Den Löwenanteil
machen dabei die sogenannten
Regionalisierungsmittel aus, die basierend
auf dem „Gesetz zur Regionalisierung des
öffentlichen Personennahverkehrs (Regionalisierungsgesetz
– RegG)“ von 1993 nach
einem festen Schlüssel (Abb. 1) verteilt werden.
Die Laufzeit war allerdings beschränkt
worden, und so steht jetzt die Überprüfung
und Neuverhandlung der Mittelverteilung
an. Das große Tauziehen um das Geld hat
begonnen.
Money makes the world go round!
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Grafik: BfVSt |
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Diese Erkenntnis gilt überall, auch beim
Eisenbahnverkehr. Während der Schienenpersonenfernverkehr
(SPFV) seine Kosten
fast ausschließlich durch die Fahrgeldeinnahmen
von den Kunden decken muss,
wird der SPNV vom Bund (letztendlich vom
Steuerzahler) aus dem Aufkommen der Mineralölsteuer
mitfinanziert. Diese nicht unerhebliche
Finanzspritze sollte und soll die
Sicherstellung von Verkehrsleistungen im
öffentlichen Personennahverkehr unterstützen
und gemäß § 6 Abs.1 RegG insbesondere
der Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs
dienen.
Diese Formulierung ist problematisch,
denn „insbesondere“ heißt, dass bis dato
die Mittel zum überwiegenden Teil, aber
nicht ausschließlich für den SPNV genutzt
wurden. Bei der Verteilung und Verwendung
der Mittel ließ der Bund den Ländern
weitestgehend freie Hand. So konnte jedes
Bundesland für sich entscheiden, wieviel
Geld der Schiene vorenthalten wurde,
um
andere Verkehrsausgaben zu decken, die eigentlich
aus anderen Mitteln zu bestreiten
wären (siehe Tabelle 1). Erst seit der letzten
Revision müssen die Länder die Mittelverwendung,
wenn auch nicht rechtfertigen, so
doch zumindest offenlegen.
Die Unterstützungsleistung war in den
Jahren 1994 bis 2007 noch recht großen
Schwankungen unterworfen. Eine solide
langfristige SPNV-Planung war damit kaum
möglich. Besonders kritisch wirkten sich
dabei die drastischen Einschnitte durch die
Haushaltsbegleitgesetze von 2006/2007 aus
(siehe Tabelle 2). So legte man bei der Revision
2007 für das Jahr 2008 einen Betrag in
Höhe von 6,675 Mrd. Euro fest, der in den
Folgejahren konstant um jeweils 1,5 Prozent
angehoben wurde (§ 5 Abs. 1 & 2 RegG).
Wunderkiste SPNV/ÖPNV-Finanzierung
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Tabelle 1: Die Bundesländer haben ihre Regionalisierungsmittel sehr unterschiedlich auf SPNV, ÖPNV und anderes aufgeteilt. Datenstand der Länder: 2011 ( * = 2010) Quelle: Bundesregierung (DS 18/537 vom 17.2.2014) |
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Aus dem Geldsäckel der Regionalisierungsmittel
werden nicht nur Schienenverkehrsleistungen
im Nah- und Regionalverkehr
bezahlt, sondern auch Schienenverkehr,
der gesetzlich zum ÖPNV zählt (U-Bahn,
Straßenbahn, Stadtbahn), städtische und
regionale Busverkehre, kleine und mittlere
Bauprojekte mit und ohne ÖPNV-Bezug und
vieles andere mehr. Dabei werden die Regionalisierungsmittel
auch zusammen mit
Geldern aus anderen Finanzierungsquellen
eingesetzt. Hier spielen für den infrastrukturellen
Neu-/Ausbau die Bundesmittel aus
dem Entflechtungsgesetz, dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz
GVFG und der
Nahverkehrsanteil von 20 Prozent am Bundesschienenwegeausbaugesetz
BSchWAG
eine große Rolle.
In die Finanzierung der öffentlichen Verkehre
fließen außerdem Gelder z. B. aus Ausgleichszahlungen
für Schwerbehinderte (§§
148 ff. SGB IX) oder Schülerverkehre (§ 45a
PBefG). In vielen kleinen und mittleren Städten
ist der ÖPNV in den Stadtwerken eingegliedert,
was die Quersubventionierung aus
der meist gewinnträchtigen Energiesparte
(Strom, Gas, Wasser) erleichtert. Dass so etwas
auch schief gehen kann, ist aktuell in
Gera zu sehen (siehe Seite 29).
Zu guter Letzt macht mit über einem Drittel
die Nutzerfinanzierung den Löwenanteil
an der Gesamtfinanzierung des ÖPNV aus.
In Summe ist die „Schatzkiste SPNV/ÖPNV“
etwa 25 Milliarden Euro schwer, wobei kaum
nachzuvollziehen ist, woher jeder Euro im
Einzelnen kommt.
Schon seit Beginn der Bahnreform regiert
der Rotstift. Offen in Form von Streichungen,
aber auch im Verborgenen durch die
Etablierung einer Dumpingmentalität. Oft
gerieten bei Ausschreibungen qualitative
Kriterien ins Hintertreffen, wenn nur der
Preis stimmte. Da wurden mal Wartungszyklen
ausgedehnt, Service durch Personalabbau
abgeschafft und bei den verbliebenen
Personalen die Lohnkosten gedrückt. Noch
immer gibt es bei einigen Eisenbahnverkehrsunternehmen
Vollzeitmitarbeiter, die
aufstocken müssen.
Wohin SPNV-Dumping führen kann, zeigte
2003 anschaulich das Insolvenzverfahren
der Flex AG. Sie hatte Ende 2002 den
Zuschlag für die Strecke Hamburg—Flensburg—Padborg
(DK) bekommen, weil bei
ihrem Angebot der Anteil der öffentlichen
Zuschüsse an der Verkehrsfinanzierung am
geringsten ausfiel.
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Abb. 1: Die gegenwärtigen Anteile der Bundesländer an den Regionalisierungsmitteln werden heiß diskutiert. Ist die Verteilung noch gerecht? Grafik: BfVSt |
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Alles wird teurer, auch auf der Schiene. Das
Ministerium für Verkehr und Infrastruktur in
Baden-Württemberg hat für sein Bundesland
eine Kostensteigerung zwischen 2011
und 2012 um insgesamt 49,79 Mio. Euro errechnet
(siehe Tabelle 3). Im selben Zeitraum
stiegen die Regionalisierungsmittel lediglich
um 10,9 Mio. Euro. Die höchsten Anteile
an der Kostensteigerung machen dabei die
Trassen- und Stationsentgelte aus. Sie seien
von 2009 bis 2013 um etwa 30 Prozent gestiegen,
heißt es aus dem Ministerium.
Auch der VBB hat immer wieder darauf
hingewiesen, dass die jährliche Steigerung
der Regionalisierungsmittel um 1,5 Prozent
nicht ausreicht, um die sehr viel stärker steigenden
Trassen- und Stationspreise bezahlen
zu können, so dass jedes Jahr weniger
Geld für die Bestellung von Verkehrsleistungen
in Berlin und Brandenburg zur Verfügung
steht.
Diese schleichenden Mittelkürzungen der
vergangenen Jahre müssen ausgeglichen
werden. Daher fordern die Landesverkehrsminister
eine Erhöhung des Gesamtvolumens
von 7,30 Mrd. Euro auf 8,50 Mrd. Euro
ab 2015, um die bisherigen Mittelverluste
zu kompensieren. Damit der Verkehr auch
in den Folgejahren zumindest im gleichbleibenden
Umfang gewährleistet werden kann,
soll nach ihren Vorstellungen die Dynamisierungsrate
der Bundesmittel von 1,5 auf
künftig 2,8 Prozent erhöht werden.
Jeder will alles – und alle noch mehr!
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Tabelle 2: Entwicklung der Gesamthöhe der Regionalisierungsmittel (1996-2001 DM in Euro umgerechnet) |
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Die Verteilung zwischen den Bundesländern
ist ein weiterer großer Streitpunkt in
der Debatte um die Regionalisierungsmittel.
So bekommt beispielsweise Nordrhein-Westfalen bisher 15,76 Prozent vom großen
Kuchen ab, verweist aber darauf, dass es für
21,80 Prozent der Bundesbürger zu sorgen
habe. Auch die Länder Baden-Württemberg
und Hamburg sehen sich benachteiligt und
stiegen in die Neiddebatte ein.
Dass der aktuelle Verteilungsschlüssel,
der im Wesentlichen auf den Zugleistungen
in den Jahren 1993/94 beruht, nicht mehr
zeitgemäß ist, mag unbestritten sein, aber
den Bevölkerungsanteil als dominierende
Kennziffer zu nehmen, brächte bevölkerungsarme
strukturschwache Flächenländer
wie beispielsweise Rheinland-Pfalz,
Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg
in große Bedrängnis. Würde der Anteil
an den Mitteln insbesondere der ostdeutschen
Flächenländer unterhalb der jetzigen
Beträge gekürzt, hätte das fatale Folgen.
Weitere Strecken müssten ausgedünnt oder
ganz gestrichen werden. Ein Teufelskreis
würde entstehen, Regionen mit schwacher
Infrastruktur würden aussterben. Hat Oma
Erna im Kreis Ostprignitz weniger Anspruch
auf gleichmäßigen Taktanschluss als Onkel
Heinz in Oberhausen, nur weil NRW eine höhere
Bevölkerungsdichte hat!? Der Berliner
Fahrgastverband IGEB meint: Nein! Jeder
Bürger hat das gleiche Recht auf Mobilität!
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Abb. 2: Was kostet uns guter Nahverkehr? Woher kommen die Mittel und wohin fließen sie? Keiner weiß es wirklich genau! Daten: cnb – geschätzte Anteile der Finanzierungsquellen für den NV 2008. |
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Doch wonach soll sich die künftige Aufteilung
richten? Nach dem Bevölkerungsanteil,
nach dem Flächenanteil oder nach den tatsächlich
nachgewiesenen Verkehrsleistungen
im SPNV wie damals anno 1993? Käme
die letzte Kennziffer zum Tragen, hätten jene
Länder gut Lachen, die dem Sinn des Gesetzes
entsprechend die höchste SPNV-Quote
bei der Verwendung der Regionalisierungsmittel
haben. Beispielsweise betrug sie 2012
in Rheinland-Pfalz 90,55 Prozent. Länder wie
Hamburg, Bremen, Berlin, aber auch Niedersachsen
und Sachsen, die ein Drittel und mehr
für andere Dinge ausgeben, hätten schlechte
Karten im Prozentepoker. Da würde auch die
späte Einsicht des Niedersächsischen Landtags
nicht mehr helfen, der ad hoc viel mehr
Verkehr auf die Schiene bringen will, um besser
dazustehen (DS 17/1593).
Wie könnte eine gerechte Verteilung aussehen?
Sie sollte die Fläche UND die Bevölkerung
als feste Faktoren beinhalten sowie
die Bevölkerungsdichte als Erschwernis der
Stadtstaaten berücksichtigen, aber auch die
zweckentsprechende Verwendung belohnen
und Angebotsverbesserungen sowie
Kundenzufriedenheit nicht außer Acht lassen
sondern honorieren. Die Prämienfaktoren
sollten im Zweijahresrhythmus überprüft
und angepasst werden.
Das Rad muss neu erfunden werden!
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Tabelle 3: Kostensteigerungen für den SPNV in Baden-Württemberg 2011 zu 2012 |
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Die Finanzierung des SPNV und ÖPNV ist
ein Sammelbecken von Geldflüssen aus
verschiedensten Quellen. Wieviel genau
woher kommt und wohin weiterfließt, ist
mangels transparenter Dokumentation
nicht immer eindeutig nachvollziehbar. Das
Auslaufen der verschiedenen Infrastrukturförderungen
(GVFG, EntflechtG) sollte zum
Anlass genommen werden, die gesamte Finanzierung
neu zu ordnen. Dabei muss klar
getrennt werden zwischen der Finanzierung
der Verkehre und der Infrastruktur (Neubau,
Ausbau und Instandhaltung).
Die aktuell zur Diskussion stehenden Regionalisierungsmittel
müssen ein auskömmliches
Volumen aufweisen, um auch künftig
einen qualitativen Nahverkehr flächendeckend
anbieten zu können, ohne dass Regionen
vom Schienennetz abgeklemmt werden
und obendrein von Freitagmittag bis Montagmorgen
keinen Bus sehen. Ohne die Kürzungen
2006/2007 würden bei realistischer
Dynamisierung heute etwa neun Milliarden
Euro pro Jahr für den SPNV zur Verfügung
stehen. Das muss der Ausgangspunkt für
2015 sein. Hierauf muss eine jährliche Erhöhung
angerechnet werden, die einerseits die
reale Kostensteigerung abdeckt, aber auch
Anreize zur qualitativen und quantitativen
Weiterentwicklung von SPNV und ÖPNV bietet.
Die Zweckbindung zur Bestellung von
Verkehrsleistungen des SPNV/ÖPNV muss
dabei detailliert definiert, festgeschrieben
und kontrolliert werden. (BfVSt)
Berliner Fahrgastverband IGEB
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