Stadtverkehr

Achtung Zwillinge!

Doppelt vergebene Haltestellennamen in Berlin

Der Name einer Haltestelle ist normalerweise ein Alleinstellungsmerkmal und unterscheidet eine Haltestelle von den anderen Haltestellen. Dieses System hat natürlich seine Grenzen, je größer das abzudeckende Gebiet wird, doch zur Unterscheidung wird dann meist der Ortsname verwendet, um die Eindeutigkeit zu erreichen.

Etwas anders sieht das in Berlin aus. Beim Verwenden der Fahrplanauskunft wird für einige Haltestellen eine besondere Aufmerksamkeit verlangt, denn schnell kann eine völlig falsche Verbindung herauskommen, wenn zwar der eingegebene Name stimmt, aber die falsche Haltestelle erwischt wird. Das liegt darin begründet, dass das Präfix S oder U hier als Teil des Namens gilt.

Stationsnahmen
Gleich und doch nicht gleich: Achtung beim Haltestellen-Memory! Wer sich nur die Namen merkt, deckt unter Umständen das falsche Paar auf. Fotos: Michael Dittrich, Tom Gerlich, Jens Ullrich, Matthew Younce Idee und Gestaltung: Holger Mertens

„S+U Alexanderplatz“ heißt zum Beispiel die Bushaltestelle in der Karl-Liebknecht-Straße auf Höhe der Rosa-Luxemburg-Straße, die nur in Richtung Spandauer Straße existiert. „U Alexanderplatz“ ist dagegen die Straßenbahnhaltestelle auf dem Alexanderplatz und die dazugehörige Nachtbushaltestelle in der Alexanderstraße. Dieser Fall ist relativ unproblematisch, denn beide Haltestellen gehören zu einem ganzen Konglomerat an fußläufig erreichbaren Haltestellen am Alexanderplatz.

Ähnlich unproblematisch sieht es an der Warschauer Brücke aus, wo die Haltestelle „S Warschauer Straße“ nördlich und „S+U Warschauer Straße“ südlich der Brücke liegt.

In anderen Fällen war oder ist das nicht ganz so einfach. Ein besonders schönes Beispiel für Verwechselungsgefahr bot die Haltestelle „Berliner Straße“ bis zum letzten Fahrplanwechsel – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Deutlich bekannter ist die Haltestelle „U Berliner Straße“ in Wilmersdorf, an der sich die U-Bahn-Linien U 7 und U 9 im dichten Takt kreuzen. Die bisherige Haltestelle „Berliner Straße“ (ohne „U“) ist dagegen gut 15 km (Luftlinie) entfernt in Blankenfelde zu finden. Allerdings nicht das als Endstation der S-Bahn bekannte Blankenfelde im Landkreis Teltow-Flämig, sondern das dörfliche Berlin-Blankenfelde im Bezirk Pankow. Das Angebot unterscheidet sich deutlich, denn der Abzweig der Linie 107 nach Arkenberge wird nur alle 60 Minuten bedient. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2015 wurde diese Bushaltestelle umbenannt: „Hauptstraße/Berliner Straße“ ist zwar ähnlich nichtssagend und hätte große Chancen auf einen Treffer im Straßennamenbingo, aber ein versehentliches weglassen des „U“ kann nun nicht mehr zur Verwechslung führen.

Ein ähnlich extremer Fall verbarg sich hinter dem Namen „Augsburger Straße“. Während sich der U-Bahnhof „U Augsburger Straße“ der Linie U 3 noch zur City West zählen lässt, lag die Bushaltestelle „Augsburger Straße“ 14 km entfernt am südlichen Stadtrand in Lichtenrade. Sie heißt seit dem 13. Dezember 2015 nun „Wittelsbacher Straße/Augsburger Straße“.

Mit den Haltestellen „Westfälische Straße/Konstanzer Straße“ (U Konstanzer Straße), „Eisenacher Straße/Hohenstraufenstraße“ (U Eisenacher Straße) und „Unter den Eichen/Botanischer Garten“ (S Botanischer Garten) verloren zum Fahrplanwechsel noch drei weitere S- und U-Bahnhöfe ihre präfixlosen Zwillinge.

Der S-Bahnhof Ahrensfelde erhielt seine Alleinstellung bereits zum Zeitpunkt der Straßenbahneröffnung vom Nordbahnhof zum Hauptbahnhof. Die Straßenbahnen der Linien M 8 und 16 schildern seither „Ahrensfelde/Stadtgrenze“ als Fahrziel.

Die Zahl der Doppelgänger wurde zwar im Jahr 2015 deutlich reduziert, aber die „Mission“ ist noch nicht beendet.

Neuer Spitzenreiter ist das Pärchen „U Scharnweberstraße“ und „Scharnweberstraße“ mit gut 12 km Entfernung zueinander. Während der U-Bahnhof im Norden der Stadt östlich des Flughafens Tegel an der U 6 liegt, befindet sich die Straßenbahnhaltestelle Scharnweberstraße in der Nähe vom Bahnhof Frankfurter Allee. Irritierenderweise wird letztere von der BVG in der Fahrgastinformation immer wieder falsch als „Müggelstraße“ oder gar „S+U Frankfurter Allee (Müggelstraße)“ bezeichnet, so dass sich die Frage stellt, warum die Haltestelle nicht ganz offiziell den internen Namen der Wendeschleife „Müggelstraße“ erhalten hat. Alternativ würden sich hier „Weichselstraße“ oder „Traveplatz“ anbieten.

Ein weiterer Umbenennungskandidat ist die Straßenbahnschleife Gehrenseestraße mit der gleichnamigen Haltestelle, die 1,2 km vom S-Bahn-Haltepunkt „S Gehrenseestraße“ entfernt liegt. Die Besonderheit bei diesem Paar liegt darin, dass beide Haltestellen durch die Buslinie 294 miteinander verbunden werden. Spätestens mit dem Umbau der Straßenbahnanlagen und der Verschiebung der Haltestelle an die Kreuzung Hauptstraße/Rhinstraße sollten die Haltestellennamen in Alt-Hohenschönhausen angepasst werden.

Aber auch wenn die Berliner Zwillinge unter den Haltestellennamen eines Tages alle beseitigt sein sollten, gilt es Vorsicht zu bewahren und beim Klick auf die angebotenen Haltestellennamen auf die Details zu achten, denn schnell ist der Potsdamer anstelle des Berliner Hauptbahnhofs ausgewählt oder die Straßenbahnhaltestellen „Rahnsdorfer Straße“ zwischen Schöneiche (bei Berlin) und Mahlsdorf werden vertauscht und eine Haltestelle „Westkreuz“ (allerdings ohne „S“) gibt es auch in Frankfurt – jenes an der Oder, nicht am Main. (ge)

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 1/2016 (März 2016), Seite 24-25

 

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