Neugierig wurde nun der Beginn der Bauarbeiten in der Hoffnung abgewartet, dass es nicht so schlimm kommt, wie von der IGEB erwartet. Doch es kam schlimmer. Das aufgebotene Bus-Bataillon aus 22 Gelenkbussen vollzog bereits am ersten Tag erfolgreich das Manöver Fahrgastvergraulung. Die Busse waren in der Weißenhöher Straße nicht nur Stauopfer, sondern durch die Ein- und Ausfahrt in den mit bis zu 6 Fahrzeugen belagerten Busbahnhof am Elsterwerdaer Platz eben auch für jenen Stau mit verantwortlich. Die Passierdauer betrug bis zu 12 Minuten, und so standen Busse zwar an der Haltestelle Weißenhöher Straße im Stau, doch ein Fahrgastwechsel konnte nicht stattfinden. Auch an der Kreuzung Alt-Friedrichsfelde/Rhinstraße erfolgt seither ein gar surreales Schauspiel. Da nähert sich ein Bus in Richtung Tierpark und hält vor der rot zeigenden Ampel an. Er tut dies jedoch nicht auf der Busspur samt Fahrgastwechsel an der dort liegenden Haltestelle der Linien 108 und 194, sondern eine Spur weiter, zusammen mit allen anderen Verkehrsteilnehmern. Lustige Verwirrspiele gibt es dann am U-Bahnhof Tierpark. Der ankommende Bus hält hinten, um die Fahrgäste herauszulassen. Anschließend zieht er zur Fußgängerampel vor und kommt bei deren Rotstellung direkt an der Einstiegshaltestelle vor dem U-Bahn-Ausgang zu stehen. Im Anschluss dreht er eine Ehrenrunde um den U-Bahn-Eingang, wo auf der Rückseite die wohlverdiente Pause vom Staustress winkt, bevor der Bus dann wieder an der Ankunftshaltestelle vorbei zur Einstiegshaltestelle und mit der dritten Spitzkehre zunächst den Rückweg zur Straße Alt-Friedrichsfelde antritt, von der die Fahrgäste erst in Lichtenberg unterirdisch abschwenkten. Kein Wunder also, dass die Fahrgäste schon am zweiten Tag die Nase voll hatten und die Busse größtenteils fahrgastfrei durch die Gegend fuhren. Es dauerte dann noch eine Weile, bis auch die BVG ein Einsehen hatte und nach zahlreich gefahrenen Leerkilometern den Buseinsatz zunächst leicht reduzierte und schließlich gar halbierte. Dagegen platzte der Shuttlebus zum Biesdorfer See (mit sonst angeschlossenem U-Bahnhof) zeitweise aus allen Nähten. Bereits am ersten Einsatztag kam es bei bestem Badewetter zur vorhersehbaren Überlastung. Über eine Stunde hinweg konnten 100 Prozent Auslastung und zurückgelassene Fahrgäste am Elsterwerdaer Platz beobachtet werden, während zugleich fahrgastfreie SEV-Busse auf der Hauptlinie vorbeikamen. Doch während der Abbau der Überkapazität nach mehrfacher Redundanzzählung irgendwann funktioniert hat, war die Bereitstellung eines weiteren Kleinbusses als operative Reserve offenbar außerhalb der BVG-Möglichkeiten. 3. Akt:
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Bei der Ankunft am Bahnhof Lichtenberg sind je nach Fahrzeugeinsatz verschiedene Szenarien zu beobachten. In den mit „Tierpark“ beschilderten H-Zügen ist auch die Sonderansage gut zu verstehen, die ab Lichtenberg die Umfahrung mit der S 5 empfiehlt, weswegen dort ein Großteil der Fahrgäste den Zug verlässt. In den mit „Hönow“ beschilderten F-Zügen hängt die Verbleibquote dagegen von der Lautstärkeeinstellung des einzelnen Fahrzeugs ab. Da, wo die Ansage leise kaum verständlich abgespielt wird, bleiben deutlich mehr Fahrgäste sitzen und tappen in die „SEV-Falle“. Immerhin bemerken sie so aber auch nicht die falsche Sonderansage in Friedrichsfelde, die in Richtung Hönow meist manuell unterdrückt wird und daher nur in Richtung Alexanderplatz zu hören ist, wo sie nicht minder für Verwirrung sorgt. Denn laut Ansage soll in Friedrichsfelde in den SEV gewechselt werden, welcher weder direkt am U-Bahnhof noch auf der etwa 250 Meter entfernten Hauptstraße Am Tierpark hält. Doch auch das ist für die BVG offensichtlich kein Grund, dort noch nachträglich eine Haltestelle einzurichten.
Zwar wird auch vor „Wuhletal“ per Ansage auf die Umfahrungsmöglichkeit mit der S-Bahn hingewiesen, doch die BVG-Ausschilderung am Bahnsteig verschweigt die am selben Bahnsteig gegenüber abfahrende S-Bahn und verweist schon nahezu krampfhaft auf den SEV, wodurch sich auch in dieser Fahrtrichtung Einzelne finden, die die SEV-Strapazen auf sich nehmen, statt bequemer und schneller mit der durchaus gut gefüllten S-Bahn zu fahren.
Besser als bei dieser U 5-Maßnahme lässt sich das Wirken der BVG-typischen „SEV-Falle“ jedenfalls kaum beobachten, und so ist es letztendlich auch nicht verwunderlich, dass die Busse vom Tierpark nach Wuhletal besser gefüllt sind als andersherum.
Sinnbildlich für die offensichtlichen organisatorischen Mängel der BVG wirkt deren Hauptquartier an der Holzmarktstraße mit den, symbolisch für die drei Betriebsbereiche stehenden, drei getrennten „Elfenbeintürmen“ des BVG-Verwaltungsgebäudes.Völlig unverständlich ist, dass einerseits mühevoll einige Angebotsverbesserungen im BVG-Netz nach spitzem Rechnen und dem einen oder anderen Trick erfolgreich umgesetzt wurden, während es an anderen Stellen noch immer massiv klemmt. Beim Schienenersatzverkehr bleibt der verantwortungsvolle Umgang mit den zur Verfügung gestellten Mitteln jedenfalls auf der Strecke. Im Fall der U 5 wurden Fahrgastkilometer durch leer fahrende Busse in einem denkwürdigen Umfang verschenkt, der für andere Maßnahmen fehlt. Ein „weiter so“ und Übergang zur Tagesordnung darf es nach diesem Debakel nicht geben. (ge)
IGEB Stadtverkehr
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