Passiert ist tatsächlich aber etwas völlig
Unerwartetes. Bei der Anpassung der Prototypen
des Flexity Berlin an die Serienfahrzeuge
wurden die neuen Automaten entfernt
und durch die unzureichenden alten
aus den frühen 1990er Jahren ersetzt. Diese
Automaten können bekanntlich weder
Geldscheine annehmen, noch bieten sie das
volle Fahrkartensortiment des VBB an.
Auf dem IGEB-Fahrgastsprechtag Straßenbahn
2013 wurde Klaus-Dietrich Matschke,
Bereichsleiter Straßenbahn, gefragt, wann
denn die Flexitys nun endlich die neuen Automaten
erhalten. Die Antwort war ebenso
ernüchternd wie unverständlich: Für die Beschaffung
neuer Automaten sei der zentrale
Einkauf der BVG zuständig.
Schon deutlicher sind da die Antworten
der BVG auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten
Katrin Vogel (CDU). Da diese Fragen
vom Senat nicht beantwortet werden
konnten,
wurde die BVG um Stellungnahme
gebeten. Deren Antworten wurden dem
Abgeordnetenhaus am 2. Dezember 2013
mitgeteilt (Drucksache 17/12825).
Auf die Frage „Wie weit ist der Stand der
Planungen/Umsetzung bei der Einführung
neuer Ticketautomaten, die das Bezahlen
per EC-Karte oder Papiergeld ermöglichen,
in den Straßenbahnen der BVG?“ teilte die
BVG mit: „Gemäß der aktuellen Projektplanung
ist ein Rollout der mobilen Automaten
frühestens ab Q 1/2015 möglich. Das Projekt
NEFA (Neue Fahrausweisautomaten) befindet
sich derzeit bei der Erstellung der Pflichtenhefte,
daher ist die Terminkette noch
nicht abschließend festgelegt.“
Der erste Flexity Berlin
wurde – siehe oben –
2008 geliefert und in
Betrieb genommen!
Von einer normalen
Vorlaufzeit ausgehend,
dürfte also seit 2005 (!)
bekannt gewesen sein,
dass es neue Züge gibt.
Da ja bereits neue Automaten
in den Flexity
vorhanden waren, muss
davon ausgegangen
werden, dass es bereits
ein Pflichtenheft für
neue Automaten gibt.
Diese Antwort der BVG
ist also vollkommen unbefriedigend.
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Diesen Automaten, der Banknoten und EC-Karten annimmt, sollten die Fahrgäste in den neuen Straßenbahnen der BVG vorfinden. Doch als das nicht klappte, baute die BVG ihn aus den Flexity-Prototypen aus und setzt seither wieder alte Automaten ein. So müssen die BVG-Straßenbahnfahrgäste weiterhin in die saure Zitrone beißen und kleine wie große Beträge ausschließlich mit Münzgeld bezahlen. Foto: Michael Dittrich, Montage: Holger Mertens |
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Auf die Frage „Wieso
wurden mit der Einführung
der neuen
Fahrzeuge der Flexity-Baureihe nicht auch die
Ticketautomaten modernisiert?“
antwortete die BVG: „Bei der Planung
zur Erneuerung der Fahrausweisautomaten
wurde die Bestellung der Flexity in enger
Abstimmung mit dem Straßenbahn-Bereich
berücksichtigt. Eine direkte Erneuerung der
Automaten im Rahmen der Straßenbahnbeschaffung
konnte nicht realisiert werden,
da es sich bei den Automaten um ein eigenständiges
System handelt. Die Ausstattung
mit neuen Automaten in den Niederflurfahrzeugen
GT6 und der in Betrieb befindlichen
Flexitys sollte in der Ursprungsplanung bis
Ende 2014 erfolgen. Anschließend sollten
gelieferte Fahrzeuge direkt mit den neuen
Fahrausweisautomaten ausgestattet werden.
Dies konnte so nicht umgesetzt werden,
da es im Vergabeverfahren (durch juristische
Verfahren) zu einer Verzögerung von mehr
als 1,5 Jahren gekommen ist.“
Dass die neu gelieferten Fahrzeuge vom
Typ Flexity mit neuen Automaten ausgestattet
waren, wird von der BVG allerdings
verschwiegen. Durch die ohnehin zu hohen
Fahrpreise in Berlin soll der Fahrgast neben
seinem gewöhnlichen Gepäck nun offensichtlich
auch weiterhin einen Handroller
mit Kleingeld bei sich führen, wenn er seine
Fahrscheine in der Straßenbahn kaufen will.
Was ist ein Pflichtenheft?
Ein Pflichtenheft ist für eine Ausschreibung
erforderlich. In diesem Heft wird
festgelegt, welche Komponenten in
dem zu bestellenden Automaten vorhanden
sein müssen. Unter anderem
werden Angaben festgelegt wie die
Größe der Geldkassetten, die Anzahl
der Fahrscheinrollen, die Software und
natürlich auch die Zahlungsmöglichkeiten.
Selbstverständlich muss auch
festgelegt werden, dass die Automaten
mobil einsetzbar sein müssen.
Aber Achtung: Zwei-Euro-Münzen sollten
vermieden werden, denn die nehmen die
Automaten nur widerwillig an. Und auch
von den anderen Münzen sollte man stets
mehr als benötigt dabei haben. Denn auf die
Frage des Abgeordneten Danny Freymark
(CDU) „Welche Gründe liegen dafür vor, dass
oftmals insbesondere Kleingeld durch den
Automaten nicht angenommen und wieder
ausgegeben wird?“ antwortete die BVG: „Die
Automaten sind Ziel von Manipulationsversuchen,
so dass die Münzerkennungseinheit
beschädigt oder beeinträchtigt wird. Weitere
Ursachen sind verschmutztes oder stark
abgenutztes Geld, so dass die feine Sensorik
das Geld nicht mehr erkennen kann.“ (Kleine
Anfrage, beantwortet vom Senat am 4. September
2013, Drucksache 17/12523)
Diese Antwort unterstreicht, wie dringlich
es ist, dass Straßenbahnfahrgäste endlich
auch Automaten bekommen, an denen sie
mit Scheinen zahlen können. Doch wenn
man von den in Berlin üblichen Verzögerungen
ausgeht, dürfte mit der Inbetriebnahme
neuer Automaten nicht vor Ende 2015 zu
rechnen sein. Bis dahin laufen also Touristen,
die nicht wissen, dass in der Straßenbahn
nicht mit Geldscheinen gezahlt werden
kann, und andere Fahrgäste, die nicht genügend
Kleingeld haben, Gefahr, als Schwarzfahrer
abstempelt zu werden.
Dieser unhaltbare Zustand muss schneller
beendet werden! Andere Verkehrsbetriebe
haben gezeigt, dass das möglich ist. (md) IGEB Stadtverkehr
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