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Max beginnt seine Reise
am Friedrich-Wilhelm-Platz.
Die Uhr im Bahnhof zeigt
17.26 Uhr, als die U 9 Richtung
Osloer Straße abfährt.
Zum Zoo braucht die Bahn
acht Minuten, der Regionalexpress
Richtung Alexanderplatz
um 17.41 Uhr sollte
also gut zu erreichen sein.
Die Bahn fährt zügig, es gibt keinerlei Verzögerung.
Ankunft am Zoo, Max steigt aus,
geht direkt zur Treppe nach oben. Doch
was ist das? Es ist bereits 17.40 Uhr! Hätte
es nicht erst 17.34 Uhr sein dürfen? Egal,
weniger als eine Minute zum Umsteigen ist
nicht zu schaffen.
Da es bei der S-Bahn gerade eine Störung
gibt, macht Max gleich kehrt zur U 2 Richtung
Pankow. Nach einigen Minuten braust
ein HK-Zug in den Bahnhof. Max steigt
ein,
setzt sich, die Bahn fährt los. Langsam
schweift sein Blick umher und bleibt an der
Zugzielanzeige hängen, die zwischendurch
immer wieder die Uhrzeit anzeigt: 17.30
Uhr. Moment! Vier Minuten vom Friedrich-Wilhelm-Platz
in die U 2? Das ist sportlich!
Demnach hätte Max den Regionalexpress
am Zoo ja doch noch gut bekommen. Hier
stimmt was nicht. Am Wittenbergplatz ist
auch eine Uhr, sie zeigt – 17.40 Uhr.
Die Fahrt geht weiter. Draußen ist es
schon dunkel, man sieht eh nichts mehr,
also macht sich Max so seine Gedanken.
Bis zum 19. Jahrhundert wurden die Uhren
nach dem Sonnenstand gestellt. Erreichte
die Sonne im Tagesverlauf ihren höchsten
Stand, war es 12 Uhr. Da die Erde eine Kugelgestalt
hat und sich um ihre Achse dreht,
erreicht die Sonne im Osten Deutschlands
früher ihren Höchststand als im Westen, wo
es also abends auch später dunkel wird. Der
Zeitunterschied kann über eine halbe Stunde
betragen. Das heißt, die Uhren in Aachen
gingen über eine halbe Stunde den Uhren
in Görlitz nach.
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S-Bahnhof Pankow. Der spezielle DB-Service für zeitlos glückliche Menschen. Foto: Florian Müller |
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Der Zeitunterschied zwischen dem östlichsten
und dem westlichsten Punkt Berlins
beträgt immerhin 2 Minuten und 45
Sekunden. Sollte etwa die Uhr dieser Bahn
deswegen nachgehen, weil sie im westlich
vom Zoo gelegenen Ruhleben gestellt worden
ist? Unwahrscheinlich, denn seit dem
1. April 1893 gilt in ganz Deutschland die Mitteleuropäische
Zeit. Sie wurde eingeführt,
weil die Eisenbahn das Problem hatte, dass
sich Fahrpläne mit örtlich unterschiedlichen
Uhrzeiten nicht gestalten ließen. Zunächst
wurde daher eine „Eisenbahnzeit“ eingeführt,
die die Fahrplangestaltung erleichterte,
aber das Problem nicht behob, dass die
Reisenden nach jeder Reise die Uhren verstellen
mussten. Um auch diesem Problem
Herr zu werden, wurde die
Erde in Zeitzonen eingeteilt
und in Deutschland die Mitteleuropäische
Zeit eingeführt. Es war also gerade die
Eisenbahn, die eine exakte und einheitliche Uhrzeit
notwendig machte.
Mittlerweile ist Max am Spittelmarkt angekommen
und hat eigentlich keine Lust mehr, sich darüber zu ärgern,
dass ausgerechnet ein Bahnbetrieb mit der Zeitrechnung
nicht klarkommt. Es bietet sich an, zur Abwechslung
mit dem Bus 248 zum Südkreuz zu fahren. Dieser
soll um 18.00 Uhr fahren. Noch sechs Minuten bis zur
Abfahrt. Kein Problem. Der Fußweg dauert drei Minuten.
Doch an der Ampel rauscht
ein gelber Bus vorbei, auf dem Linienschild
steht 248! Aha, gibt es neben der Eisenbahnzeit
also auch eine Buszeit, die gegenüber
der gesetzlichen Zeit fünf Minuten vorgeht?
Verfrühte Busse gehören in Berlin zum ärgerlichen
Alltag, doch vielleicht geht ja auch nur
die Uhr von Max falsch. Also gut. 25 Minuten
Warten ist angesagt, vielleicht hat der Busfahrer
des nächsten Busses auch die Buszeit
eingestellt, dann sind es nur 20 Minuten. Am
Ende sind es 27 Minuten, weil der Bus zwei
Minuten gegenüber der gesetzlichen Zeit
verspätet ist.
Die Busfahrt verläuft ohne weitere Vorkommnisse.
Am Südkreuz möchte Max zur
Ringbahn, um zum Bundesplatz zu kommen.
In der Bahnhofhalle zeigt die Uhr 18.50 Uhr.
Auf dem Ringbahnsteig angekommen fällt
ihm die „Mobilitätsdrehscheibe“ auf und darunter
der Spruch: „Sehen Sie mit uns bald in
die Zukunft“. Die riesige Uhr aber zeigt 18.44
Uhr! Uhrenvergleich mit der am S-Bahnsteig:
Sie ist kleiner und zeigt 18.52 Uhr!
Aha! Bei der Bahn ist der Blick in die Zukunft
also die Vergangenheit. Das ist eigentlich
keine Neuigkeit. Hoffentlich nur
vertraut kein Bahnreisender dieser Uhr.
Ob er bei Verpassen des Zuges durch eine
um acht Minuten nachgehende Bahnhofsuhr
wohl von seinen Fahrgastrechten Gebrauch
machen kann? Wäre ja schließlich
Bahnverschulden.
Vielleicht sind ja deshalb in den Zwischenebenen
am Hauptbahnhof keine Uhren
aufgehängt worden … Grübelnd begibt
sich Max zur S 41, die ihn zum Bundesplatz
bringt. Dort scheint die Zeit stehen geblieben
zu sein. Die Zeiger der Bahnhofsuhr bewegen
sich nicht. Dennoch macht sich bei
Max eine wohltuende Erleichterung breit.
Endlich, endlich zeigt mal eine Uhr die korrekte
Zeit: Es ist fünf vor zwölf!
Michael Uhlemann
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