Thema des ersten Berliner Fahrgastsprechtags
im Rahmen der 28. Deutschen
Schienenverkehrs-Wochen war am 1. September
die U-Bahn. Auf Einladung des Berliner
Fahrgastverbands IGEB kamen von der BVG
Hans-Christian Kaiser, Bereichsleiter U-Bahn,
Winfried Otto, Betriebsleiter U-Bahn, Christoph
Boisserée, Betriebschef U-Bahn, Uwe
Kutscher, Abteilung Infrastruktur, zuständig
für die Anlagen der U- und Straßenbahn, sowie
Martin Süß, Abteilungsleiter Fahrzeuge
und Werkstätten. Wie in den Jahren zuvor
fand der Sprechtag im U-Bahn-Museum im
U-Bahnhof Olympia-Stadion statt.
Anlässlich der in den letzten Monaten
aufgrund einiger schwerer Vorfälle verstärkten
Diskussion über Gewalt in der Berliner
U-Bahn bzw. auf den U-Bahnhöfen begann
der Abend mit einem Vortrag der Berliner
Polizei und anschließendem Rollenspiel zum
Thema Gewaltprävention.
Kriminalität in der Berliner U-Bahn
Aus polizeilicher Sicht gilt die Berliner U-Bahn
nachwievor als eines der sichersten Verkehrsmittel,
wenngleich Straßenbahn und
Bus noch sicherer sind. Lediglich auf zehn
U-Bahnhöfen gibt es jährlich mehr als 100
Taten, darunter Alexanderplatz, Zoologischer
Garten, Osloer Straße und Hermannplatz. 138
Bahnhöfe (etwa 80 Prozent) weisen dagegen
nicht einmal 50 Taten pro Jahr auf. Dazu
beigetragen haben unter anderem die verstärkten
Streifen der Polizei, teilweise auch
in Zivil, deren Aufwand seit 2004 von 50 000
auf 100 000 Mitarbeiterstunden gestiegen ist.
Eine weitere Steigerung auf 150 000 Mitarbeiterstunden
steht in Kürze an.
In den letzten fünf Jahren ist die Kriminalität
bei der Berliner U-Bahn um 20 Prozent
gesunken, die der Raubdelikte, einfachen
Körperverletzungen und Nötigungen sogar
noch deutlicher (jeweils bis zu 46 Prozent).
Die größten Probleme stellen Drogenhandel,
Diebstähle (aus Taschen, von Fahrrädern) und
die Gewalt gegenüber Personal und anderen
Fahrgästen dar. Dabei erfolgt die Gewaltausübung
sehr oft unter Einfluss von Alkohol.
Trotzdem hält die Berliner Polizei ein Alkoholkonsumverbot,
wie es seit Anfang September
im Hamburger Verkehrsverbund besteht, für
wenig hilfreich, da die Täter im Allgemeinen
bereits alkoholisiert die U-Bahn bzw. die
U-Bahnhöfe betreten.
Um die Kriminalität weiter zu verringern
hat die Berliner Polizei in Zusammenarbeit
mit der BVG Maßnahmenpakete geschnürt,
die unter anderem gemeinsame Streifen und
verstärkte und vor allem aktive Videokontrollen
vorsehen. Auch gibt es zahlreiche Schwerpunkteinsätze
an den Bahnhöfen mit erhöhtem
Verkehrsaufkommen.
Rückblick 2010/2011
2010 lag die Pünktlichkeit bei der Berliner
U-Bahn bei 98 Prozent (Soll 97 Prozent),
die Zuverlässigkeit bei 99,8 Prozent (Soll
99,7 Prozent) und die Anschlusssicherung
bei 99,9 Prozent (Soll 99 Prozent). In der Kundenbefragung
schnitt die U-Bahn mit einer
Durchschnittsnote von 2,52 gut ab, wobei die
größte Unzufriedenheit bei der Anschlusssicherung
nachts, bei der Sauberkeit und vor
allem in der Fahrgastinformation bei Störungen
herrscht. Um Letzterem besser entgegenzuwirken,
soll unter anderem der Einsatz
von Großplakaten zur Fahrgastinformationen
ausgeweitet werden, da diese besser als die
kleinen Zettel im Info-Aushang wahrgenommen
werden.
Auch ist die U-Bahn bemüht, verstärkt für
Sauberkeit zu sorgen. So wurden 3,96 Millionen
Euro letztes Jahr allein in die Reinigung
gesteckt. Weitere 2,6 Millionen Euro kostete
die Beseitigung von Sachschäden.
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Seit Mai fahren die meisten U-Bahn-Linien am Sonntagnachmittag im 5-Minuten-Takt. Foto: Marc Heller |
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Der seit Mai 2011 vorhandene 5-Minuten-Takt
am Sonntag wird gut angenommen und
entgegen der ursprünglichen Planung wird
dieser im Großprofil sogar mit Sechs-Wagen-Zügen
gefahren. Hier könnte es aber zu Anpassungen
kommen, sollten die derzeitigen
Beobachtungen zeigen, dass dies nicht notwendig
ist.
Die erst im Nachhinein eingeführte Linie
U 12 Ruhleben—Warschauer Straße hat sich
ebenfalls bewährt, auf beiden Streckenästen
konnte die Pünktlichkeit verbessert werden.
Mit dem Beginn der Arbeiten am U 2-Bahnsteig
Gleisdreieck wurde die U 2 unterbrochen,
und durchfahrende Fahrgäste mussten
sowohl am Gleisdreieck als auch am Wittenbergplatz
in die U 1 umsteigen. Eine U 12
wurde zunächst nicht eingerichtet, um die
U 1 getreu dem Motto „Linien die von Baumaßnahmen
nicht betroffen sind, bleiben
unangetastet“ fahren lassen zu können. Der
anhaltenden Protest von Fahrgästen und des
Berliner Fahrgastverbands und Zählungen im
Mai 2011 führten aber schließlich doch noch
zu einem Umdenken und dem Einführen
der U 12, so dass durchfahrende Fahrgäste
nur noch einmal am Gleisdreieck umsteigen
müssen. Bleibt zu Hoffen, dass die BVG daraus
gelernt hat, und beim nächsten Mal gleich die
U 12 wieder zum Leben erweckt.
Baumaßnahmen 2011/2012
Zum Zeitpunkt des Sprechtages standen die
Gleisbaumaßnahmen in Wuhletal unmittelbar
bevor, die inzwischen zu einer Unterbrechung
der U 5 zwischen Wuhletal und Elsterwerdaer
Platz und Pendelverkehr zwischen
Elsterwerdaer Platz und Biesdorf-Süd
führten. Noch bis November
2011 wird an der Grundsanierung
des Gleisdreiecks und des U-Bahnhofs
Mehringdamm weiter gearbeitet.
Über den Winter werden die
Arbeiten ausgesetzt und zumindest
am Mehringdamm 2012 fortgesetzt.
Ob es auch am Gleisdreieck 2012
weitergeht, ist noch nicht entschieden.
Gegebenenfalls werden die weiteren Arbeiten
am U 2-Bahnsteig erst 2013 fortgesetzt
und dann mit den anstehenden Brückensanierungen
zwischen Mendelssohn-Bartholdy-Park
und Nollendorfplatz verknüpft. Darüber
hinaus werden 2012 in Hönow die Weichen
erneuert und das elektronische Stellwerk
Pankow in Betrieb genommen, was erneut
zu deutlichen Einschränkungen auf der U 2
in Pankow führen wird. Darüber hinaus beginnen
die Arbeiten zur Verlängerung der U 5
vom Alexanderplatz zur U 55 Brandenburger
Tor—Hauptbahnhof, nachdem nun das Baurecht
vorhanden ist.
Unterbrechung U 6
Im Zusammenhang mit der Verlängerung der
U 5 und der Entstehung eines neuen Kreuzungsbahnhofs
unter der Kreuzung Friedrichstraße/Unter den Linden muss die U 6 von
Mai 2012 bis Oktober 2013 zwischen Friedrichstraße
und Französische Straße unterbrochen
werden. Ein regulärer Schienenersatzverkehr
ist nicht vorgesehen, da zum einen dieser
über Nebenstraßen verkehren müsste und
auch mehr im Stau stehen als fahren würde
und zum anderen die Entfernung mit 530 m
zwischen den beiden Bahnhöfen so gering ist,
dass diese auch gut zu Fuß in sechs bis zehn
Minuten bewältigt werden kann.
Durchfahrende Fahrgäste sollten, wenn
möglich, in Wedding und Tempelhof auf die
Ringbahn ausweichen oder die Kombination
S 1/S 2/S 25 und M 29 bzw. M 41 über Anhalter
Bahnhof nutzen. Für mobilitätseingeschränkte
Fahrgäste ist ein Shuttleservice zwischen
Friedrichstraße und Stadtmitte vorgesehen.
Der Bahnhof Französische Straße ist nicht
barrierefrei.
Die U 6 wird zweigeteilt verkehren, dabei
im Norden zwischen Alt-Tegel und Friedrichstraße
mit Vier-Wagen-Zügen alle 4 Minuten
und im Süden zwischen Französische Straße
und Alt-Mariendorf mit den üblichen Sechs-Wagen-Zügen
im 5-Minuten-Takt. Der Einsatz
von Sechs-Wagen-Zügen auf dem Nordteilstück
wird nicht möglich sein, da der Abstand
zwischen dem doppelten Gleiswechsel südlich
des Bahnhofs Friedrichstraße, der zum
Kehren der Züge benötigt wird, und dem
künftigen Baufeld an der Kreuzung zu gering
für Sechs-Wagen-Züge ist.
Aufzugsprogramm
Bis Ende 2011 sind voraussichtlich 99 U-Bahnhöfe
barrierefrei ausgebaut, bei 125 Aufzügen.
Bis 2020 soll das gesamte Netz barrierefrei
sein. Um dies zu schaffen, werden statt bisher
vier bis fünf künftig acht bis neun Bahnhöfe
im Jahr mit Aufzügen versehen. Für 2012 ist
die Inbetriebnahme von Aufzügen für folgende
Bahnhöfe vorgesehen: Magdalenenstraße,
Samariterstraße, Afrikanische Straße, Boddinstraße,
Hallesches Tor (U 1, der erste Aufzug),
Hohenzollernplatz, Jannowitzbrücke, Kurfürstendamm
(der dritte Aufzug), Leinestraße
und Wutzkyallee. Ebenfalls vorgesehen ist
Schillingstraße, wo es allerdings noch Probleme
mit dem Standort gibt. Bei der derzeitigen
Planung würde der Aufzug um einen halben
Meter in die geplante neue Parkspur reinragen,
was der Senatsverwaltung nicht zusagt.
Die Karl-Marx-Allee wird an dieser Stelle verschmälert
und soll schnurgerade vom Strausberger
Platz zum Alexanderplatz ohne Sichteinschränkungen
verlaufen.
Fahrzeuge
Im Kleinprofil sind die Ertüchtigungen der
Baureihen A3 und GI/1 ebenso wie das Refit
der A3L71 abgeschlossen. Noch bis Oktober
läuft die Ausschreibung für die HK-Nachfolgebaureihe.
Nach Sichtung der Angebote soll
der Zuschlag Mitte 2012 erteilt werden und
die Lieferung des Prototyps 2014 erfolgen.
Die Serie soll dann zwischen 2017 und 2019
ausgeliefert werden. Bestellt werden sollen
104 Wagen, was 26 Halbzügen entspricht.
Derzeit liegt das durchschnittliche Alter der
Kleinprofilfahrzeuge bei 24,5 Jahren. Mit der
Anlieferung der neuen Fahrzeuge und Abstellung
einiger alter wird das Durchschnittsalter
deutlich sinken.
Im Großprofil startet noch 2011 die Ertüchtigung
der Baureihen F74 bis F79, bei
der insgesamt 182 Wagen analog den F79-Prototypen,
die auf der U 55 verkehren, umgebaut
werden. Damit sind die Fahrzeuge fit
für zahlreiche weitere Jahre. Spätestens ab
2026 sind jedoch neue Fahrzeuge im Großprofil
notwendig. Das durchschnittliche Alter
der Großprofilfahrzeuge liegt momentan bei
21,5 Jahren.
Die Probleme mit den Drehmomentstützen
am Antrieb, den Radsatzlagern und der
erhöhten Brandgefahr der Zwischenkreisdrosseln
an den beiden neuesten Baureihen
H und HK werden bis 2013 durch konstruktive
Änderungen behoben. Derzeit sind schon
54 Prozent der Fahrzeuge umgebaut.
Die Einführung der Videoüberwachung in
den Fahrzeugen schreitet weiter voran. Bereits
98 Prozent der Kleinprofil- und 56 Prozent
der Großprofilfahrzeuge sind umgerüstet.
Bis 2012 folgen die restlichen.
Sonstiges
Das Bike & Ride-Programm wird ausgeweitet.
Neue, zum Teil auch überdachte Fahrradständer
entstehen vor allem im Mittelteil der U 5,
an der U 7 in Spandau und in Kreuzberg.
Die U-Bahnhöfe sollen neue Fahrscheinautomaten
erhalten. Das Lastenheft ist fertig,
und bis Ende September 2011 können
Angebote abgegeben werden. Bis Mitte Dezember
2011 sollen die angebotenen Geräte
ausgiebig getestet werden. Im Anschluss
daran erfolgt die Auftragserteilung. Mit der
Aufstellung der neuen Automaten soll im
ersten Quartal 2013 begonnen werden. Wie
viele Automaten bestellt werden und welche
bisherigen Standorte auf den Bahnsteigen
erhalten bleiben, ist noch nicht beschlossen.
Ebenfalls neu beschafft werden automatische
Zähleinrichtungen für 190 U-Bahn-Wagen.
Die Vergabe des Auftrags soll noch im
September 2011 erfolgen.
Es sind zusätzliche Spiegel in Höhe der
Kurzzughaltetafeln im Gespräch, um das aus
Fahrgastsicht ärgerliche Problem zu beseitigen,
wenn Fahrer aus Sicherheitsgründen
oder schlicht Faulheit bis an den Spiegel
heranfahren, obwohl der Kurzzughalt mittig
oder gar hinten vorgesehen ist und dies Daisy
auch so anzeigt.
Ein weiteres Ärgernis für U-Bahn-Fahrgäste
sind die Brandenburger-Tor-Scheibenfolien,
die die Sicht nach außen und innen erheblich
einschränken. Hier wird es aber keine Änderungen
geben, da sich die Folien aus Sicht der
BVG bewährt haben und zu Einsparungen
führten, allein 800 000 Euro im Jahr 2010.
Immer mehr findet auch auf Betriebsgebäuden
auf den Bahnsteigen der Einsatz von
Folien statt, um die Bauwerke besser vor Graffiti
zu schützen. Dabei finden teilweise auch
Fotofolien Anwendung.
Tom Gerlich
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