Kennen Sie Berlin? Ja? Kennen Sie die U-Bahn-Station "Parks Range"?
Kennen Sie nicht? Diese Lücke kann jetzt geschlossen werden. Unter dem
Titel "Berlins U-Bahnhöfe - Die ersten Hundert Jahre" überraschte der noch
ziemlich junge be.bra-Verlag mit einem umfangreichen Band zur Geschichte
sämtlicher Berliner U-Bahnhöfe. Diese lesenswerte Fleißarbeit stammt von
Jürgen Meyer-Kronthaler. Freunden der Berliner Verkehrsblätter ist er
kein Unbekannter. Und wer dort schon seine intelligent wie
zurückhaltend ironisch geschriebenen Texte genossen hat, wird nicht
umhin kommen, zu diesem Buch zu greifen.
Alle jemals in Betrieb betindlichen U-Bahnhöfe werden unter ihren jeweils
aktuellen Namen alphabetisch geordnet vorgestellt. Wenn ein Bahnhof wie
die heutige Station Mohrenstraße also vorher schon drei andere Namen
hatte, je nach politischer Wetterlage, taucht diese Räumlichkeit auch
ebenso oft auf. Eventuelles Nachschlagen wird dadurch erleichtert.
Auch Planungsnamen wie Kastanienallee und Kaulsdorf-Nordost finden
natürlich Berücksichtigung.
Lesenswert über das reine Interesse an Verkehrsbauten hinaus wird der
Band durch Erläuterungen zu den Hintergründen der jeweiligen Namensgebung.
Selbst eingefleischte Berlin-Kenner wird überraschen, daß Teile des
Oranienburger Tors, es leiht seinen Namen einem Bahnhof der U6, im
Brandenburgischen noch existieren. Neben den Stationen, die genutzt
werden oder wurden, findet der interessierte Leser Ausführungen über
Investruinen und einige Planungen. In der Dresdener Straße und unterhalb
des heutigen Bahnsteiges der U2 am Alexanderplatz hielten nie Züge und
werden es auch nie tun. Eine besondere Delikatesse ist der oben erwähnte
Bahnhof "Parks Range". Hier handelte es sich um einen originalgetreu
nachgebildeten Hochbahnhof in Dammlage auf einem Truppenübungsplatz der
US-Army in Lichterfelde. In einer Geisterstadt, zu der dieser Bahnhof
gehörte, wurde Häuser- und Nahkampf geübt. Kurz vor Abzug der Alliierten
konnten die Mitarbeiter der Berliner Verkehrsblätter dieses Objekt in
Augenschein nehmen.
Auch die Bahnhöfe der äußerst umstrittenen Verlängerung der U5 haben
in dem Band als Planung Aufnahme gefunden. Ergänzt wird dieser Ausflug
in das Reich der Visionen durch imaginäre Stationen wie Weißensee
und "Fritz-Schloß-Park". Nicht vergessen wurden die nur kurze Zeit
präsenten Bahnhöfe des Experimentes Magnetbahn,
die schon wieder der Vergangenheit angehören.
Der umfangreiche Band kann allen am Berliner Verkehrswesen und auch
an stadtgeschichtlichen Hintergründen Interessierten wärmstens
empfohlen werden.
Jürgen Meyer-Kronthaler: Berlins U-Bahnhöfe - Die ersten
hundert Jahre. Berlin 1995. 360 S/W-Abbildungen, 58 DM.
Ivo Köhler
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