Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin wollte zusammen
mit ihrem Sohn mit dem Zug von Bückeburg
nach Emden Außenhafen fahren. Für diese
Fahrt buchte sie eine Fahrkarte zu einem
Preis von 29 Euro (Sparpreis, 1 Erwachsener,
1 Kind). Auf der Fahrt hatte der IC eine Verspätung
von 45 Minuten, so dass in Rheine
der Anschlusszug nach Emden nicht mehr
erreicht werden konnte. Die Beschwerdeführerin
musste mit dem nächsten Zug
fahren. Dieser fuhr jedoch nur bis Emden
Hauptbahnhof, wo sie zusammen mit ihrem
Sohn um 17.30 Uhr ankam. Eine Weiterfahrt
mit dem Zug zum Zielort Emden Außenhafen
war an diesem Tag nicht mehr möglich.
Planmäßig hätten sie um 16.29 Uhr in
Emden Außenhafen eintreffen sollen. Die
Reisenden mussten daher in Emden übernachten
(Hotelkosten: 90 Euro) und konnten
erst am nächsten Tag ihre Fahrt fortsetzen.
Emden Außenhafen erreichten sie am Folgetag
um 6.15 Uhr.
Nach der Fahrt wandte sich die Beschwerdeführerin
an das Servicecenter Fahrgastrechte
und machte eine Verspätungsentschädigung
sowie eine Erstattung der Hotelkosten
geltend.
Antwort der Beschwerdegegnerin
Der Entschädigungs-/Erstattungsantrag der
Beschwerdeführerin wurde vom Servicecenter
Fahrgastrechte abschlägig beschieden.
Da die Verspätung letztlich lediglich 49
Minuten betragen habe, bestünden keine
Ansprüche.
Die Beschwerdeführerin war damit nicht
zufrieden und bat die söp um Prüfung und
Durchführung eines Schlichtungsverfahrens.
Insbesondere sei die Angabe der Verspätungszeit
für die Beschwerdeführerin nicht
nachvollziehbar, da sie Emden Außenhafen
erst am nächsten Tag und mit einer Verspätung
von fast 14 Stunden erreicht habe.
Schlichtungsarbeit
Die söp prüfte das Anliegen der Beschwerdeführerin
und kam zu dem Ergebnis, dass
ihr sowohl eine Verspätungsentschädigung
als auch eine Hotelkostenerstattung zustehen.
Gemäß Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr.
1371/2007 (VO) besteht ein Anspruch auf
Verspätungsentschädigung bei Zugverspätungen
ab 60 Minuten i.H.v. 25 Prozent des
Fahrpreises und ab 120 Minuten i.H.v. 50
Prozent des Fahrpreises. Da die Beschwerdeführerin
zusammen mit ihrem Sohn Emden
Außenhafen erst mit einer Verspätung von
knapp 14 Stunden erreichte, steht ihr ein Anspruch
auf Entschädigung i.H.v. 50 Prozent
des Fahrpreises zu, mithin 14,50 Euro. Offenbar
legte das Servicecenter Fahrgastrechte
bei der Prüfung die Ankunftszeit in Emden
Hbf. zugrunde, nicht aber diejenige in Emden
Außenhafen.
Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin
einen Anspruch auf Erstattung der Hotelkosten.
Die VO regelt im Anhang I in Art. 32
Abs. 1 CIV, dass der Beförderer dem Reisenden
angemessene Übernachtungskosten erstatten
muss, wenn die Reise wegen Ausfall,
Verspätung oder Versäumnis des Anschlusses
nicht am selben Tag fortgesetzt werden
kann. Da die Beschwerdeführerin aufgrund
der Verspätung des IC ihren Anschlusszug
in Rheine verpasst hatte, gab es für sie keine
Möglichkeit mehr, noch am selben Tag
ihren Zielort – Emden Außenhafen – zu erreichen,
so dass die Übernachtung in Emden
erforderlich war. Da Art. 32 Abs. 1 CIV keinen
Höchstbetrag erstattungsfähiger Hotelkosten
nennt, sondern vielmehr auf die
Angemessenheit der entstandenen Kosten
abstellt, sind der Beschwerdeführerin die
Hotelkosten in voller Höhe zu erstatten.
Vor diesem Hintergrund schlug die söp die
Zahlung einer Verspätungsentschädigung
i.H.v. 14,50 Euro sowie die Erstattung der
Hotelkosten i.H.v. 90 Euro vor. Der Schlichtungsvorschlag
wurde vom Verkehrsunternehmen
vorbehaltlos angenommen, so dass
die Angelegenheit einvernehmlich geklärt
werden konnte. (Dr. Katja Schmidt)
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie von
deren Kunden noch so gut geplant und
organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen
kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende
Antwort bekommt, kann sich
an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet
dann einen Schlichtungsvorschlag zur
einvernehmlichen und außergerichtlichen
Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten
Geld, Zeit und Ärger.
SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in
jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls
einen Einblick in die praktische Arbeit der söp
bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der
Länder Baden Württemberg, Bayern, Berlin,
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen-Anhalt und Thüringen können
sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre
Beschwerde hin von dem an der Schlichtung
teilnehmenden Verkehrsunternehmen der
Region keine sie zufriedenstellende Antwort
erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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