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Foto: Marc Heller |
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Foto: Marc Heller |
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Seit fast einem Jahr gibt es Straßenbahnersatzverkehr in der Ottomar-Geschke- und der Dörpfeldstraße. Aber bis heute hat es die BVG nicht geschafft, alle Tram- und Bushaltestellen entsprechend zu kennzeichnen. Weder an der Tram-, noch an der Nachtbushaltestelle Ottomar-Geschke-Straße gibt es irgendeinen Hinweis, daß hier derzeit keine Straßenbahnen, sondern Busse verkehren. Foto: Marc Heller |
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Die Führung der Restlinie erfolgte ab Januar 1994 im Tagesverkehr zum
Betriebshof Köpenick und im Spät- und Wochenend verkehr zum Krankenhaus
Köpenick. Für die Fahrgäste eine schwer faßbare Situation, aber
betriebstechnologisch nicht anders lösbar. Der Schienenersatzverkehr (SEV)
wurde vom Betriebshof Köpenick nach Adlershof geführt. Anfangs kamen
Ikarus-Gelenkomnibusse zum Einsatz, eingedenk des bei der Tram gewohnten
Fahrgastaufkommens. Alsbald aber erwiesen sich normale Eindecker in der
Kapazität als ausreichend - ein weiterer Beweis für die Akzeptanz der
Straßenbahn trotz bislang eingesetzter unkomfortabler Reko-Zweiachser.
Die Verläßlichkeit der Tram war trotz des Im-Stau-Stehens in der
Dörpfeldstraße immer noch höher, da der Rest der Strecke auf besonderem
Gleiskörper geführt wird. Auch der nun gebrochene Verkehr auf der Linie 60
wirkt sich auf die Benutzung negativ aus.
Von Beginn an schlechte Fahrgastinformation
Die Information für die Fahrgäste war und ist bescheiden. Am Schloßplatz
verkündet immerhin
eine große Tafel den aktuellen Fakt. Die Züge wurden lange Zeit weiter mit
der normalen Beschilderung bestückt, ohne Hinweis auf Abweichungen. Am
Schloßplatz müßten das Fahrpersonal und theoretisch die Betriebsaufsicht die
Fahrgäste über die Unterbrechung informieren - eine unzumutbare Situation
für Fahrgäste wie Personal. Dies sei hier nochmals hervorgehoben, damit
bei künftigen Baumaßnahmen (auch kurzfristigen!) sich derartiges nicht
wiederholt.
Auch die Fahrgastinformation entlang der gesperrten Strecke war und ist
unzureichend. In der Dörpfeldstraße werden die in Straßenlage befindlichen
Haltestellen normal bedient, hier bedarf es keines weiteren Aufwandes. Anders
sieht es bei den Haltestellen Ottomar-Geschke-Straße und S-Bf Spindlersfeld
aus, die außerhalb des Straßenlandes liegen. Bei ersterer wurden noch nicht
einmal die H-Schilder entfernt, die Haltestelle sieht aus, als würde hier
jeden Moment eine Bahn halten. Kein Hinweis auf Bauarbeiten! Der SEV-Bus hält
dafür an der Nachtwagenhaltestelle, die aber keinen Hinweis auf die
SEV-Bedienung enthält. Am S-Bf Spindlersfeld wurden immerhin die "H" der
Tram entfernt, aber das war es dann. Auch
wenn sich tägliche Benutzer (so sie noch kommen) an die Situation
notgedrungen gewöhnt haben, so bleibt es eine Zumutung für Ortsfremde und
Gelegenheitsfahrgäste, die sich vielleicht gerade einmal entschlossen haben,
auf ihr Auto zu verzichten - und diesen Entschluß wohl bitter bereuen,
weil sie die Orientierung verlieren.
Im Mai passierte nichts
BVG-intern war anfangs eine Wiederinbetriebnahme zum Fahrplanwechsel im Mai
1994 avisiert worden. Doch als der Mai da war, schlugen zwar die Bäume
planmäßig aus, aber die Tram führ nicht. Die genannte Baustelle wurde nicht
fertig. Das schaffte man dann endlich Ende August. Doch es geschah Seltsames:
Dort, wo stadteinwärts ein Gleis lag, lächelte eine provisorische Schwarzdecke
den überraschten Betrachter an. In diesem Moment glaubte wohl keiner mehr an
die Wiederaufnahme des Betriebes. Mittlerweile war jedoch einiges über das
weitere Vorgehen zu erfahren. So planten die Wasserwerke für das IV. Quartal
1994 weitere Arbeiten in der Dörpfeldstraße, die eine nochmalige Sperrung
erfordert hätten. Auch sollten bei dieser Gelegt heit partiell
Gleiserneuerungen stattfinden. Eine kurzfristige Inbetriebnahme und dann
erneute Sperrung wurde verworfen, da das erst recht niemand begriffen hätte.
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Endstelle der Linie 60 am S-Bf Adlershof, zur Zeit außer Betrieb. Spätestens seit 1992 steht fest, daß diese nur von Zweirichtungsfahrzeugen nutzbare Endstelle durch eine Wendeschleife ersetzt werden muß, doch der Berliner Senat hat deren Bau mit immer neuen Argumenten verzögert und bis heute nicht mit den Bauarbeiten begonnen! Foto: Ivo Köhler |
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Zu begreifen schienen die Verantwortlichen aber endlich das Problem
Wendeschleife. Deshalb sollte parallel zu den anderen Arbeiten der überfällige
Bau derselben in Angriff genommen werden. Geplant wurde (und wird), im
Anschluß an den jetzigen Haltestellenbereich eine zweigleisige Schleife auf
dem früheren DFF-Gelände zu bauen, desweiteren ein neues Gleichrichterwerk,
mit dem das bisherige leistungsschwache mobile Unterwerk an der ehemaligen
Haltestelle Benzolwerk ersetzt wird. Es sollen damit die Voraussetzungen
geschaffen werden, auch auf der Linie 60 modernere Fahrzeuge einzusetzen.
Erfreulich.
Weniger erfreulich ist, daß der Baubeginn nun schon wieder auf das I. Quartal
1995 verschoben wurde! Begründet wurde dies zunächst mit Verzögerungen beim
Baubeginn Dörpfeldstraße Inzwischen ist die Katze aber aus dem Sack: Obwohl
seit Stillegung der Strecke nach Altglienicke Ende 1992 jedermann um die
Dringlichkeit der Wendeschleife wußte, stand nun plötzlieh kein Geld zur
Verfügung. Deshalb ist zum Jahresende mit der Wiederaufnahme des (für die BVG
teureren) Betriebes mit Zweirichtungswagen zu rechnen - was im übrigen schon
längst hätte geschehen können, denn das "vergessene" Gleis unter der
Eisenbahnbrücke wurde inzwischen eingebaut, und ein neuer Fahrleitungsmast
wurde gesetzt. Zur Erinnerung: Im Februar 1994 antwortete Bausenator Nagel
auf eine Kleine Anfrage zur Wendeschleife, voraussichtlicher Baubeginn sei
im Frühjahr 1994 und die Inbetriebnahme nach ca. 5 Monaten Bauzeit.
Fazit
Festzuhalten bleibt, daß der Berliner Senat den Neubau der dringend
benötigten Wendeschleife nun schon über drei Jahre hinweg verschleppt und
verzögert und daß die Gefahr einer schleichenden Stillegung der Straßenbahn
nach Adlershof noch immer nicht gebannt ist. "Tram-Demontage schreitet voran",
lautete die Überschrift der Titelgeschichte in SIGNAL 9-10/92.
Darin stand
u.a.: "In West-Berlin hat es das alles schon einmal gegeben und endete vor
25 Jahren mit der letzten Straßenbahnfahrt. Der Unterschied: Damals stimmten
Reden und Handeln überein. Heute wird uns erzählt, daß die Tram erhalten und
ausgebaut werden soll, tatsächlich aber wird sie demontiert." Heute, zwei
Jahre später, ist die damalige SIGNAL-Analyse einer verlogenen
Straßenbahn-Politik leider unverändert aktuell.
IGEB
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