Seit dem Fahrplanwechsel 2015/16 kommen
nach jahrelangen Verzögerungen nun
auch die ersten neuen InterCity-Doppelstockzüge
zum Einsatz. Die Betriebskosten
der neuen Züge sind deutlich geringer als
bei den bislang eingesetzten Zugeinheiten.
Möglich wird damit ein wirtschaftlicherer
Fernverkehr auch jenseits der ICE-Hauptachsen
– eine wichtige Voraussetzung für die
notwendige Ausweitung des Fernverkehrsangebotes.
Die Einführung der ersten 27 „Intercity 2“
(IC2) – alles Doppelstockzüge – erfolgt dabei
in drei Schritten zwischen Dezember
2015 und März 2016. Seit Dezember 2015
verkehren sie zwischen Norddeich und
Leipzig (IC-Linie 56). Der Einsatzplan sieht
vor, dass voraussichtlich ab Februar 2016 die
Linie Dresden—Hannover—Köln (IC-Linie
55) umgestellt wird. Und ab ca. März 2016
soll die Linie Norddeich—Köln/Koblenz (IC-Linie
35) mit der Verlängerung zweier Zugpaare
über Kassel nach Weimar folgen.
Die neue Fahrzeuggeneration bietet damit
einerseits die Chance für Angebotsausweitungen,
andererseits für eine Reduzierung
der seit Jahren angespannten Fahrzeugverfügbarkeit.
Der Bahnkunde kann durch den
Einsatz der neuen Fahrzeuggeneration aber
auch technisch zuverlässigere Fahrzeuge
erwarten. Probleme beispielsweise in Form
defekter Klimaanlagen sollten deutlich seltener
werden.
Nachfolgend sind wesentliche Fahrplanänderungen
seit dem 13. Dezember
2015 im DB-Fernverkehr, insbesondere im
Verkehr von und nach Berlin, zusammengefasst:
IC-/EC-Linie 27 (Westerland/Kiel—)
Hamburg—Berlin—Prag(—Budapest)
|
Eine wichtige Neuerung im Fernverkehr der Deutschen Bahn ist seit dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember der planmäßige Einsatz der doppelstöckigen Intercity-Züge (IC2), die als erstes auf der IC-Linie 56 zwischen Norddeich und Leipzig verkehren. Foto: Christian Schultz |
|
Zwischen Hamburg Hbf und Dresden Hbf
wurde die Fahrzeit um über 15 Minuten auf
4:07 Stunden verkürzt; die Fahrzeit Berlin
Hbf—Dresden Hbf beträgt nunmehr 1:58
Stunden, in der Gegenrichtung 2:04 Stunden.
In der Relation Berlin—Hamburg wurde
das Angebot um zwei zusätzliche EC- bzw.
IC-Zugpaare auf ein nahezu zweistündliches
Angebot ausgeweitet.
Alle EC-/IC-Züge haben einen Systemhalt
in Büchen. Damit besteht 6-mal täglich
(anstatt bislang 4-mal) eine günstige Umsteigeverbindung
ab/bis Lübeck. Die Übergangszeit
in Büchen ist mit rund 20 Minuten
zudem deutlich entspannter als vor dem
Fahrplanwechsel.
Erfreulich auch: In den EuroCity-Zügen
dieser Relation kommen sukzessive umfassend
modernisierte Wagenzüge der tschechischen
Staatsbahn CD zum Einsatz. Neu
ist dabei auch die Fahrradmitnahmemöglichkeit.
Das Bordrestaurant ist weiterhin
Service-Bestandteil und damit ein Wettbewerbsvorteil
gegenüber den Fernbus-Angeboten.
Der Einsatz der ersten modernisierten EC-Wagen
erfolgt seit Dezember 2015, die vollständige
Umstellung ist für Sommer 2016
geplant. Abweichend kommen im Zugpaar
EC 172/173 Hamburg—Budapest Wagen
der ungarischen Bahn MAV zum Einsatz.
Die zum Fahrplanwechsel im Dezember
2014 eingestellte traditionelle umsteigefreie
EuroCity-Verbindung Hamburg—Berlin—Wien „Vindobona“ gibt es aber auch
im laufenden Fahrplanabschnitt nicht. Derzeit
beträgt die Umsteigezeit in Prag leider
knapp 1,5 Stunden! Die Durchbindung eines
RailJet-Zugpaars der Relation Wien—Prag
ab/bis Berlin bzw. Hamburg wäre daher
deutlich kundenfreundlicher.
IC-Linie 56 Norddeich Mole—Hannover—Leipzig
Auf dieser Linie werden erstmals die IC2-Züge
eingesetzt. Da ein durchgehender elektrischer
Betrieb mittlerweile bis Hof möglich ist,
bietet sich eine entsprechende Verlängerung
dieser zzt. in Leipzig Hbf endenden Linie an.
Verbindungen in die seit vielen Jahren vom
Fernverkehr abgehängte oberbayerische Region
würden so spürbar verbessert. Ein Korrespondenzhalt
mit kurzen Umsteigezeiten
ermöglichte zudem Anschlüsse in Richtung
Nürnberg und Regensburg.
ICE-/EC-Linie 75 Hamburg—Lübeck—Kopenhagen
|
Oberdeck der 2. Klasse im IC2. Die neuen Intercity-Doppelstockzüge sind ein wichtiger Bestandteil der Kundenoffensive der Deutschen Bahn im Fernverkehr. Foto: Christian Schultz |
|
Die Direktverbindungen in der Relation
Berlin—Hamburg—Aarhus/Kopenhagen
wurden eingestellt – eine vollkommen unverständliche
Entscheidung. Damit entfallen
umsteigefreie Bahnverbindungen von
europäischer Bedeutung, noch dazu zwischen
zwei Hauptstädten, und das Reisendenpotenzial
wird der Flugzeug-, Fernbusund
Pkw-Konkurrenz (die diese kundenfreundlichen
Direktverbindungen anbieten)
überlassen. Derartige Kürzungen stehen in
krassem Gegensatz zu der Zielsetzung eines
einheitlichen europäischen Verkehrsraumes.
EC-Linie 99 Hamburg—Lüneburg—Stendal—Berlin—Wrocław
Obwohl Wrocław (Breslau) 2016 Europäische
Kulturhauptstadt wird, gibt es in dieser
Relation auch weiterhin kein regelmäßiges
Angebot auf der Schiene. Es ist aber immerhin
an Sonnabenden, Sonn- und Feiertagen
ein Kulturzug Berlin—Cottbus—Forst—Wrocław
geplant. Start des Kulturzuges ist
der 30. April 2016, die Verkehrszeit erstreckt
sich bis zum Sommer. Die Fahrzeit beträgt
rund 4,5 Stunden.
Zwischen Dresden und Wrocław verkehren
dagegen erfreulicherweise wieder drei
RegionalExpress-Zugpaare täglich (am Wochenende
mit Einschränkungen). Ein ausführlicher
Bericht zu den Änderungen im
Bahnverkehr Deutschland—Polen folgt in
SIGNAL 1/2016.
ICE-Linie 10 Berlin—Köln—Bonn—Koblenz bzw.
Berlin—Düsseldorf—Köln/Bonn Flughafen
Diese Linie beginnt bzw. endet nunmehr in
Berlin Gesundbrunnen und nicht mehr in
Berlin Ostbahnhof (mit dem Laufweg über
Berlin-Spandau und Berlin Hbf tief). Begründet
wurde diese Maßnahme mit Trassenkonflikten
auf der Stadtbahnstrecke. Damit ist
der für Friedrichshain-Kreuzberg und die
östlich angrenzenden Bezirke wichtige Ostbahnhof
als Fernbahnhof weiter entwertet
worden.
ICE-Linie 15 Frankfurt (Main)—Erfurt—Halle (Saale)—Berlin
|
Das DB-Nachtzugangebot ist akut gefährdet und soll nun bereits Ende 2016 eingestellt werden. Damit würde u. a. auch die Möglichkeit der Fahrradmitnahme weiter erschwert. Die Hoffnungen der Nachtzugreisenden richten sich derzeit auf die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), die überlegen, zumindest einen Teil der DB-Nachtzugverbindungen zu übernehmen. Foto: Christian Schultz |
|
Diese ICE-Sprinterverbindung wurde mit Inbetriebnahme
der Neubaustrecke neu eingeführt.
Zwischen Frankfurt am Main und
Berlin verkehren vier, im Abschnitt Erfurt—Berlin
zwei weitere Zugpaare. Die Fahrzeit
zwischen Berlin Hbf und Frankfurt (Main)
Hbf beträgt 3:53 Stunden. Zum Vergleich:
Die ICE-Sprinterverbindung mit dem Laufweg
über Göttingen ist mit 3:40 Stunden
zwar noch etwas schneller, aber gegenüber
dem ICE-Stundentakt Berlin—Frankfurt
(Main) über Braunschweig beträgt die Reisezeitverkürzung
mit dem Sprinter über Halle
15 Minuten.
In der Relation Erfurt Hbf—Berlin Hbf
wird eine Fahrzeit von 1:49 Stunden erreicht,
was einer Fahrzeitverkürzung von rund 50
Minuten gegenüber dem bisherigen Fahrplan
entspricht.
ICE-Sprinter jetzt ohne Aufpreis
Seit dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember
2015 sind bei allen ICE-Sprinterverbindungen
sowohl der Sprinter-Aufpreis als auch
die Reservierungspflicht entfallen. Diese
Maßnahme trägt somit zur Vereinfachung
des Tarifsystems bei.
Zusätzlich zu den beiden ICE-Sprinterverbindungen
Berlin—Frankfurt (Main) soll
Berlin ab Dezember 2017 einen Sprinter Berlin—Nürnberg—München erhalten.
In der nachfragestarken Relation Berlin—Rhein-Ruhr
ist eine derartige Schnellverbindung
bislang leider nicht geplant, das
Potenzial wäre aber vorhanden (ggf. mit der
Möglichkeit einer umsteigefreien Durchbindung
über Köln Hbf hinaus ab/bis Brüssel).
ICE-Linie 28 Binz bzw. Hamburg—Berlin—München
Die Fahrplanlage dieser Linie wurde um
30 Minuten verschoben. Sie wird vorübergehend
stündlich über Leipzig und Naumburg
geführt.
Im Zeitraum vom 12. Januar bis 3. September
2016 wird die Linie 28 zweistündlich
über Erfurt, Fulda und Würzburg
umgeleitet. Der Streckenabschnitt Bamberg—Lichtenfels
wird zur Einbindung
der Neubaustrecke Erfurt—Ebensfeld in
die Bestandstrasse dann voll gesperrt. Bis
Leipzig bleibt aber ein stündlicher Takt
erhalten.
Im Fernverkehr sind pro Tag rund 6000
Reisende von den Auswirkungen dieser
Großbaustelle betroffen.
ICE-Linie 50 Dresden/Leipzig—Erfurt—Frankfurt (Main)/Wiesbaden
Die Züge dieser Linie verkehren im Stundentakt
über die Neubaustrecke Halle/Leipzig—Erfurt.
Zu Fahrzeitverkürzungen hat dabei
nicht nur die Schnellfahrstrecke, sondern
auch die Auflösung der in 2014/2015 notwendigen
Fahrzeitverlängerungen durch
die Bautätigkeit im Knoten Leipzig geführt.
Die Fahrzeiten betragen beispielsweise in
der Relation Frankfurt (Main) Hbf—Leipzig
Hbf nunmehr 3:03 Stunden (Fahrzeitverkürzung
ca. 20 bis 50 Minuten), auf der Strecke
Frankfurt (Main) Hbf—Dresden Hbf 4:17
Stunden (Fahrzeitverkürzung rund 60 Minuten).
ICE-Linie 82 Frankfurt (Main)—Paris Est
TGV-Linie 83 München—Paris Est
Ursprünglich war ab 3. April 2016 (nach
Inbetriebnahme des 106 km langen Neubaustreckenabschnitts
Baudrecourt—Vendenheim)
eine Verbesserung des Angebots
in der Relation Frankfurt (Main)—Paris geplant.
Zwischen Frankfurt (Main) und Paris
ist dabei eine Ausweitung von fünf auf sechs
Zugpaare vorgesehen (vier Zugpaare via
Mannheim/Saarbrücken und zwei Zugpaare
via Karlsruhe/Strasbourg), in der Relation
Stuttgart—Paris von vier auf fünf Zugpaare.
Durch Nutzung der Schnellfahrstrecke
sollen sich die Fahrzeiten ab München bzw.
Stuttgart um ca. 30 Minuten und um 10 Minuten
ab Frankfurt (Main) verkürzen. Aber
angesichts des schweren TGV-Unglücks im
Rahmen einer Testfahrt am 14. November
2015 ist der 3. April nicht mehr zu halten.
Railjet-Linie 90 München—Wien—Budapest
Die im 2-Stunden-Takt verkehrenden Railjet-Züge
wurden um rund 30 Minuten beschleunigt.
Die Fahrzeit beträgt nunmehr
6:45 Stunden. Grund dafür ist der Ausbau
des Bahnknotens Wien.
Entwicklung im DB-Nachtreisezugverkehr
weiter kritisch
|
Unverständlich. Die DB hat das einzige ICE-Zugpaar Berlin—Flensburg—Aarhus bzw. Berlin—Kopenhagen (immerhin eine Verbindung zwischen zwei europäischen Hauptstädten!) eingestellt. Foto: Christian Schultz |
|
Überwiegend unerfreulich ist weiterhin die
Entwicklung im DB-Nachtreisezugverkehr.
Nachdem bereits vor dem Fahrplanwechsel
im Dezember 2014 die Verbindung
Basel—Frankfurt (Main)—Hamburg—Kopenhagen
eingestellt wurde, einschließlich
der Wagengruppen Prag—Berlin—Kopenhagen
und Amsterdam—Köln—Kopenhagen,
mit dem Fahrplanwechsel 2014 dann
die CNL-Verbindung Berlin—Paris entfiel
mit den Wagengruppen Hamburg—Paris
und München—Paris, traf dieses Schicksal
nun auch die Nachtzugverbindung Berlin—München.
Unverständlich ist diese Entscheidung
insbesondere vor dem Hintergrund,
dass spürbare Fahrzeitreduzierungen mit
ICE-Tagesverbindungen erst nach Inbetriebnahme
der Neubaustrecke Erfurt—Ebensfeld
Ende 2017 wirksam werden.
Nachteile ergeben sich aus der Nachtzugeinstellung
Berlin—München auch für
diejenigen Reisenden, die ihr Fahrrad mitnehmen
möchten. Leider wurde auch nicht
die Chance einer Attraktivitätssteigerung
genutzt, zum Beispiel durch eine Weiterführung
über München hinaus als Direktverbindung
ab/bis Verona.
Neu angeboten wird eine CNL-Verbindung
Hamburg—Stuttgart/Ulm. Ebenfalls
werden nunmehr CNL-Halte in Gütersloh,
Lüneburg und Kassel-Wilhelmshöhe angeboten.
Die saisonale Durchbindung der
CNL-Verbindung Zürich—Berlin ab/bis Binz
erfolgt häufiger und neu über Rostock.
Brisant sind trotz punktueller Verbesserungen
die Ankündigungen der Deutschen
Bahn (und dies ausgerechnet auch noch
anlässlich des Klimagipfels in Paris!), das
Nachtreisezugangebot Ende 2016 komplett
einstellen zu wollen. Nachtbusse,
Nacht-ICE und letztlich das Flugzeug sind
dann die zweifelhafte Alternative. Sollten
derartige Pläne Realität werden, wäre die
Reisequalität auf einem neuen Tiefpunkt
angelangt. Sitzwagen mögen im Nachtreiseverkehr
zur Ergänzung des Angebots
zweifellos ihre Berechtigung haben, die
Möglichkeit der Schlaf- bzw. Liegewagennutzung
stellt jedoch einen deutlichen
Wettbewerbs- bzw. Komfortvorteil des
Schienenverkehrs dar.
Fernverkehrsangebote
privater Anbieter
Seit Juli 2012 stellt das privatwirtschaftliche
Bahnunternehmen Hamburg-Köln-Express
(HKX) mit seinen Bahnangeboten zwischen
Hamburg und Köln eine Alternative zum
DB-Fernverkehrsangebot dar. Das Angebot
wurde seit dem 13. Dezember 2015 einerseits
teilweise ab/bis Frankfurt (Main) Hbf
ausgeweitet, andererseits aber auf nachfragestarke
Wochentage von Donnerstag bis
Sonntag einschränkt.
Ab September 2016 plant das Unternehmen
LOCOMORE ein tägliches Zugpaar
in der Relation Stuttgart Hbf—Frankfurt
(Main) Süd—Göttingen—Hannover Hbf—Berlin Zoologischer Garten(!)—Berlin
Hbf—Berlin-Lichtenberg. Weitere Linien sollen ab
2017 in den Relationen Bonn—Köln—Berlin,
Berlin—Stralsund—Binz und München—Stuttgart—Frankfurt (Main) folgen. Man
darf gespannt sein.
Bereits ab dem 18. März 2016 sind durch
„DerSchnellzug.de GmbH“ die Verbindungen
Stuttgart—Würzburg—Hannover—Hamburg geplant (allerdings nur von Freitag
bis Sonntag) und Stuttgart—Koblenz—Aachen (nur an Montagen).
Diese spärliche Entwicklung verdeutlicht
die unverändert ungünstigen Rahmenbedingungen
für eigenwirtschaftliche
Angebote im Schienenpersonenfernverkehr
(SPFV). Hierzu tragen neben
Fragen der Fahrzeugbeschaffung ganz
wesentlich die zu hohen Trassen- und
Stationspreise bei, die umfassende Angebotsverbesserungen
und damit mehr Verkehr
auf der umweltfreundlichen Schiene
verhindern.
Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV) und
IGEB Fernverkehr
|