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Bis dahin müssen jedoch konkrete Konzepte zu den Aufgaben des Verkehrsmittels
Bahn feststehen, vor allem in den Berlin-fernen Regionen. Dabei wäre eine
Orientierung am heutigen Fahrgastaufkommen grundfalsch. Sieht man von dem
Verkehr auf den Hauptstrecken in Richtung Berlin ab, befindet sich die
Eisenbahn in Brandenburg in einem vollkommen unzeitgemäßen Zustand: Die meist
Jahrzehnte alten Wagen und Triebfahrzeuge kriechen mit durchschnittlich
35 km/h aufgrund der veralteten Sicherungstechnik und des maroden Oberbaus
übers Land. Oft fahren die Züge viel zu selten, zu ungünstigen Zeiten oder
ohne Anschlüsse in Knotenbahnhöfen. Die Abstimmung zwischen Bahn- und
Busverkehr findet auf dem Land praktisch nicht statt. Häufig verkehren
beide Verkehrsmittel sogar parallel - ein doppelter Subventionsfall.
Es ist somit wenig verwunderlich, daß das heutige Fahrgastaufkommen aufgrund
der Unzulänglichkeiten auf vielen Strecken zu gering ist, um die
Aufrechterhaltung des Bahnbetriebes in Zukunft wirtschaftlich zu
rechtfertigen. Vernachlässigt wird bei solcher Betrachtung aber das
Nachfragepotential, das bei attraktiverem Bahnangebot für die Schiene
gewonnen werden könnte.
Daß Eisenbahnbetrieb auch abseits von Ballungsräumen effektiv und zugleich
fahrgastfreundlich durchgeführt werden kann, zeigen immer mehr Regionen in
anderen Bundesländern. Durch einen rationellen Betrieb, gezielte
Investitionen in Fahrwege und Fahrzeuge sowie auf die Region zugeschnittene
Angebote im Personen- und Güterverkehr wird die Bahn zu einer überlegenen
Alternative gegenüber Omnibus, Lkw und Pkw.
In solchen Fällen sollte auch das Land Brandenburg Mittel aus seinem Topf
bereitstellen. Bedenkt man, daß die vom Bund zu zahlenden Gelder das Defizit
des 1993 mit katastrophaler Produktivität durchgeführten Bahnverkehrs der
damaligen Deutschen Reichsbahn ausmachen, sind die Chancen zu erkennen,
wie mit denselben Mitteln ein wesentlich attraktiverer und wirtschaftlicherer
Verkehr durchgeführt werden kann. Voraussetzung wären Investitionen und
behutsame Rationalisierungsmaßnahmen, für die Gelder nach § 22
Eisenbahnneuordnungsgesetz zur Verfügung stehen.
Ein Beispiel dafür könnte im Land Brandenburg die sogenannte Heidekrautbahn
zwischen Berlin und der Schorfheide werden. Hier bemüht sich die
Niederbarnimer Eisenbahn AG, den Verkehr auf der Schiene wieder in eigene
Regie zu übernehmen, nachdem PRO BAHN in den letzten Jahren durch
Sonderfahrten mehrfach gezeigt hat, daß das Potential für den Weiterbetrieb
vorhanden ist.
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Foto: Manfred Keil |
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Nach Lieferung neuer Steuerwagen (Bild oben) konnte kürzlich auf der R5 der unwirtschaftliche Einsatz von je einer Diesellok am Zuganfang und -ende (siehe Foto in SIGNAL 7/94) eingestellt werden. Jetzt kommen Loks der BR 234 zum Einsatz, von denen eine (304-4, Bild hier) sogar in den aktuellen Produktfarben des Regionalverkehrs türkis/weiß gespritzt wurde. Übrigens sollen ab Mai 1995 auf den Strecken Nauen - Falkensee - Aibrechtshof - Spandau - Westkreuz (R9) und Rathenow - Wustermark - Dallgow - Staaken - Spandau (R5) die attraktiven Triebzüge der BR 628.4/928.4 eingesetzt werden, jeweils im Stundentakt. Zur neuen R5 werden noch Untersuchungen durchgeführt, ob sie in Spandau enden muß, oder ob sie auf dem langen eingleisigen Abschnitt bis Westkreuz - versetzt zur R9 - hier ebenfalls im 1-Stunden-Takt verkehren kann. Foto: Manfred Keil |
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Auf Kritik seitens des Bahnkundenverbandes PRO BAHN stoßen die ersten
Ergebnisse der Projektgruppe Regionalbahn der brandenburgischen
Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). Im geplanten Liniennetz wurden dabei
lediglich überregionale Vorstellungen des Landes wie die schnelle Anbindung
der Entwicklungszentren, ergänzt durch einige Tangentiallinien, umgesetzt.
Bei 35% der heutigen Strecken wird die Stillegung erwogen. Weiterhin wird
für 286 der vorhandenen 522 Bahnhöfe und Haltepunkte die Schließung empfohlen.
Daß die Weiterexistenz einiger extrem ungünstig gelegener Zugangsstellen
nicht mehr vertretbar ist, gilt auch bei PRO BAHN als unstrittig. In jedem
anderen Fall ist jedoch eine genaue Einzelfallprüfung und die Untersuchung
von das Aufkommen steigernden Maßnahmen in Abstimmung mit den Kommunen vor
Ort notwendig.
Ebenso fraglich ist bei den Vorschlägen der LEG der Umgang mit den knappen
Finanzen: Einerseits wird den gefährdeten Nebenstrecken nur eine Zukunft
vorausgesagt, wenn - im Vergleich zu Hauptstrecken relativ wenig - investiert
werden muß, andererseits schlägt der geforderte "Luxus-Ausbau" der Strecke
Berlin - Neuruppin (für 160 km/h und elektrifiziert) mit knapp 530 Millionen
DM zu Buche, obwohl bei Verzicht auf die hohe Geschwindigkeit und die
Elektrifizierung mit alternativen Fahrzeugkonzepten eine wesentlich
preiswertere Lösung möglich ist, die nur eine um sechs (!) Minuten
längere Fahrzeit mit sich bringt.
Soll die Eisenbahn im ganzen Land Brandenburg als echtes umweltfreundliches
Verkehrsmittel erhalten bleiben, hält PRO BAHN eine baldige Abkehr vom
"Rosinen-Streckennetz" für notwendig. Vielmehr ist ein landesweiter,
sogenannter Integraler Taktverkehr zu schaffen, bei dem die Züge vertaktet
fahren und sämtliche sinnvollen Anschlüsse untereinander und zu den Bussen
hergestellt werden, die im ländlichen Raum die Verteilerfunktion übernehmen.
Damit ist es sogar möglich, durch kürzere Linienlängen auf den Hauptstrecken
und durch den Wegfall von Standzeiten die Zahl der relativ teuren
Expreßfahrzeuge zu verringern und somit mehr moderne und komfortable
Leichttriebwagen für die Zweigstrecken zu beschaffen.
PRO BAHN
Landesgruppe Brandenburg
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