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Die Deutsche Bahn (DB) beabsichtigt, in den
kommenden Jahren die Anzahl der Mitarbeiter
in den Reisezentren deutlich zu reduzieren.
Begründet wird die Entscheidung damit,
dass beim Fahrkartenverkauf bereits seit
Jahren ein Trend zum Vertriebsweg Internet
zu beobachten sei und unverändert anhalte.
So sank der Einnahmeanteil der Reisezentren
beim Fahrkartenverkauf zwischen 2005 und
2010 von 46 auf 22 Prozent. Für das Jahr 2016
erwartet die Deutsche Bahn einen Rückgang
auf nur noch 17 Prozent. Bis 2016 sollen deshalb
nun für ca. 350 Mitarbeiter neue Arbeitsplätze
innerhalb des DB Konzerns gefunden
werden. Weitere ca. 350 Mitarbeiter sollen
z. B. altersbedingt aus dem Unternehmen
ausscheiden. Nicht reduziert werden soll dagegen
die Anzahl der gut 400 Reisezentren.
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Schon jetzt gibt es in den Reisezentren der Deutschen Bahn zu wenig Personal, so dass sich zeitweise lange Schlangen bilden, wie hier im Bahnhof Berlin Friedrichstraße. Dennoch will die Bahn das Personal reduzieren. Foto: Marc Heller |
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Unverständlich ist diese kurzsichtige Entscheidung
vor dem Hintergrund, dass aus
Gründen der Gewinnorientierung ausgerechnet
bei einer wichtigen Serviceleistung gespart
werden soll. Für Kunden, die beispielsweise
über keinen Internet-Zugang verfügen
oder die für ihre Bahnverbindung Beratung
benötigen, ist der personenbediente Verkauf
eine unverzichtbare Dienstleistung. Besonders
betroffen sind auch Gelegenheitsfahrer,
die – noch erschwert durch das unübersichtliche
Tarifsystem – über keinerlei Routine z. B.
beim Fahrkartenkauf am Automaten verfügen.
Wie soll gerade diese Zielgruppe dauerhaft
für die Bahn gewonnen und Stammkundschaft
gehalten werden, wenn nun die
Öffnungszeiten der Reisezentren reduziert
oder (noch) weniger Bedienplätze mit Personal
besetzt werden? Seitens der Deutschen
Bahn wurde zwar gemeldet, dass 85 Prozent
der Kunden im Jahr 2010 innerhalb von 10
Minuten bedient werden konnten; dieser
Wert darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen,
dass gerade in der Hauptreisezeit
die Wartezeiten vielfach deutlich größer sind.
Es muss angesichts der aktuellen DB-Pläne
auch berücksichtigt werden, dass Bahnkunden
in den vergangenen Jahren durch Zuschläge
für den personenbedienten Verkauf
systematisch zu den alternativen Vertriebswegen
Automat und Internet gedrängt wurden.
Folgende Zuschläge werden derzeit z. B. für
den personenbedienten Verkauf erhoben:
- Brandenburg-Berlin-Ticket 2,00 Euro
- Schönes-Wochenende-Ticket 2,00 Euro
- Ostsee-Ticket 4,00 Euro
- Sparpreis 5,00 Euro
-
Sitzplatzreservierungen, siehe Seite 21 in
diesem Heft.
Dadurch wurde der personenbediente Verkauf
bewusst unattraktiv gemacht. Zugleich
wurden die Kundengruppen, die auf diesen
Vertriebsweg angewiesen sind, mit derartigen
Zuschlägen bestraft. Für sie ist es auch
kein Trost, dass die Deutsche Bahn allein im
laufenden Jahr 7 Millionen Euro für die Modernisierung
der Reisezentren ausgeben will.
Fair wäre ein System, bei dem wahlweise
alle Vertriebswege zu den gleichen Konditionen
genutzt werden können. Eine Aufwertung
können die Reisezentren zudem erfahren,
wenn künftig verstärkt auch der Vertrieb
touristischer Angebote erfolgt.
Dass die persönliche Beratung ganz wesentlicher
Bestandteil eines kundenfreundlichen
Dienstleistungsangebots ist, stellt
die Deutsche Bahn in ihrer Kundenzeitung
„Punkt 3“ (Ausgabe 17/2011) im Rahmen der
Vorstellung der Service-Stores selber fest:
„Und natürlich schätzen viele es, beim Fahrkartenverkauf
persönlich bedient und beraten
zu werden; mit Tickets und allem, was
sonst noch gebraucht wird!“
Deutscher Bahnkunden-Verband
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