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Damals wurden drei Gründe dafür angeführt, die interessanterweise
auch auf die neue Referenzstrecke Hamburg-Berlin zutreffen.
- Ernsthafte Pläne und Kostenschätzungen für eine Realisierung
innerstädtischer Magnetbahnstrecken existieren nicht. Der Mangel an frei
verfügbarem Boden, die extrem hohen Kosten beim Kauf des entsprechenden
Geländes, die Lärmbelästigung usw. stehen einem solchen Projekt im Wege.
„Der Spiegel“ schätzte, daß allein die kurze Streckenführung durch Hamburg
rund 1 Mrd. DM kosten könnte - das entspräche einem Achtel des Jahresetats
an Investitionen der Deutschen Bahn AG¹2;). Nach dieser Schätzung müßten
für die Transrapid-Strecke also allein innerhalb der Stadtbereiche von
Hamburg und Berlin an die 2 Mrd. DM aufgebracht werden. Das wäre bereits ein
Drittel der behaupteten Gesamtbausumme.
- Jede Trassenführung durch die Städte verkleinert notwendigerweise den
einzigen Vorteil, den die Magnetbahnbetreiber ernsthaft ins Feld führen
können: höhere Geschwindigkeit, kürzere Fahrzeiten. Die Reisegeschwindigkeit
des Transrapid in bewohnten Gebieten würde nicht wesentlich höher als die
der Bahn liegen. Auch das trifft auf die Verbindung Berlin-Hamburg zu.
Offiziell soll der Transrapid für diese Strecke 55 Minuten benötigen. Auf
der ausgebauten Bahnverbindung würde die Reisezeit 1 Stunde 22 Minuten -
oder 27 Minuten mehr - betragen. Dabei sind erhebliche Zweifel daran
angebracht, daß es eine 55-Minuten-Transrapid-Reisezeit geben kann,
wenn in beiden Fällen die Stadtmitte angefahren wird.
- Schließlich war für die Ablehnung der Magnetbahnstrecke Hamburg-Hannover
entscheidend,
daß hier eine der Distanzen gewählt wurde, auf der ein (inzwischen
realisierter) ICE-Verkehr anvisiert wurde. Bonn schlug damals vor,
Parallelinvestitionen vorzunehmen - mit einer entsprechenden Entwertung
vorausgegangener Investitionen und einer direkten Konkurrenz ICE/Transrapid.
Dazu „Der Spiegel“: „Die Bundesbahn hätte dann 185 Millionen Mark völlig
überflüssigerweise in den Ausbau der Bahnstrecke von Hamburg nach Hannover
investiert, auch die 260 Millionen Mark für das ICE-Betriebswerk in
Hamburg-Eidelstädt wären schlecht angelegt, wenn nur noch wenig ICE-Züge
Hamburg anfahren...“ - dann, wenn die Magnetbahnstrecke Hamburg-Hannover
zur Einstellung der entsprechenden ICE-Strecke gezwungen hätte.
Daß beides - ICE und Magnetbahn - auf ein und derselben Strecke zu
betreiben wären, ist kaum vorstellbar; das entsprechende Transportvolumen
ist zu gering. Allerdings spricht auch manches dafür, daß die direkte
Konkurrenz zur Pleite der Magnetbahn Hamburg-Hannover geführt hätte, und daß
deshalb die Transrapid-Protagonisten ihren Druck auf Bonn abbauten und diese
Referenzsstrecke aufgaben. Für diese Variante spricht viel. Der
Punkt-zu-Punkt-Verkehr zwischen den beiden Nordstädten ist minimal; die
meisten Reisenden fahren von Hamburg über Hannover weiter nach Süden. Diese
Passagiere werden aber wenig Neigung haben, in Hannover aus der Magnetbahn
aus- und in den ICE einzusteigen. Selbst wenn die Magnetbahn bis in die
Hauptbahnhöfe geführt würde - das Umsteigen kostet Zeit, jene Minuten, die
mit dem Weltrekordtempo der Magnetbahn gewonnen würden.“13)
Die Strecke Hamburg-Berlin
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Quelle: „Wir planen den Transrapid Berlin-Hamburg“, MPG, Schwerin (Meckl.) |
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Vorschläge der Magnetschnellbahn-Planungsgesellschaft mbH (MPG): Grobkorridore für die Trasse Berlin-Hamburg (oben) und „Variantenspektrum“ für die Einfädelung des Transrapid nach Berlin (unten). Quelle: „Wir planen den Transrapid Berlin-Hamburg“, MPG, Schwerin (Meckl.) |
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Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland bot sich eine
neue „ideale Referenzsstrecke“ an: eine Direktverbindung zwischen Hamburg
und Berlin. Das perspektivisch größere Verkehrsaufkommen zwischen
diesen Millionenstädten und der größere Punkt-zu-Punkt-Verkehr scheinen
zunächst Pluspunkte zu sein.
Doch bereits dies ist ein problematisches Argument. Tatsächlich fordern
die Umweltverbände heute zu Recht von einer sinnvollen Verkehrspolitik,
daß sie Verkehr vermeidet. Die Bonner Verkehrspolitik will - in der Praxis -
das Gegenteil. Konkretisiert am Beispiel der Magnetbahn Hamburg-Berlin:
Derzeit verkehren täglich 8.000 Menschen mit der Bahn, dem Flugzeug oder
per Auto zwischen Hamburg und Berlin. Die Magnetbahn rechnet auf dieser
Route jedoch mit 40.000 Fahrgästen oder dem Fünffachen täglich. Woher
soll dieses Aufkommen kommen? Weshalb sollen so gut wie alle Pkw-Fahrenden
ausgerechnet hier auf das Auto verzichten, wo doch dieselbe Bonner
Verkehrspolitik einen Verzicht auf den Individualverkehr für unzumutbar
und töricht hält?
Als ich in meiner Bundestagsrede auf diese Aspekte des „Verkehrsbedarfs“
kam, kam es erneut zu Zwischenrufen, die den Verdacht bestätigten, daß
eine Verkehrsinflation erwünscht und Teil des Transrapid-Projekts ist.
Aus dem Bundestagsprotokoll:
„Winfried Wolf: ... Da stellt das hohe Haus als Bedarf fest: Mindestens
fünfmal mehr Menschen aus Hamburg haben nach Berlin und umgekehrt
fünfmal mehr Berliner Schnauzen haben an die Alster zu schweben,
fünfmal mehr, als die Summe aller heutigen Fahrten mit Auto, Flugzeug
und Bahn ausmacht.
(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, und?)
Schließlich ... produziert ... der Transrapid eine künstliche Form des
Vergnügungsverkehrs, das sogenannte City-hopping: Die Berliner sausen nach
Hamburg ins ,Phantom der Oper‘, die Hamburger verlustieren sich in
Berlin an ,Miß Saigon' mit Berliner Weiße. In beiden Städten wird
gleichzeitig dezentrale Kultur abgebaut, um diese langen Wege zu fördern.
(Zuruf von der F.D.P.: Wir dürfen nicht mehr reisen!)“14)
Bei dem Aspekt „zusätzlicher Verkehr durch neue Verkehrsmittel“ werden
wir in der Regel darauf verwiesen, daß es nach Fertigstellung der
TGV-Strecke Paris-Lyon auf dieser Strecke binnen eines Jahrzehnts zu einer
Verdreifachung des Verkehrsaufkommen gekommen sei. Nun ist eine
Verdreifachung keine Verfünffachung. Tatsächlich wurde auf dieser Strecke
nicht das gesamte Verkehrsaufkommen verdreifacht; zu einem erheblichen
Teil erfolgte eine Verlagerung von Flug- und Pkw-Verkehr auf die Schiene.
Noch Anfang 1995 hielt der Verkehrsexperte des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung (DIW) Rainer Hopf fest, um auf das unterstellte
jährliche Verkehrsaufkommen von 14,5 Millionen Passagieren zu kommen,
wären „sehr heroische Annahmen“ erforderlich. 15)
Aber selbst wenn das Argument, ein spezifisches superschnelles Verkehrsmittel
führe zu einer supergroßen Steigerung des Verkehrsaufkommens, zuträfe, wäre
dies nicht überzeugend, weil ein solcher Effekt verkehrspolitisch nicht
wünschenswert ist. Würden die Concorde-Flugpreise auf das Niveau von
Normalflugpreisen oder gar dasjenige von Straßenbahnen gesenkt, so ließe sich
auch leicht der „Erfolg“ schnell steigender Verkehrsaufkommen registrieren -
warum die Schachtel Marlboro um die Ecke, warum sie nicht original in
Marlboro-Country holen? Warum die Laufleistung eines Hamsters nicht durch
die Verwendung von Hamsterrädern mit Kugellagern steigern?
Für die Transrapid-Strecke Hamburg-Berlin wird als zusätzliches Argument
angeführt: Die Eisenbahnreise erfordere auf dieser Verbindung noch eine
sehr lange Reisezeit, übrigens doppelt so lang wie 1933.
Auch dieses Argument geht an der Sache vorbei. Ausgerechnet der Ausbau der
Eisenbahnverbindung Hamburg-Berlin wurde im Januar 1992 als eines der
„Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ vorgestellt und als Gesetz beschlossen.
Es handelt sich hier um eine von neun prioritär auszubauenden
Bahnverbindungen. In dem Text zu den „Verkehrsprojekten Deutsche Einheit“,
vorgestellt von Verkehrsminister Günther Krause, heißt es: „Projekt 2:
Hamburg-Büchen-Berlin. Geplantes Vorhaben: Ausbau der vorhandenen Strecke
zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit mit Zielsetzung min. 160 km/h bis
200 km/h; insbesondere Trennung S- und Fernbahn zwischen Berliner Tor und
Aumühle (Hamburger Raum) sowie Wiederherstellung des zweiten Streckengleises
Schwarzenbek-Ludwigslust.“ Teil dieses Projekts war der „4 gleisige Ausbau im
S-Bahn-Bereich Hamburg“. Für den Ausbau der 260 Schienenkilometer langen
Schienenverbindung wurden 3,6 Mrd. DM angesetzt, mehr als die Hälfte dessen,
was jetzt als Kosten einer völlig neuen Transrapid-Trasse genannt wird. 16)
Also handelt es sich mit dem Transrapid- Projekt Hamburg-Berlin laut
Gesetzeslage
um eine Parallelinvestition, in beiden Fällen weitgehend mit Steuermitteln
finanziert. Dies steht in offenem Widerspruch zur Anforderung an den
Gesetzgeber, die ihm anvertrauten Steuergelder optimal und nach den Kriterien
einer sorgfältigen Haushaltsplanung einzusetzen. Da bereits so gut wie alle
vorgesehenen Gelder für den Ausbau der Bahnstrecke investiert wurden, müßte
sich die Investition in eine parallele Magnetbahnstrecke von selbst erübrigen.
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Werbeheft von Siemens, Titelblatt |
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Das Gegenteil findet statt. Inzwischen wurde auch bekannt, daß beim
Ausbau der Bahnverbindung Berlin-Hamburg bewußt „Bremsen“ eingebaut wurden.
So wurde darauf verzichtet, einige noch bestehende beschrankte Bahnübergänge
durch Brücken zu beseitigen. Damit wird die Maximalgeschwindigkeit auf
160 km/h beschränkt. Im Falle dieser zusätzlichen Investitionen, die sich auf
maximal 500 Millionen Mark belaufen würden, wäre Tempo 200 km/h realisierbar,
was erneut die Zeitdifferenz zwischen Transrapid und Bahn reduzieren würde.
Der Fahrgastverband IGEB hat bereits 1994 unter Verweis auf den
Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesminister für Verkehr darauf hingewiesen,
daß der Einsatz von Neigetechnik - und dadurch beding . zusätzliche
Investitionen - auf der bestehenden Bahnstrecke Berlin-Hamburg die Reisezeit
auf weniger als 90 Minuten reduzieren würde. Dadurch ließe sich „bereits
ein Nachfragezuwachs bewirken, der je Einheit weit geringeren Einsatz“
erfordere. 17)
Im November 1995 hat schließlich die Deutsche Bahn AG eine Forderung
nachgeschoben, die die finanzielle Kritik an der Magnetbahn Hamburg-Berlin
voll zu bestätigen scheint. Im Falle des Baues der Transrapid-Strecke, so der
Bahn-Vorstand, müsse die Deutsche Bahn AG eine jährliche feste
Entschädigungssumme in Höhe von 200 Millionen Mark aus dem Bundeshaushalt
erhalten, um die dann zu erwartenden Verluste durch den Konkurrenzbetrieb
ausgleichen zu können. Das entspricht gut der Hälfte des Schuldendienstes,
der für die kreditfinanzierte Investition beim Bau der Bahnstrecke
Berlin-Hamburg aufzubringen sein wird.
Risiko und Restrisiko
Beim Bau der Transrapid-Strecke Hamburg-Berlin kämen „private
Finanzierungsmöglichkeiten“ zur Anwendung; es sei gelungen, daß die
Industrie „in erheblichem Maß am Risiko beteiligt“ werde. So die
Behauptungen aus Bonn. Zunächst ist zu fragen: Wenn es sich tatsächlich um
ein profitables Projekt handelt, weshalb wird das Risiko nicht ganz von
der Industrie getragen, zumal die Steuerzahler bereits zwei Milliarden Mark
vorfinanziert haben?
Sodann ist das im März 1994 als Teil der Kabinettsvorlage präsentierte
Finanzierungsmodell nicht neu. Als Mitte 1993 drei unterschiedliche Modelle
mit privater Finanzierung vorgelegt wurden, bilanzierte die „Wirtschaftswoche“
wie folgt: „Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich die 80seitige
Hochglanzbroschüre (mit den drei Modellen zur Transrapid-Finanzierung; W.W.)
als Mogelpackung ... Eine ganze Reihe unternehmerscher Risiken, aus höherer
Gewalt' wollen die Konzerne den Steuerzahler tragen lassen. So soll - nach den
Plänen der Industrie - eine eventuelle Kostenexplosion im
Genehmigungsverfahren oder bei Beschaffung der Grundstücke auf den
Bundeshaushalt abgewälzt werden. Als lückenhaft' beurteilt denn auch
Dirk Fischer, CDU-Verkehrsexperte, die Kalkulation. Solange nicht sämtliche
Details der Streckenführung definiert seien, so der Transrapid-Befürworter,
gleiche die Bilanz der Industrie einer,Milchmädchenrechnung'. Kaum anzunehmen
ist etwa, daß der Hyperschnellzug mitten durch Hamburger und Berliner
Wohngebiete jagen kann. Die Tunnelstrecken aber, die dadurch nötig würden,
trieben die Kosten enorm in die Höhe. Auch fehlen in den Blaupausen der
Wirtschaft Konzepte für die Vernetzung mit Bahnhöfen und Flughäfen.
Unterm Strich findet Fischer die Vorschläge der Industrie,
enttäuschend'.“18)
Diese Bilanz gilt bis heute. Das bis heute vorliegende Finanzierungsmodell
ist nichts anderes als die „Variante drei“ der im April 1993 vorgelegten und
damals als unzureichend klassifizierten Finanzierungsmodelle. Es werden, wie
bei der Bahnreform, unterschiedliche Gesellschaften gegründet - eine für die
Vergesellschaftlichung von Verlusten, die andere für die Privatisierung
möglicher Gewinne. Die Investitionen für den Bau der Magnetbahn kommen
ausschließlich aus dem Bundeshaushalt, und hier möglicherweise gar aus dem
Etat des Verkehrsministers, was ein weiteres Mal die Gelder für die Schiene
reduzierte. Echt beteiligen will sich die Industrie lediglich an der
Betreibergesellschaft, wobei hier von den 1,5 Milliarden Eigenkapital
300 Millionen von der Deutschen Bahn AG und von der Lufthansa kommen sollen.
Die Transrapid-Unternehmen und die Bauwirtschaft wären mit 500 Mio. Mark
dabei, die Banken mit weiteren 200 Mio Mark. Eine halbe Milliarde Mark sollen
über die Börse hereingebracht werden (die Aktien von Euro-Disneyland und
vom Eurotunnel lassen grüßen).
Der Bund soll für Zins und Tilgung, die er vor allem für den Fahrweg
vorgeschossen hat
(von den zwei Milliarden Mark Entwicklungskosten und deren Verzinsung
wird bereits nicht mehr geredet) nur dann eine Gegenleistung in Form
eines Nutzungsentgelts von jährlich 300 Millionen Mark erhalten, wenn
die Bahn auch so profitabel betrieben wie schöngerechnet wird. Hat die
Magnetbahn jedoch weniger Fahrgäste als vorgerechnet, dann erhält der
Bund bei diesem Modell nicht einmal ein Nutzungsentgelt.
Dabei wies der Wissenschaftliche Beirat des Verkehrsministeriums und
dessen Vorsitzender Professor Gerd Aberle bereits nach, daß die Rechnung
nicht aufgehen kann: Während im Finanzierungsmodell für die jährlich
14,5 Millionen Fahrgäste ein Kilometerpreis von 27 Pfennig unterstellt
wurde, wird in der Ertragsrechnung für die Betreiberfirma von einem
Kilometerpreis von 32,2 Pfennig ausgegangen. Diejenigen, die derart
unterschiedlich rechnen, können für sich geltend machen, die Modellrechnung
müsse wenigstens auf dem Papier aufgehen. Für Gerd Aberle handelt es sich
um die „unzulässige Verknüpfung von Bestannahmen.“19)
Da sich Kanzler und Kabinett kaum darüber Gedanken zu machen scheinen,
wie im Jahr 2004 die gesamten öffentlichen Schulden (1989: 1.000 Milliarden
Mark, 1995: 2.000 Milliarden Mark, 2004: ...?) zu verwalten seien,
besteht für sie auch kein Handlungsbedarf hinsichtlich der finanziellen
Folgen einer im Jahr 2004 zu betreibenden Transrapidbahn Hamburg-Berlin,
für die lediglich „peanuts“ in Höhe von zehn oder auch 15 Milliarden
Mark aufzubringen sind.
Es bleibt, was der Emsland-GmbH-Direktor Hugenberg formulierte: Sinn der
unchristlichen Hektik, mit welcher die Magnetbahntechnologie gepowert wird,
ist allein: „Der Ausbau der Referenzstrecke muß in einem Zeitraum möglich
sein, der für das Geschäft auf dem Weltmarkt nicht zu spät kommt.“
Allerdings könne auch hier die Rechnung - wie beim ICE, der als Konkurrent
gegen den TGV stets den Kürzeren zog - nicht aufgehen. Das Deutsche Institut
für Wirtschaftsforschung schrieb Anfang 1995: „Auch für den
internationalen Absatz des Systems ,Transrapid' sind die Aussichten nicht
gerade rosig.“ In den Ländern der Europäischen Union und Asiens bestehe nur
wenig Interesse. Im übrigen verweist das Institut darauf, daß die Industrie
selbst nicht an die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu glauben scheine:
„Wenn die Unternehmen (die am Transrapid beteiligt sind; W.W.) an das
weltweite Marktpotential des Transrapids glaubten, dann hätten sie sich viel
stärker engagieren müssen, nachdem die Entwicklung ... bis hin zu seiner
Anwendungsreife weitgehend aus öffentlichen Mitteln finanziert worden
ist. 20)
In der Bundestagsdebatte zur Begründung des Magnetschwebebahnbedarfsgesetzes
wies Bundesverkehrsminister Wissmann erneut auf die drohende Konkurrenz
aus Fernost. Dort grassiere nicht die deutsche Technikfeindlichkeit; dort
werde gerade der Bau einer neuen Magnetbahnstrecke ins Auge gefaßt.
Verschwiegen wird dabei ein Vorfall aus dem Herbst 1991: Japans
Magnetzug „Maglev“ MLU 002, der Magnetbahn-Prototyp, mit dem das Japan
Railways Technical Institute (JRTI) Testfahrten durchgeführt hatte und
der bis dahin immer als entscheidende Konkurrenz zum deutschen Transrapid
gehandelt wurde, ging aus „bisher unbekannten Gründen“ in Flammen auf.
„Und das“, wie „Die Wirtschaftswoche“ bissig formulierte, „unter
erniedrigenden Umständen: während einer Langsamfahrt.“21)
14) Bundestagsprotokoll, a. a. O.
15) DIW-Wochenbericht, 1/1995
16) Nach: „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“, hrsg. vom
Bundesminister für Verkehr, Bonn, Januar 1992, S. 19.
17) SIGNAL 2-3/1994
18) „Die Wirtschaftswoche“, 16.4.1993
19) Peter Ziller, „Wie der Transrapid blitzschnell über alle
Gegenargumente hinwegschwebt“, in „Frankfurter Rundschau“, 26.2.1994
20) DIW-Wochenbericht, 1/1995
21) „Die Wirtschaftswoche“, 26.2.1993 Winfried Wolf
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