So stellt sich zunächst die Frage, wer eigentlich
Adressat dieses Plans ist? Nach
Auffassung des DBV muss dieses in erster
Linie die Politik sein, welche endlich die für
eine schienen- und damit auch umweltfreundliche
Verkehrspolitik erforderlichen
Rahmenbedingungen schaffen muss. Der
Masterplan reduziert das Handlungsgebot
des Staates aber darauf, die zu erreichenden
Ziele wie Umweltschutz und Innovation den
Eigenkräften der Wirtschaft zu überlassen.
Doch statt sich in eine Zuschauerposition
zurückzuziehen, ist die Politik gefordert, aktiv
und steuernd in das Verkehrswesen einzugreifen,
damit Veränderungen tatsächlich
stattfinden.
Doch schon bei der Formulierung des
Leitbilds hält sich der Masterplan mit konkreten
Aussagen zurück. So soll bis 2030
eine „deutliche“ Steigerung des Schienengüterverkehrs
erreicht werden, eine konkrete
Angabe zur angestrebten Veränderung
des Modal Splits wäre hier aber besser und
zur Überprüfung der Zielerreichung unabdingbar.
Die „letzte Meile“ wird dem Lkw
überlassen
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Der Masterplan Schienengüterverkehr sieht bis 2030 eine „deutliche“ Steigerung des Marktanteils der Schiene vor. Leider fehlt eine konkrete Angabe zur angestrebten Veränderung des Modal Splits. Foto: Christian Schultz (Rangierbahnhof Maschen bei Hamburg) |
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Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit
des Schienengüterverkehrs werden
zwar Zuverlässigkeit, Qualität und Preis des
Transportmittels Schiene angesprochen.
Eine entscheidende Grundlage ist jedoch
auch die Verfügbarkeit der entsprechenden
Schieneninfrastruktur. Hier bedarf es eines
möglichst feinen Zubringernetzes und entsprechender
Ladestellen. Wer mehr Güter
auf die Schiene bringen möchte, muss daher
zunächst erst einmal dafür sorgen, dass die
Güterkunden das Schienennetz erreichen
können.
Der Masterplan hingegen setzt bei der
„letzten Meile“ vorrangig auf die Straße,
doch sind es gerade diese Zusatzkosten, die
dann oftmals für einen kompletten Straßentransport
sorgen. Da nützt es dann auch
nichts, wenn der für den Vor- und Nachlauf
eingesetzte Lkw elektrisch fährt.
Der DBV fordert daher, dass ein weiteres
grundlegendes Ziel des Plans die Verdichtung
der Güterverkehrsinfrastruktur mit
allen hierzu erforderlichen Maßnahmen
sein muss. Es finden sich allerdings im Abschnitt
„Handlungsfelder“ nur Aussagen
zur Stärkung der Multimodalität sowie zur
Sicherung des Zugangs zur Schiene. Diese
sind nicht weitgehend genug, da das
grundlegende Problem der mangelnden
Finanzierung der entsprechenden Anbindungen
nicht ausreichend gewürdigt wird.
Auch nützt es im Einzelfall nichts, wenn zwar
die Gleisanschlussförderung vom Kunden in
Anspruch genommen werden kann, die Kostenfrage
für die Sanierung und Instandhaltung
der Zuführungsstrecken aber nach wie
vor ungelöst ist.
Natürlich macht es wenig Sinn, die Wettbewerbsfähigkeit
der Schiene erhöhen zu
wollen, wenn gleichzeitig auch der Straßengüterverkehr
weiter gefördert wird. Dieses
widersprüchliche Verhalten lastet der DBV
der scheidenden Bundesregierung an. Denn
Lang-Lkws, Mautsenkungen oder auch die
Untersuchungen zur Kettenbildung von
Lkws bewirken, dass der Bahn zusätzlich
Konkurrenz gemacht wird. Daher muss endlich
ein eindeutiges und ehrliches Bekenntnis
zur Schiene erfolgen. Eine Doppelstrategie
kann nicht funktionieren.
Verkehrsvermeidung muss Ziel werden
Als Leitziel muss auch verankert werden,
dass unnötige Verkehre zu vermeiden sind.
Offenbar sind die Kostenbelastungen durch
den Verkehr so niedrig, dass viele Branchen
zur Ausnutzung von Produktionskostenvorteilen
auch weiteste Transportentfernungen
quer durch ganz Europa in Kauf nehmen, bevor
das Produkt dann den Kunden erreicht.
Daher sollte der Masterplan die Verkehrsvermeidung
als ein grundlegendes Leitziel
formulieren.
Apropos Kosten: Offenbar ist es der Giga-
Bit-Gesellschaft eigen, dass man im Innovationsrausch
immer weniger daran denkt,
welche Kosten insbesondere auch bei Anschaffung
von rollendem oder ortsfestem
Equipment entstehen. Die Preise bestimmen
letztlich die Wettbewerbsfähigkeit des
Systems Schiene gegenüber der Straße. Die
Kosten für Investitionen, die ja abgeschrieben
werden müssen, spielen durchaus eine
wesentliche Rolle.
Der DBV fordert daher, dass als wesentliches
Leitziel auch eine Kostensenkung in
diesem Bereich verankert werden muss. Das
muss sich dann auf die Streckeninfrastruktur
und die Fahrzeugbeschaffung, vor allem
Loks und Wagen, erstrecken.
Der DBV schlägt folgende Maßnahmen
vor:
- Förderung der Vereinheitlichungen und
größere Stückzahlen
- Entschlackung der technischen Vorschriften
und Gesetze
- Vereinfachung EU-weiter Fahrzeugzulassungen
Kostenfragen ungelöst
Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen
unterliegen zwar einer zunehmenden Regulierung
durch das Eisenbahnregulierungsgesetz.
Der Effekt dieser Regulierung ist jedoch
begrenzt, wenn die Anlagenkosten z. B. für
die Sicherungstechnik durch wenige marktführende
Systemanbieter diktiert werden.
Nach Auffassung des DBV ist daher zu prüfen,
inwieweit die Regulierung sich auch auf
diese Bereiche erstrecken sollte.
Bei der Schaffung von Standards – z. B.
ETCS (European Train Control System) – muss
gleichzeitig auf eine bezahlbare Verfügbarkeit
der entsprechenden Technik geachtet
werden. Für dieses Zugbeeinflussungssystem
fallen Kosten in Höhe von 300 000 bis
700 000 Euro pro Fahrzeug an.
Es müssen zunächst Maßnahmen zur
Senkung dieses Kostenfaktors eingeleitet
werden. Eine Förderung von Nachrüstinvestition,
wie im Masterplan erwähnt, kann nur
der zweite Schritt sein.
Fehlende Gleichbehandlung bei der
Schieneninfrastruktur
Bei den „Handlungsfeldern und Meilensteinen“
verspielt der Masterplan die Chancen,
welche die traditionell stark im Schienengüterkehr
tätigen nichtbundeseigenen (NE)
Infrastrukturunternehmen bieten.
Alle Eisenbahninfrastrukturunternehmen,
d. h. sowohl die DB Netz AG als auch die NE
und teilweise privaten Unternehmen sollten
berücksichtigt werden.
Der DBV fordert, dass die ab 2020 in Kraft zu
setzende Folgevereinbarung zur Leistungsund
Finanzierungsvereinbarung (LuFV III)
endlich auch die NE-Unternehmen gleichberechtigt
behandelt. Allein die öffentliche
Aufgabe, eine Eisenbahninfrastruktur mit
allgemeinem Zugangsrecht vorzuhalten,
muss maßgeblich sein. Die Eigentümerstellung
darf hier nicht mehr ausschlaggebend
sein. Eine solche Vorgehensweise führt auch
zu einem effizienteren Umgang mit diesen
öffentlichen Mitteln.
Die Aussagen zum Schienengüterfernverkehrs-Förderungsgesetz (SGFFG) sind zu
unkonkret. Es wird nur allgemein auf eine
anstehende Evaluierung des Gesetzes verwiesen.
Aufgrund der bisherigen Erfahrung
fordert der DBV, dass der Eigenanteil von
50 auf höchstens 25 Prozent zu senken ist.
Außerdem müssen die geforderten Vorhaltegarantien
entsprechend der normativen
Nutzungsdauer abgeschafft werden. Kein
NE-Unternehmen dürfte in der Lage sein,
beispielsweise eine Garantie über 75 Jahre
für ein zu sanierendes Brückenbauwerk
abzugeben, wenn der Güterkunde am Endpunkt
der Strecke nur einen Fünfjahresvertrag
für die Bedienung unterschreibt.
„Digitale Kapazitätssteigerung im Netz“ –
hiermit sind im Masterplan Maßnahmen
zur Beschleunigung und Vereinfachung von
Trassenvergaben zu verstehen. Der DBV erachtet
solche Maßnahmen grundsätzlich als
sinnvoll, um die Agilität der Eisenbahnverkehrsunternehmen
zu erhöhen. Allerdings
sollte hier ein wirklich netzweites System
der einheitlichen Trassenvergaben, auch
unter Einbeziehung unterschiedlicher Streckenbetreiber,
das Ziel sein. Momentan bestehen
hier „Fahrplanbearbeitungsgrenzen“,
welche ein passgenaues Zusammenspiel
der einzelnen Betreiber oftmals erschweren.
Wir fordern hier eine übergreifende Lösung.
Positiv bewertet der DBV die Forderung,
bei der Schaffung von Gewerbegebieten die
Anbindung an die Schiene bereits planungsund
umweltrechtlich zu berücksichtigen.
Folgerichtig ist auch hier eine adäquate Finanzierung
zur Umsetzung notwendig.
Förderung des Kombinierten Verkehrs
verbessern
Hinsichtlich der Förderung von KV-Anlagen
sieht der DBV die dringende Erfordernis, die
vom Vorhabenträger nachzuweisenden
Mindestumschlagsmengen zu reduzieren.
Erfahrungsgemäß ist es gerade bei neuen
Vorhaben sehr schwer, entsprechende
Schlüsselkunden vorweisen zu können. Die
Förderung sollte sich mehr an raumstrukturellen
Gegebenheiten (z. B. Dichte der
relevanten Wirtschaftsunternehmen im
Einzugsgebiet, Entfernung zu anderen Anlagen)
orientieren.
Zum Handlungsfeld „Elektromobilität“
werden durchgängig elektromobile Transportketten
gefordert. Der DBV sieht darin
eine plakative Forderung. Eine dogmatische
Herangehensweise ist abzulehnen, da die
hier insgesamt erzielbaren Effekte hinsichtlich
der Erfüllung des Leitbildes gering sind.
Trassenpreise dauerhaft senken!
Ein Kernelement des Masterplans ist natürlich
die Verringerung der Trassenpreise.
Dies wird von vielen Beteiligten zunächst
positiv gesehen. Bei vertiefender Betrachtung
sind jedoch Zweifel an der Tragfähigkeit
dieser Maßnahme angebracht:
So wird – wohl an die Netzbetreiber adressiert
– zunächst die angeblich mangelnde
Effizienz der „Infrastrukturvorhaltung“ und
des „Infrastrukturmanagements“ kritisiert.
In welcher Weise hier jedoch Verbesserungspotenziale
gesehen werden, bleibt unklar.
Gerade die jüngsten Sturmereignisse belegen,
dass beispielsweise der Aufwand für
die Vegetationskontrolle und -beseitigung
doch eher zu erhöhen ist.
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Ein Kernelement des Masterplans Schienengüterverkehr ist die Senkung der Trassenpreise. Nicht zielführend wäre jedoch eine lediglich vorübergehende Reduzierung. Notwendig ist vielmehr eine Reform der Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur, so dass die Trassenpreise zur aktiven Förderung des Schienengüterverkehrs dauerhaft gesenkt werden. Foto: Christian Schultz (Dresden Hauptbahnhof) |
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Es ist unklar, wie die vom Bund bereitgestellten
350 Mio. Euro zur Senkung der Trassenpreise
tatsächlich beitragen sollen. Hier
fehlen nähere Informationen. Zumindest
müsste dieses dann ja auch im Einklang
mit den Vorschriften des Eisenbahnregulierungsgesetzes
geschehen. Die NE-Unternehmen
werden übrigens auch hier von der
Gabe des Bundes ausgespart.
Es ist ein offenes Geheimnis in der Logistikbranche,
dass viele Spediteure gegenüber
Bahnunternehmen angekündigt haben, bei
Rahmenverträgen für die kommenden Jahre
durch das Einfügen von Preisgleitklauseln
an den Trassenpreissenkungen teilhaben zu
wollen. Damit wird der Wettbewerb zwischen
dem Straßen-Lkw und dem Schienenverkehr
weiter verschärft.
Das bereits jetzt vorgesehene jährliche
Abschmelzen des Bundeszuschusses soll
dann auch gleich wieder zu einer Rückführung
der Trassenpreise auf das alte Niveau
führen. Es ist aus Sicht des DBV daher nicht
zu erwarten, dass eine solche temporäre
Entlastung zu einer nachhaltigen Verkehrsverlagerung
führen wird. Kaum ein Unternehmen
wird den Aufwand für eine Umstellung
des Verkehrsträgers in Kauf nehmen,
wenn schon jetzt feststeht, dass in einigen
Jahren die Rahmenbedingungen wieder
verändert werden.
Der DBV fordert, die Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur
grundhaft auf andere
Beine zu stellen. Eine Umstellung des Finanzierungssystems
mit nachhaltigem Effekt
könnte darin bestehen, dass nur noch die
variablen Kosten in die Trassenpreisbildung
einfließen, während alle Fixkosten vom
Bund getragen werden. Dazu müssten, wie
schon erwähnt, alle Infrastrukturbetreiber
einbezogen werden.
DBV, Ressort Güterverkehr
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