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Byke, Obike, Mobike, Callabike und Nextbike sind aktuell die 5 größten Anbieter von Mieträdern in Berlin. Weitere stehen schon in den Startlöchern, um exakt das Gleiche anzubieten. Foto: GEB |
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Ein kurzer Rückblick. Im Koalitionsvertrag
2011 bis 2016 hieß es: „[… ] Bei erfolgreichem
Ausgang des bis 2012 laufenden Vorhabens
„Stationsgebundene öffentliche Fahrradverleihsysteme“
wollen wir ein solches System
dauerhaft einrichten und auf die gesamte Innenstadt
von Berlin sowie ggf. weitere Stadtteilzentren
ausweiten. [… ]“
Das Ergebnis: Die Deutsche Bahn schränkte
ihr damals freies Verleihsystem Call-a-Bike
auf ein stationsgebundenes ein und wurde
dafür auch noch durch den Senat bezuschusst.
Doch in den Folgejahren wuchs Konkurrenz:
Nextbike verteilte Räder in der Stadt
und besitzt im Gegensatz zu den Call-a-Bike-Betonklötzen nur virtuelle Stationen –
ein, zwei davon auch außerhalb des S-Bahn-Rings – und unterscheidet sich im Preis nicht
vom subventionierten System der Bahn.
Bei der nächsten Ausschreibung, die 2016
zu Ende ging, gewann dann Nextbike – wieder
mit einem stationsgebundenen System,
wieder innerhalb des S-Bahn-Rings. Die
Bahn musste ihre Betonklötze abbauen,
Nextbike baute seine Metallstationen auf.
War nach Ausschreibungsende noch
großspurig von „mehr als 700 Stationen“
und „5000 Rädern“ die Rede, ist der Stand
Februar 2018 deutlich geringer. Etwa 2000
Räder an 160 Stationen sollen es derzeit
laut Nextbike sein. Ursprünglich in der Ausschreibung
gefordert waren mindestens
1750 Räder und 175 Stationen.
Ansturm auf den Berliner Markt
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Bilder: Screenshots aus den Apps von Nextbike und Call-a-Bike vom 5.3.2018 |
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Auf den Fahrrad-Standortkarten von Nextbike und Call-a-Bike sieht man sehr gut, dass selbst im kalten Februar und trotz hoher Strafgebühren viele Fahhräder von den Nutzern außerhalb des S-Bahn-Rings abgestellt werden. Das Bediengebiet muss daher vom Senat bei seinem Stadtradsystem Nextbike unverzüglich auch auf die angrenzenden Stadtquartiere ausgeweitet werden. Im Endeffekt muss ein Stadtrad-System auch in der ganzen Stadt verfügbar sein. Bilder: Screenshots aus den Apps von Nextbike und Call-a-Bike vom 5.3.2018 |
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Also alles beim Alten – auch nach über sechs
Jahren? Nein, denn die Welt hat sich weiterbewegt.
Nicht nur die Bahn ist mit Calla-Bike in Kooperation mit Lidl zurück auf
dem Berliner Markt, immer mehr Anbieter
werfen massenhaft eigene Fahrräder in der
Stadt ab. Was zu einer Überfülle an Angeboten
in der Innenstadt führt und die öffentlichen
Räume regelrecht zumüllt. Auch sind
die Konkurrenten aus Fernost meist wenig
nachhaltig, nutzen unkomfortable Billigräder,
die zudem für den Mitteleuropäer, der
die Durchschnittskörpergröße auch nur
leicht nach oben verlässt, absolut unbenutzbar
sind.
Trotzdem haben diese Anbieter einige
Vorteile: Ihr Bediengebiet ist wesentlich größer.
Meist kann der Service in ganz Berlin
genutzt werden. Außerdem sind sie ohne öffentliche
Zuschüsse sogar noch preiswerter
für den Nutzer, als die geförderten Projekte.
Beim Stadtrad Nextbike scheint man in
der Zwischenzeit eingeschlafen zu sein und
sich auf den Fördermillionen auszuruhen.
Ganz nebenbei holt sich die Leipziger Firma
noch etwas Zusatzgeld von einem neuen
Sponsor, ohne dass sich dies positiv auf die
Preisgestaltung für alle Nutzer auswirkt,
höchstens auf Abonnenten eines Musikstreaming-Dienstes.
Senat und VBB haben versagt
Hingegen gehen die ÖPNV-Nutzer, die viel
Geld für ihre 1989 von den Grünen ins Leben
gerufene Umweltkarte bezahlen, leer aus.
Radfahren hat ja offenbar auch nichts mit
der Umwelt zu tun. Senat und VBB haben
hier auf ganzer Linie versagt, eine ganzheitliche
Lösung zu finden.
Genauso wie beim Bediengebiet. Außerhalb
des S-Bahn-Rings sind nur die verbliebenen
Teststationen in Lichtenberg geblieben
sowie die für Verwaltungsangestellte
gedachte Extrawurst mit je einem Standort
am Verwaltungszentrum Friedrichsfelde
und am S-Bahnhof Friedrichsfelde Ost.
Das ist knapp zwei Jahre nach Ausschreibungsende
deutlich zu wenig! Das Programm
wird von den Bürgern des Landes
Berlin gefördert – also nicht nur von Mitte-Bewohnern und Touristen, sondern zum
Beispiel auch von Pankower Steuerzahlern.
Deren Bezirk allein ist eine 400 000-Einwohner-Großstadt mit den Verkehrsproblemen
einer Großstadt.
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Im Neubaugebiet der Wiener Seestadt Aspern weit abseits des Stadtzentrums können Nutzer Lastenfahrräder und sogar E-Bikes ausleihen. Und auch hier ist selbstverständlich die erste halbe Stunde immer für alle kostenlos. Foto: Holger Mertens |
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Dabei ließen sich gerade in den Außenbezirken
viele Verkehrsbedürfnisse erfüllen,
die dort durch den ÖPNV schlecht oder gar
nicht abgedeckt werden und zusätzlich
durch attraktive radfähige Wege jenseits
von Hauptstraßen verbunden sind. Ganz im
Gegensatz zur Innenstadt, wo sich die Stationen
fast ausschließlich an Bahnhöfen und
Haltestellen befinden, die im dichten Takt
angefahren werden, und damit dem ÖPNV
Konkurrenz machen, statt ihn auf der letzten
Meile zu ergänzen. Und eigentlich gibt es
die letzte Meile gar nicht im Zentrum, sondern
verstärkt außerhalb des S-Bahn-Rings,
wo das ÖPNV-Netz nicht so engmaschig ist,
wie im Zentrum.
Eine ernüchternde Bilanz
Was haben wir also in Berlin erreicht? Zwei
große Anbieter – einer gefördert, der andere
nicht (zumindest nicht direkt), die beide
dasselbe Gebiet abdecken, fast den gleichen
Tarif besitzen, nicht mit der Umweltkarte in
der ersten halben Stunde kostenlos genutzt
werden können und durch die Stationsbindung
an ÖPNV-Punkte ungeeignet für die
letzte Meile sind.
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Bei den Eröffnungssausen von Call-a-Bike am 3. März 2017 und exakt 2 Monate später von Nextbike kündigten die Verantwortlichen noch das schnelle Wachstum ihrer Verleihsysteme an. Doch beide bieten lieber identische Leistung im identischen Bediengebiet an und wachsen keineswegs über ihre engen, selbstgesteckten Grenzen hinaus. Foto: Holger Mertens |
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Und wir haben die Billiganbieter aus
Fernost, die immer mehr werden und deren
Wegwerffahrräder ohne Gangschaltung
eher eine Qual als ein Verkehrsmittel sind,
die aber wenigstens das freie Abstellen im
gesamten Stadtgebiet erlauben. Und weitere
Anbieter stehen schon in den Startlöchern,
um genau das Gleiche zu machen.
Ein unüberschaubares, aber teures und
wenig nützliches Überangebot an Leihradsystemen
in der Innenstadt – und der Rest
von Berlin guckt in die Röhre. Das ist alles
andere als befriedigend.
Positivbeispiele
Und wieder braucht es den Blick in die nicht
allzu weite Ferne: Egal ob Stuttgart, Hamburg
oder Dresden – überall dort, wo mindestens
die erste halbe Stunde kostenlos (für
alle oder auch nur für ÖPNV-Dauerkunden)
angeboten wird, ist das Mietradsystem ein
echter Erfolg. Die freie Rückgabe im Bediengebiet
sorgt für zusätzliche Pluspunkte
beim Nutzungswillen. Im Wiener Neubaubezirk
Seestadt Aspern weit außerhalb der
Innenstadt können sogar E-Bikes und ELastenfahrräder
für die ersten 30 Minuten
kostenlos ausgeliehen werden.
Fazit
Leider bleibt nur ein ähnliches Fazit wie
bei unserem Mietradtest vor drei Jahren. In
SIGNAL 4/2015 forderten wir u. a., das Geschäft
in der ganzen Stadt zu betreiben statt
nur im profitablen Innenstadtbereich und
mindestens jede erste halbe Stunde gratis
anzubieten. Anders ist die öffentliche Förderung
nicht zu rechtfertigen. (hm)
Berliner Fahrgastverband IGEB
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