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Hier am S- und U-Bahnhof Pankow weit weg vom S-Bahn-Ring sind die Bordsteige jeden Tag mit weit über tausend privaten Fahrrädern von Pendlern zugestellt. Wenn nur einige von ihnen auf Mieträder umsteigen würden … Schade, dass es hier keine gibt. Foto: Holger Mertens |
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Im Jahre 1877 wurde in Berlin der S-Bahn-Ring
vollendet, um die damals am Rande der Stadt
liegenden Kopfbahnhöfe mit einer Schnellbahn
zu verbinden. 150 Jahre später hat die
Ringbahn für den Berliner Verkehr noch immer
eine große Bedeutung. Sie ist heute kurioserweise
aber auch zu einer „beliebten“ Grenze
für Tarifregelungen, z. B. das Cityticket, und für
Verkehrsangebote geworden, insbesondere
beim Bike-, Car- und Ridesharing.
Doch seit dem 19. Jahrhundert ist die Stadt
hinter der Ringbahn weiter gewachsen! Es
ist deshalb nicht verständlich, warum sinnvolle
Angebote, die in anderen Großstädten
wie selbstverständlich bis zur Stadtgrenze
gelten, in Berlin an der Ringbahn aufhören.
Nachfolgend einige Beispiele.
Cityticket der Deutschen Bahn
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Viele Leihräder gibt es am Berliner Hauptbahnhof. Leider wird damit nicht immer sehr sorgsam umgegangen. Foto: Florian Müller |
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„Ticket für Fernverkehrsstrecke kaufen und
kostenlos im Nahverkehr weiterfahren“ – so
wirbt die Deutsche Bahn für ihre Bahncard.
Kurzum: Wer eine DB-Fernverkehrsfahrkarte
mit Bahncard kauft, erhält in der Start- und
Zielstadt ein „Cityticket“ gratis dazu. Mit diesem
Ticket kann der Fahrgast auch Bus und
Bahn des Nahverkehrs vom und zum jeweiligen
Fernbahnhof nutzen.
In jeder anderen Stadt Deutschlands gilt
das Cityticket für das gesamte Stadtgebiet.
Ausnahme Berlin. Hier kann der Fahrgast
nur das Tarifgebiet A, also das Gebiet innerhalb
des S-Bahn-Rings, nutzen. Wer nach
Steglitz, Köpenick oder Marzahn will, der
benötigt ein AB-Ticket, hat also durch das
Cityticket keinerlei Vorteil. Wer nach Berlin
C will, muss ABC kaufen. Ein Kauf von nur BC
würde nicht ausreichen, denn der Fahrgast
hätte sonst von der Fahrt des letzten Bahnhofs
in A zum ersten Bahnhof in B keine
Fahrkarte.
Bikesharing
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Geschäftsbereich car2go. Screenshots: Anbieter/OSM |
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Geschäftsbereich coup. Screenshots: Anbieter/OSM |
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Geschäftsbereich drive by. Screenshots: Anbieter/OSM |
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Geschäftsbereich drivenow. Screenshots: Anbieter/OSM |
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Geschäftsbereich emmy scooter. Screenshots: Anbieter/OSM |
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Geschäftsbereiche übereinandergelegt. Screenshots: Anbieter/OSM |
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Geschäftsbereich Allygator. Screenshots: Anbieter/OSM |
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Leihradanbieter bewerben ihr Angebot als
Ergänzung zum ÖPNV, insbesondere zur einfachen
Überwindung der sprichwörtlichen
letzten Meile. Vor allem zwei große Anbieter
buhlen in Berlin um die Kundschaft: Nextbike,
mit 1,5 Mio Euro jährlich unterstützt
durch den Senat, und Lidl-Bike, das Call-a-Bike-System der Bahn mit Lidl als Werbepartner.
Beide stellen ihren Kunden jeweils über
3000 Räder zur Verfügung – innerhalb des
S-Bahn-Rings. Doch da, wo das ÖPNV-Angebot
dünner wird, ist das Fahrradangebot
nicht verfügbar. Und wer die Räder außerhalb
des Ringes abstellt, muss bei Lidl-Bike
5 Euro Aufpreis zahlen. Bei Nextbike werden
sogar pauschal 20 Euro zuzüglich 2
Euro je km ab Grenze der Rückgabezone
fällig.
Dass Kunden von Nextbike offenbar bereit
sind, sogar diese Entgelte zu zahlen
oder aber von der Grenze der Rückgabezone
nichts wissen, zeigt sich, wenn man sich
anschaut, in welchen Gebieten der Stadt
außerhalb des Ringes tatsächlich viele Fahrräder
abgestellt werden.
Neue asiatische Leihradanbieter wie zum
Beispiel „obike“ lassen zwar eine Rückgabe
außerhalb des Ringes zu, haben jedoch andere
Nachteile – mehr dazu im nachfolgenden
Artikel.
Umweltzone
Kurioserweise müssen auch die Autofahrer
die Grenze „Berliner S-Bahn-Ring“ beachten.
Denn zur Luftreinhaltung hat der Senat das
Gebiet innerhalb des Rings zur Umweltzone
erklärt. In dieser dürfen nur schadstoffarme
Fahrzeuge mit einer grünen Plakette fahren,
um die Luftbelastung durch Dieselruß (Feinstaub)
und Stickoxide zu reduzieren. Für die
anderen gilt innerhalb des Rings ein Verkehrsverbot.
Stadtteile mit viel Verkehr und hoher
Luftbelastung gibt es allerdings auch außerhalb
des S-Bahn-Rings.
Fazit
Aus gutem Grund gibt es kein VBB-Ticket nur
für das Tarifgebiet Berlin A. Abgesehen von
der zonenunabhängigen Kurzstrecke beinhaltet
das kleinste Ticket immer die gesamte
Stadt. Das CitiyTicket der DB muss ebenfalls
dringend auf das Tarifgebiet B erweitert
werden, also für die ganze Stadt gelten.
Wer in Berlin Fahrräder und Autos verleiht,
sollte verpflichtet sein, dies in der ganzen
Stadt anzubieten. Eine Filetierung sollte
nicht erlaubt sein. So dürfen beispielsweise
auch Taxifahrer wenig lukrative Fahrten
nicht ablehnen, ihr Bedien- und Tarifgebiet
ist die ganze Stadt Berlin! Es gilt: Beförderungspflicht
nach Tarif.
Die Carsharing-Anbieter wachsen zwar
zumindest schon an einigen Stellen etwas
über den Ring hinaus, erfüllen aber weiterhin
nicht das Versprechen, den ÖPNV
sinnvoll zu ergänzen, da sie ausschließlich
in Bezirken mit gutem ÖPNV-Angebot zu
finden sind.
Zumindest bei den vom Senat geförderten
Angeboten Nextbike und Berlkönig
muss Berlin auf die Ausweitung der Bediengebiete
dringen. Zwar hat Nextbike Angebote
außerhalb des S-Bahn-Ringes in Aussicht
gestellt, jedoch ist zu erwarten, dass
dies auf wenige feste Stationen beschränkt
bleiben wird.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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