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Gibt es so etwas wie kollektive Bestrafung für die Schweinereien
einzelner? Ja, gibt es. Wir erinnern uns: Die Zeitungen waren vor kurzer
Zeit voll (berechtigter) Empörung über die "modern" werdende Angewohnheit
einzelner Leute, Mitreisende gewaltsam aus der fahrenden S-Bahn an die
frische Luft zu befördern. Der öffentliche Druck zwang die S-Bahn Berlin
GmbH, Maßnahmen zu ergreifen. Dies wurde getan. Jetzt gibt es öffentlichen
Druck in anderer Form, nämlich langanhaltend auf den Türen der Altbauzüge.
Solange der Zug in voller Fahrt ist, gibt es wahrlich nichts dagegen
einzuwenden. Doch welch' Bild bietet sich uns, wenn der Zug im Bahnhof
steht. Um einen Überblick zu gewinnen, teilen wir die Nutzer der
S-Bahn einmal in Kategorien ein.
Kategorie Eins: Wie aus alten Zeiten gewohnt wird versucht, die Tür
schon bei Einfahrt in den Bahnhof zu öffnen. Das Ergebnis ist, falls der
Versuch gelingt, die sich sofort wieder schließende Tür. Doch auch nach
dem Halt gibt es nun Probleme. Denn das Öffnen ist immer noch erschwert.
und es kann passieren, daß der Hintermann die Bretter gleich wieder vor
die Nase bekommt.
Kategorie Zwei: Die Wissenden, aber Ungeduldigen. Die S-Bahn steht noch
nicht ganz, aber das Gezerre an den Türen beginnt. Denn in einer Minute
fährt die nächste Straßenbahn, oder der Bus wurde schon gesehen, wie er
um die Ecke kommt. Das Ergebnis entspricht dem in Kategorie Eins.
Kategorie Drei: Die technisch verständnisvollen Idealfahrgäste haben
längst durchschaut, daß man ein gewisses Zischen kurz vor Stillstand abwarten
sollte, um dann mit gleichmäßig auf beide Arme verteilter Kraft die Türen
bis zum Anschlag zu öffnen. Geheimnisvoll lächelnd verlassen sie die
rot/gelbe als Sieger des Alltags auf Berliner Bahnsteigen. Aber auch hier
gibt es Ausnahmen, wo selbst dieses schlitzohrige Verfahren nicht hilft
und sich auch die Türen des nun tatsächlich stehenden Zuges nur mit
vereinten Kräften öffnen lassen.
Zu Kategorie Eins und Zwei bliebe anzumerken, daß der Versuch, die Tür
vorzeitig zu öffnen, offenbar dazu führt, daß sich Druck aufbaüt, der auch
nach dem Stillstand des Wagens nicht aus der Leitung geht. Um die
beschriebenen Qualen zu beenden, sollte über eine andere Form der
Verriegelung, ggf. mit mechanischem Verschluß, nachgedacht werden.
Frage: Muß so ein simpler Vorgang wie die Benutzung eines öffentlichen
Verkehrsmittels tatsächlich zum Testfall für das Durchschauen technischer
Vorgänge und zum Muskeltrainig mutieren, oder läßt sich wieder ein Zustand
hersteilen, der es auch Kindern, mit vollen Einkaufstaschen bepackten Frauen
und älteren Herren erlaubt, ohne größere Anstrengung aus der S-Bahn zu kommen? IGEB
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