Im Winter 2014/15 gab es bisher wenig
Schnee. Aber als es schneite, fielen gleich
wieder S-Bahn-Züge aus. Hier muss die
S-Bahn GmbH noch mehr tun, um die Verfügbarkeit
der Züge zu verbessern. Aber die
großen Bremser sitzen derzeit woanders.
Zum Beispiel bei DB Netz. Denn an den
wenigen Schneetagen streikten wieder
mehrere Weichen. Dabei sollte dieses Problem
doch längst der Vergangenheit angehören.
S-Bahn zur Falkenseer Chaussee
abgelehnt
Aber auch in der Politik gibt es zahlreiche
Bremser. Die Verlängerung der S-Bahn von
Spandau nach Falkensee ist bisher bekanntlich
am Widerstand im Land Brandenburg
gescheitert, und für eine Verlängerung nur
innerhalb Berlins hat der Bund die Finanzierung
abgelehnt. Deshalb entschloss sich das
Land Berlin, eine Alternative zu untersuchen.
Diese sieht vor, die S-Bahn von Spandau
über eine Station an der Nauener Straße
auf der Trasse der Osthavelländischen Eisenbahn
zur Falkenseer Chaussee zu führen
und dort die Großsiedlung „Falkenhagener
Feld“ zu erschließen sowie zahlreichen Busfahrgästen
das Umsteigen auf die S-Bahn zu
ermöglichen (siehe u. a. SIGNAL 3/2008).
Die Untersuchung ergab einen Nutzen-Kosten-Faktor
weit über 1, aber dann legten
sich im Bezirk vor allem die beiden großen
Parteien SPD und CDU sowie diverse Anwohner
der Trasse quer. Am 18. November
2014 beschloss das Bezirksamt Spandau
einstimmig, „die Verlängerung der S-Bahn-Trasse
bis Johannesstift über das Falkenhagener
Feld auf der vorhandenen Trasse der
Osthavelländischen mit Führung über den
Seegefelder Weg, den Spektegrünzug und
die Falkenseer Chaussee abzulehnen.“ Damit
hat diese S-Bahn-Anbindung kaum noch
Chancen.
Umso wichtiger ist es, dass sich alle nun
wieder auf eine S-Bahn-Verlängerung von
Spandau nach Albrechtshof konzentrieren.
Für dieses Projekt gab es im Bezirk bisher
eine mehrheitliche große Unterstützung.
Außerdem böte ein solcher Bau bis unmittelbar
an die Landesgrenze zu Brandenburg
die Chance, dass dort doch noch zugunsten
einer Verlängerung nach Falkensee entschieden
wird.
S 21 teurer – Bund fordert neue NKU
Kaum besser steht es um das Projekt einer
zweiten Nordsüd-S-Bahn, die sogenannte
S 21. Zwar haben hier die Bauarbeiten auf
dem Abschnitt Gesundbrunnen—Hauptbahnhof
begonnen, aber es stellte sich
heraus, dass die Vorleistungen am Hauptbahnhof
unzureichend bzw. fehlerhaft ausgeführt
wurden (s. SIGNAL 2/2014). Das ist
vermutlich auf den Zeitdruck zurückzuführen,
den der seinerzeitige Bahnchef Hartmut
Mehdorn ausübte, um den Hauptbahnhof
rechtzeitig zur Fußball-Weltmeisterschaft
2006 fertig zu stellen. Obendrein zeichnet
sich ab, dass die Weiterführung der S 21 vom
Hauptbahnhof zum Potsdamer Platz nicht
so ausgeführt werden kann, wie bisher
geplant. Andererseits wäre der Abschnitt
Gesundbrunnen—Hauptbahnhof ohne die
Durchbindung zum Potsdamer Platz sinnlos.
Vor dem Hintergrund der vielen Probleme
und sicheren Mehrkosten verlangt der Bund
erneut eine Nutzen-Kosten-Untersuchung –
nun schon die dritte. Es wäre ein Desaster für
das Land Berlin, wenn deren Ergebnis unter 1
bliebe, weil dann die Zuschüsse des Bundes
entfallen bzw. zurückgezahlt werden müssten.
Doch so weit wird es vermutlich nicht kommen,
da es bekanntlich alle Beteiligten in der
Hand haben, die Rahmenbedingungen einer
Nutzen-Kosten-Untersuchung so festzulegen,
dass der Wert über oder unter 1 landet.
Doch selbst wenn der benötigte Wert
über 1 erreicht wird, sind der Zeitverzug und
die Mehrkosten gravierend und negative
Auswirkungen auf andere Projekte vorprogrammiert
– nicht nur bei der S-Bahn.
Kremmener Bahn-Ausbau verschoben
Hiobsbotschaften gibt es auch von der Kremmener
Bahn. Der zuletzt für die Jahre 2018/19
geplante Ausbau zwischen Schönholz und
Tegel mit der Möglichkeit eines 10-Minuten-Taktes
auf der S 25 bis Tegel wurde auf die
Zeit nach 2020 verschoben. Entsprechend
verzögert sich die dringend erforderliche und
von der Politik immer wieder versprochene
Durchbindung des RE 6 (Prignitz-Express) von
Hennigsdorf über Tegel nach Gesundbrunnen.
Ostkreuz-Umplanung nötig
Weitere Verzögerungen und Mehrkosten
zeichnen sich auch auf der komplizierten
Großbaustelle zwischen Ostbahnhof und
Ostkreuz ab. So müssen die neu verlegten
S-Bahn-Gleise abschnittsweise wegen
nicht mehr ausreichender Gleismittenabstände
verändert werden. Und am neuen
Empfangsgebäude für den S-Bahnhof Warschauer
Straße ruhen die Bauarbeiten wegen
möglicherweise fehlerhafter Planungen.
Hinzu kämen weitere Verzögerungen,
wenn die BVG auf dem Bahngelände zwischen
Warschauer Straße und Ostkreuz ihre
jetzt an der Warschauer Brücke endende
U-Bahn-Linie 1 zum Ostkreuz verlängern
würde. Mehr zu diesem umstrittenen Projekt
lesen Sie im nächsten SIGNAL.
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Die Variante der S-Bahn-Verlängerung zum Falkenhagener Feld über die Gleise der Osthavelländischen Eisenbahn wurde vom Bezirksamt Spandau abgelehnt. Nun muss endlich die „klassiche“ Variante Richtung Albrechtshof und Falkensee vorangetrieben werden. In der Zeichnung sind mögliche Bahnhofsstandorte vorgeschlagen Karte: FNP, Eintragungen: IGEB |
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Wer sich heute aus eigenem Erleben oder
den Medien die Euphorie nach dem Mauerfall
in Erinnerung ruft, muss deprimiert
feststellen, dass 25 Jahre später die Bremser
das Geschehen bestimmen, so dass die Entwicklung
der S-Bahn hinter den Anforderungen
der wachsenden Metropolregion Berlin
zurückzubleiben droht. Um diese fatale Entwicklung
noch abzuwenden, sind alle gefordert
– insbesondere aber der Bund, die Länder
Berlin und Brandenburg, die Deutsche
Bahn und die Bezirke – zum Beispiel Spandau.
Beschluss des Bezirksamtes Spandau:
www.berlin.de/imperia/md/content/baspandau/ba/14_11_18.pdf
Berliner Fahrgastverband IGEB
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