermeiden.
Ob Mainz oder Berlin, stets hat die DB
auf den Mangel reagiert, vor allem wenn
er zu medienwirksamen Problemen geführt
hatte, aber der eigentlichen Ursache
wurde nicht genügend Aufmerksamkeit
geschenkt: Die Personalplanung muss sich
endlich nach dem tatsächlichen Bedarf und
nicht nach Budgeteinspar- bzw. Gewinnerzielungsvorgaben
richten! (BfVst) Berliner Fahrgastverband IGEB
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