Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin wollte am 10. Oktober
2014 von Heidelberg nach Frankfurt
(Main) fahren und am selben Tag wieder
zurück. Grund für die Reise war ein Termin
in der US-Botschaft zur Beantragung eines
US-Visums. Der Termin war für 9.00 Uhr
anberaumt. Für diese Fahrt kaufte die Beschwerdeführerin
eine Fahrkarte zu einem
Preis von 16,50 Euro.
Die Beschwerdeführerin schilderte, dass ihr
Zug mit einer Verspätung von mehr als 1,5
Stunden erst um 9.30 Uhr und nicht wie geplant
um 7.52 Uhr in Frankfurt Hbf. eingetroffen
sei. Der Botschaftstermin sei nicht mehr
einzuhalten gewesen, so dass sie unmittelbar
darauf ihre Rückfahrt nach Heidelberg angetreten
habe. Für die Rückfahrt kaufte sie eine
weitere Fahrkarte zu einem Preis von 16,50
Euro. Aufgrund der Verspätung auf der Hinfahrt
erhielt die Beschwerdeführerin nach
eigenen Angaben noch vor Ort in Frankfurt
(Main) eine Verspätungsentschädigung i.H.v.
25 Prozent des Fahrpreises (4,15 Euro).
Da der Botschaftstermin nicht wahrgenommen
werden konnte, vereinbarte die
Beschwerdeführerin für den 15. Oktober
2014 einen neuen Termin. Für die Fahrt zu
diesem Termin von Heidelberg nach Frankfurt
(Main) erwarb sie eine neue Fahrkarte
zu einem Preis von 14,25 Euro. Die Fahrt
konnte jedoch nicht wie geplant mit dem
Zug durchgeführt werden, weil dieser ersatzlos
ausgefallen sei. Die Beschwerdeführerin
habe die Fahrt deshalb mit dem Pkw
durchgeführt.
Nach der Fahrt machte die Beschwerdeführerin
eine Erstattung ihrer sinnlos aufgewandten
Ticketkosten für die Fahrten am
10. und 15. Oktober geltend. Pkw-Kosten
forderte sie nicht.
Antwort der Beschwerdegegnerin
Das Servicecenter Fahrgastrechte lehnte
in Bezug auf die Fahrt am 10. Oktober
eine Erstattung der Ticketkosten ab, da
die Beschwerdeführerin bereits entschädigt
worden sei. Auch bezüglich der Fahrt
am 15. Oktober lehnte das Servicecenter
Fahrgastrechte ohne weitere Begründung
eine Erstattung der Ticketkosten ab. Die Beschwerdeführerin
war damit nicht zufrieden
und bat die söp um Prüfung und Durchführung
eines Schlichtungsverfahrens.
Schlichtungsarbeit
Zugunsten der Beschwerdegegnerin stellte
die söp fest, dass der Beschwerdeführerin
für die 1,5-stündige Verspätung auf der
Fahrt am 10. Oktober bereits vor Ort eine
Verspätungsentschädigung i.H.v. 4,15 Euro
gezahlt wurde.
Allerdings hatte die Beschwerdeführerin
einen Anspruch auf Erstattung der vollständigen
Ticketkosten für die Hin- und Rückfahrt
am 10. Oktober. Ausgehend von Art.
16 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007
(VO) hat der Fahrgast bei einer zu erwartenden
Verspätung von mehr als 60 Minuten
am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die
Möglichkeit, die Fahrt abzubrechen, wenn
die Fahrt nach den ursprünglichen Reiseplänen
sinnlos geworden ist. In diesem Fall hat
der Fahrgast Anspruch auf Erstattung des für
diese Fahrt entrichteten Fahrpreises, gegebenenfalls
zusammen mit einer (kostenlosen)
Rückfahrt zum ersten Ausgangspunkt
bei nächster Gelegenheit.
Da die Fahrt am 10. Oktober nach Frankfurt
(Main) aufgrund der mehr als 1,5-stündigen
Verspätung für die Beschwerdeführerin
sinnlos geworden war – der Botschaftstermin
war nicht mehr einzuhalten – hatte sie
Anspruch auf Erstattung der Kosten für die
Hinfahrt i.H.v. 16,50 Euro. Darüber hinaus
hätte sie für die Rückfahrt keine separate
Fahrkarte lösen müssen, so dass ihr auch
die Kosten für die Rückfahrt i.H.v. weiteren
16,50 Euro zu erstatten waren. Da der Beschwerdeführerin
bereits eine Verspätungsentschädigung
gezahlt wurde, verbliebe
noch ein zu erstattender Betrag i.H.v. 28,85
Euro (16,50 Euro plus 16,50 Euro minus 4,15
Euro).
Darüber hinaus waren der Beschwerdeführerin
auch die Kosten für die nicht genutzte
Fahrkarte für die Fahrt am 15. Oktober
nach Frankfurt (Main) zu erstatten, da
sie die Fahrt aufgrund der zu erwartenden
Verspätung von mehr als 60 Minuten abgebrochen
hatte (vgl. Art. 16 VO). Es ergab sich
ein weiterer Anspruch auf Erstattung i.H.v.
14,25 Euro.
Vor diesem Hintergrund schlug die söp
eine Zahlung i.H.v. 43,10 Euro vor. Die Beschwerdegegnerin
entschuldigte sich für
die Fehlbearbeitung und stimmte dem
Vorschlag uneingeschränkt zu. Die Angelegenheit
konnte so einvernehmlich geklärt
werden. (Dr. Katja Schmidt)
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff können
von Verkehrsunternehmen wie von deren
Kunden noch so gut geplant und organisiert
sein: Es wird immer wieder zu Problemen kommen,
die Anlass zur Beschwerde geben. Wer
auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende
Antwort bekommt, kann sich an die söp, die
Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr,
wenden. Sie erarbeitet dann einen
Schlichtungsvorschlag zur einvernehmlichen
und außergerichtlichen Streitbeilegung. Das
erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der
Länder Baden Württemberg, Bayern, Berlin,
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen-Anhalt und Thüringen können sich
an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde
hin von dem an der Schlichtung
teilnehmenden Verkehrsunternehmen der
Region keine sie zufriedenstellende Antwort
erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den
öffentlichen Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Web: soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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