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Rückblick
Seit Jahren steigen die Fahrgastzahlen der
BVG. 2015 war erstmals die Milliardengrenze
übersprungen worden, 2016 waren es
bereits 1045 Millionen Fahrgäste, ein Plus
von 35 Millionen gegenüber dem Vorjahr.
Auch die Abonnentenzahlen stiegen weiter:
Ende 2016 gab es 457 000 Abonnenten bei
der BVG.
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Mit rund 100 Teilnehmern war der Fahrgastsprechtag mit BVG-Chefin Nikutta wieder gut besucht. Foto: Florian Müller |
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Die Mitarbeiterzahl im Konzern beträgt
jetzt 14 400. Das sind zwar 2000 mehr seit
Amtsantritt Nikuttas im Jahr 2010, aber immer
noch zu wenige. Mit dem derzeitigen
Personal können gerade einmal die Planleistungen
bewältigt werden, eine Reserve
ist jedoch nicht vorhanden, so dass Krankheiten
schnell zu Fahrtausfällen führen. Hinderlich
für das Personalwachstum ist auch
die Ausbildungskapazität, die erst nach und
nach wieder erhöht werden kann, nachdem
sie – wie auch die Personalzahl insgesamt –
in den letzten beiden Jahrzehnten aufgrund
des Sparzwangs stark zurückgefahren wurde.
Seit März 2017 sind wieder Doppelstreifen
von Polizei und BVG im Berliner U-Bahn-Netz
unterwegs. Im April waren fast alle
Bahnsteige im U-Bahn-Netz mit freiem
WLAN ausgestattet, Lücken gibt es vor allem
noch in den Bahnhofshallen und Verteilergeschossen.
Die Bearbeitung des „Erhöhten
Beförderungsentgeltes“ kann seit Mai auch
online erfolgen. Hierfür hat die BVG ein Portal
eingerichtet.
Ausblick
Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017
wird es Leistungsausweitungen auf den
Linien M 1, 37, 67, X 49, 122, 123, 136, 140,
163, 170, 172, 221 und 245 geben. Die Linien
X 34 und X 49 erhalten in Spandau jeweils
einen neuen Ast, die Linien X 54 und 155
im Bereich des S+U-Bahnhofs Pankow eine
neue Endhaltestelle. Die Linie 107 wird auf
den Bereich Schildow bzw. Arkenberge—Pastor-Niemöller-Platz beschränkt und in
Glienicke/Nordbahn durch die angepasste
Linie 806 der OVG ersetzt. Eine neue Expressbuslinie
X 36 wird zwischen Rathaus
Spandau und Haselhorst (im Zuge der Linie
236) eingerichtet. Mit der Eröffnung der
neuen Spreequerung Minna-Todenhagen-Brücke kommt eine weitere neue Linie 365
zwischen S-Bahnhof Baumschulenweg und
Wilhelminenhofstraße/Edisonstraße hinzu.
Die Koalitionsvereinbarung 2016 des rot-rot-grünen Berliner Senats sieht Neubaupläne
von 68,8 Kilometern für das Straßenbahnnetz
vor. Bei aktuell 193 Kilometer Netzlänge
wäre dies ein Plus von rund 35 Prozent.
Davon sollen 5,8 Kilometer noch bis 2021
realisiert werden. Dies sind die Anbindung
des Ostkreuzes und des Bahnhofs Mahlsdorf
sowie die Neubaustrecken Hauptbahnhof—Turmstraße und Schöneweide—Adlershof
(Wista II). Da zu allen Strecken die Planfeststellungsverfahren
noch nicht eröffnet sind,
ist dieses Ziel inzwischen sehr ambitioniert.
Bei weiteren 59 Kilometern soll der Baubeginn
spätestens 2021 (Strecken Alexanderplatz—Rathaus Steglitz, Warschauer
Straße—Hermannplatz, Turmstraße—Jungfernheide, Pankow—Weißensee und
Anbindung Neubaugebiet Blankenburger
Süden) bzw. 2026 (Strecken Pankow—Turmstraße—Luisenplatz, Jungfernheide—„Urban
Tech Republic“ (heutiger Flughafen
Tegel), Potsdamer Platz—Zoologischer
Garten, Potsdamer Platz—Schöneweide,
Spittelmarkt—Mehringdamm und Johannisthal—Zwickauer Damm) erfolgen.
Die restlichen 4 Kilometer, bisher nicht
terminiert, sind Strecken entlang der nördlichen
Prenzlauer Promenade und der East
Side Gallery. Für alle Maßnahmen zusammen
sind Investitionen über eine Milliarde
Euro notwendig. Alle vier bis sechs Wochen
sitzen Senat und BVG zusammen, um die
Pläne voranzubringen und umzusetzen.
Wenn es gelingt, wäre dies ein deutlicher
Schritt nach vorn beim Straßenbahnausbau,
der längst überfällig ist.
Auch für die Voruntersuchung von U-Bahn-Netzerweiterungen, zum Beispiel die U 8
ins Märkische Viertel oder die U 7 Richtung
Schönefeld, wurde die BVG durch den Senat
beauftragt, wenngleich es hier im Gegensatz
zur Straßenbahn keine konkreten Zeitpläne
gibt. Diese Leistungserbringung geht
laut BVG nicht zu Lasten der Straßenbahnplanungen,
da sie durch externe Firmen erfolgen
soll.
Infrastruktur
In diesem Jahr wurde das 115 Jahre alte
U-Bahn-Viadukt zwischen Hallesches Tor
und Schlesisches Tor in Kreuzberg (U 1) saniert.
Auf Abschnitten der U 6 und U 7 wurde
eine neue Zugsicherungsanlage eingebaut
und in Betrieb genommen.
Das Aufzugsprogramm wird fortgesetzt.
Inzwischen sind alle leicht zu bauenden Anlagen
erstellt und nur noch die schwierigen
Fälle im Bau bzw. in detaillierter Planung. In
Betrieb genommen wurden 2017 Aufzüge
an den U-Bahnhöfen Hansaplatz (U 9), Hallesches
Tor (U 6), Zitadelle (2 Stück, U 7) und
Mohrenstraße (U 2). Ziel ist, dass Ende 2020
alle U-Bahnhöfe für Rollstuhlfahrer nutzbar
sind.
Die Arbeiten an der U 5-Verlängerung
schreiten voran. Die beiden Tunnelröhren
sind im Rohbau fertig, ebenso die neuen
U-Bahnhöfe Rotes Rathaus und Unter den
Linden. Hier haben inzwischen auch die
Innenausbauten begonnen. Für den neuen
U-Bahnhof Museumsinsel, der zum Teil
unter dem Spreekanal liegen wird, laufen
aktuell die Vereisungsbohrungen. Rund 75
Prozent der 100 zu bohrenden 100 Meter tiefen
Röhren sind fertig. Im Anschluss daran
kann die Vereisung und schließlich der Bau
des Bahnhofs beginnen.
U-Bahn-Fahrzeuge
Der U-Bahn-Fahrzeugpark, im Schnitt ca. 30
Jahre alt, wird allmählich verjüngt. Aus dem
„Sonderfonds wachsende Stadt“ konnten für
über 60 Millionen Euro kurzfristig 44 Wagen
(entspricht 11 Vierwagen-Zügen) des neuen
Kleinprofil-Typs IK bestellt werden, die sich
seit Juli in Auslieferung befinden und zunächst
mit „Blumenbrettern“ versehen auf
der Großprofillinie U 5 in den Einsatz gelangen werden.
Weitere 108 Wagen (27 Vierwagen-Züge) dieses Typs, dann in „normaler“
Ausführung, werden ab 2018 folgen. Schon
ab dem Jahr 2021 sollen die Neufahrzeuge
des sich derzeit in der Ausschreibung befindlichen
Nachfolger-Typs J bzw. JK folgen.
Hier sind 704 Wagen für das Großprofil und
346 Wagen für das Kleinprofil vorgesehen.
Die Investitionskosten hierfür werden sich
voraussichtlich auf über 3,1 Milliarden Euro
belaufen.
Um den Wagenmangel auf den Großprofillinien
etwas abzumildern, wurden zwei
Doppeltriebwagen der Altbaureihe D für
den Linieneinsatz wieder fit gemacht und
zur Insellinie U 55 gebracht, auf der sie seit
März 2017 im Einsatz sind. Allerdings sind
die Züge nicht sehr zuverlässig. Die geplante
Fertigstellung des dritten Doppeltriebwagens
vom Typ DL ist derzeit nicht
absehbar. Er befand sich in einem deutlich
schlechteren Zustand als die D-Züge. Auch
ein Vierwagen-Zug der Altbaureihe EIII/5 ist
inzwischen wieder im Einsatz, allerdings nur
als Zusatzleistung an den Wochenenden auf
dem oberirdischen Abschnitt der Linie U 5.
Straßenbahn-Fahrzeuge
Noch bis 2020 erfolgt die Auslieferung der
Flexity-Straßenbahnwagen. Sämtliche Optionen
sind gezogen worden, so dass am
Ende 210 Fahrzeuge dieses Typs vorhanden
sein werden, davon 54 kurze Zweirichter, 40
lange Einrichter und 116 lange Zweirichter.
Etwa 70 Prozent der Fahrzeuge sind inzwischen
geliefert und im Einsatz. Momentan
läuft die Ausschreibung für die nächste
Generation Niederflurfahrzeuge, deren Bekanntmachung
im Dezember 2016 erfolgte.
Ziel sind der Abschluss eines Rahmenvertrags
sowie der Abschluss eines Ersatzteilversorgungsvertrags
für bis zu 117 Fahrzeuge
in verschiedenen Größen. Der Zuschlag
erfolgt nach aktuellem Plan Mitte 2019. Als
„eiserne Reserve“ werden 40 hochflurige
Tatra-Wagen (Typ KT4D) vorgehalten.
Busse
Die Busflotte wird fortlaufend erneuert. So
werden alte 12-Meter-Standardeindecker
und 18-Meter-Gelenkbusse durch neue –
weiterhin mit Diesel betriebene – Fahrzeuge
ersetzt, die auch die neue Abgasnorm Euro-6 erfüllen.
Für die Doppeldeckerbusse ist derzeit
kein Ersatz in Aussicht, aber eine Neuausschreibung
in Arbeit, die Doppeldecker in
ähnlichen Maßen wie der 13,8 Meter lange
Typ DL und in ähnlicher Menge, ca. 400, vorsieht.
Leider gibt es ein solches Fahrzeug
nicht „von der Stange“, so dass dessen Entwicklung
Zeit in Anspruch nehmen wird. Die
kleineren Test-Doppeldecker, die aktuell
weiterhin im Einsatz sind, haben sich nicht
bewährt, so dass von diesen Fahrzeugen keine
Bestellung erfolgen wird. Um die Busse
des Typs DL weiterhin einsetzen zu können,
werden sie einer Sanierung unterzogen. Dabei
werden unter anderem neue SCR-Filter
eingebaut, um den Stickoxid-Ausstoß zu
verringern, und das gesamte Gestänge erneuert.
Die Elektromobilität wird nicht aus den
Augen verloren. Es sollen weitere akkubetriebene
Elektrobusse, auch Gelenkbusse,
getestet werden. So wird für den Februar
2018 ein französisches Modell erwartet. Insgesamt
war die Resonanz auf den Aufruf,
Test-E-Busse zu schicken, jedoch verhalten.
Es besteht trotzdem seitens der BVG die
Hoffnung, dass die Verlässlichkeit dieser
Fahrzeuge in naher Zukunft signifikant zunimmt
und die Preise sinken, die derzeit
einen Umstieg verhindern. Auch die hohen
Kosten für die dazugehörige Infrastruktur,
wie Ladestationen, dürfen nicht außer Acht
gelassen werden, weshalb auch die Rückkehr
des O-Busses nicht angedacht ist.
Für autonom fahrende Straßenfahrzeuge
ist die Komplexität des Berliner Verkehrs
noch auf lange Sicht zu hoch. Gleichwohl
erforscht und testet auch hier die BVG in
Zusammenarbeit mit anderen Partnern, wie
dem Bundesumweltministerium und der
Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr
und Klimaschutz, ihren Einsatz. Dazu
werden im Rahmen des Projekts „Stimulate“
auf den Charité-Geländen in Mitte und Wedding
jeweils ca. 1,5 Kilometer lange Linien
eingerichtet, die mit vier autonom fahrenden
Minibussen betrieben werden sollen.
Sonstiges
- Im Jahr 2015 wurde die Taskforce Beschleunigung
als Zusammenarbeit von
BVG und Verkehrslenkung Berlin gegründet.
Schwerpunkt sind zunächst die Linien
M 4, M 6, M 27, M 48, M 85, 136 und 236.
Die Beschleunigung soll durch eine konsequente
Freihaltung von Busspuren und
Haltestellen, Ampelanpassungen, den
Neubau von Kaphaltestellen und die Einrichtung
neuer Busspuren erfolgen. Deren
Länge soll von derzeit 100 Kilometer auf
mindestens das Doppelte anwachsen. Für
die Überwachung der Busspuren wurden
20 Mitarbeiter eigens abgestellt. Die
Auswertung der Ziele erfolgt monatlich
und die Arbeit hieran hat endlich „Fahrt
aufgenommen“. Bleibt zu hoffen, dass
die Arbeiten an der Beschleunigung auch
langfristig fruchten und die Maßnahmen
nicht wieder nach kurzer Zeit ausgesetzt
werden.
- Die BVG-App, ca. 3,5 Millionen Mal bereits
heruntergeladen, wurde um weitere Features
wie Live-Maps, Störungsmeldungen
und mehr Zahlungsmöglichkeiten erweitert.
Über die App werden monatlich ca.
9 Millionen Verbindungsabfragen und
ca. 14 Millionen Haltestellenabfahrtsanfragen
getätigt. Aktuell ist eine App in
Entwicklung, mit der innerhalb von 10
Sekunden eine Fahrkarte gekauft werden
kann.
- An den Fahrkartenautomaten im U-Bahn-Netz
kann seit August auch mit der Kreditkarte
bezahlt werden, dabei ist auch das
kontaktlose Bezahlen ohne PIN-Eingabe
möglich. Die Tests hierfür erfolgten an
den Automaten am Flughafen Tegel. In
den Straßenbahnfahrzeugen wird es vorerst
keine neue Automaten geben. Nachdem
es mit der Lieferung neuer Automaten
aufgrund der Insolvenz des Herstellers
nicht geklappt hat, soll nun erst einmal
die weitere digitale Entwicklung (Stichwort
papierloser Fahrschein) abgewartet
werden.
- Einen weiteren Ausbau der Fahrzielanzeiger
(Daisy) wird es nicht geben, da das System
inzwischen veraltet und der Ausbau
sehr kostspielig ist. Die BVG testet daher
aktuell im Rahmen des Projekts „grüne
Haltestelle“ einfachere und preiswertere
digitale Systeme.
- Ein Software-Update, voraussichtlich im
nächsten Jahr anstehend, soll es ermöglichen,
dass die Fahrgastinformationssysteme
in den Fahrzeugen (Monitore) mit
mehr Information bespielt werden können.
So sollen dann endlich nicht nur die
nächsten Haltestellen sondern auch die
Umsteigemöglichkeiten zu anderen Linien
in Echtzeit angezeigt werden.
- Die Abstimmung zum Standort des neuen
Straßenbahnbetriebshofs in Adlershof ist
in der Endphase. Auch zu neuen Busbetriebshöfen,
vor allem im Hinblick auf den
Einsatz von Elektrobussen, ist die BVG mit
dem Senat in Diskussion.
- Als der neue Berliner Hauptbahnhof gebaut
wurde, ist fälschlicherweise davon
ausgegangen worden, dass dort nur wenige
Buslinien enden werden, weshalb
es keine ausreichende Infrastruktur gibt.
Ein besonders großes Ärgernis ist hierbei
die provisorische Haltestelle auf dem
Fernbusparkplatz, für die eine bessere
Lösung gesucht wird, aber noch nicht in
Sicht ist.
Jens Fleischmann
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