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Schiff, Bahn und Lkw - trimodales Containerterminal im Berliner Westhafen. Aber die Anbindung an das überregionale Schienennetz ist schlecht. Verbesserungen sind dringend erforderlich und nicht erst - wie geplant - im Jahr 2011. Foto: Christian Schultz, 2007 |
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Frage: Welche Defizite in der Berliner Schieneninfrastruktur
für Güterverkehr sind dem
Senat bekannt, und wie können diese beseitigt
werden?
Antwort: Dem Senat sind im Ergebnis einer
Befragung von in Berlin tätigen nichtbundeseigenen
Eisenbahnverkehrsunternehmen
Defizite im Schienengüterverkehr bekannt.
Probleme gibt es bei der Abwicklung des
Schienengüterverkehrs in den Westhafen
hinein. Zu kurze Gleislängen im Hamburger
und Lehrter Güterbahnhof
(HuL) für bis zu
700 m lange Containerzüge
und die fehlende
Elektrifizierung vom
Bahnhof Berlin-Moabit
zum HuL begrenzen die
Zuführungskapazität
und erschweren die betriebliche
Abwicklung
der Schienenverkehre.
Infrastrukturelle Engpässe
werden bei der
gleisseitigen Bedienung
des Betonwerkes BBI
in der voraussichtlich
ab 2008 beginnenden
Hochlaufphase des Vorhabens
gesehen. Bemängelt
wird auch die
fehlende durchgängige Befahrbarkeit des
südlichen Innenrings.
Zu den Themen Westhafen und Betonwerk
BBI laufen Gespräche der Unternehmen mit
der DB Netz AG mit der Zielstellung einer
leistungsgerechten Schienenanbindung. Im
Hinblick auf die durchgängige Befahrbarkeit
des Innenrings sieht die DB Netz AG zum
gegenwärtigen Zeitpunkt keine Instandsetzungs-
und Investitionsmöglichkeiten für
diesen Streckenbereich.
Frage: Wie schätzt der Senat die Notwendigkeit
der Verbesserung von Rangiermöglichkeiten
im Westhafen ein, um den erfreulichen
Anstieg des Schienengüterverkehrs
auch im Westhafen bewältigen zu können?
Antwort: Die positive Entwicklung des Containerverkehrs
auf der Schiene in den Westhafen
hinein und die positiven Entwicklungsaussichten
erfordern Verbesserungen
in die Schieneninfrastruktur, um den Eisenbahnbetrieb
besser organisieren zu können.
Dies gilt sowohl für die DB Netz AG auf den
Bahnhöfen Moabit und HuL als auch für die
Hafenbahn im Westhafen.
Frage: Wie sieht der Senat die Notwendigkeit
von zusätzlichen Weichen im Grünauer
Knoten, um insbesondere die Baustellenlogistik
für den Flughafen BBI zu verbessern?
Antwort: Nach Aussage der DB Netz AG ist
der Ausbau des Schienenknotens Bereich
Grünau 2007 abgeschlossen worden. Für die
Transporte von Berlin-Grünau nach Schönefeld
Süd wurden in diesem Bereich die benötigten
Weichen für die Baustellenlogistik
eingebaut.
Der Senat von Berlin begrüßt, dass zur Erstellung
eines tragfähigen Betriebskonzeptes
auf den Gleisanlagen des Flughafengeländes
für die Hochleistungsphase beim Bau
des Flughafens Gespräche der Unternehmen
mit der DB AG geführt werden.
Frage: Welche Möglichkeiten sieht der Senat,
um für o. g. und ggf. weitere Maßnahmen
für den Schienengüterverkehr Fördermittel
aus dem Industriegleisanschlussprogramm
der Bundesregierung und ggf. aus anderen
Förderprogrammen des Bundes bzw. der EU
zu binden?
Antwort: Mit dem Gleisanschlussprogramm
der Bundesregierung werden Maßnahmen
in private Gleisanschlüsse gefördert, die
bestimmte Zuwendungsvoraussetzungen
erfüllen müssen. Aus Sicht des Senats erfüllen
die o. g. Maßnahmen nicht die Anforderungen
der Richtlinie zur Förderung des
Neu- und Ausbaus sowie der Reaktivierung
von privaten Gleisanschlüssen. Berliner
Unternehmen haben, soweit dem Senat
bekannt, das Gleisanschlussprogramm der
Bundesregierung bisher nicht in Anspruch
genommen.
Über das Gleisanschlussprogramm der
Bundesregierung hinausgehende Fördermöglichkeiten
für private Gleisanschlüsse
sind dem Senat nicht bekannt.
Berlin, den 27. Juni 2007
Staatssekretärin Maria Krautzberger
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
IGEB-Kommentar
Beim Güterfernverkehrsaufkommen in Berlin
ist die Bedeutung der Bahn erschreckend gering.
2006 wurden von den insgesamt 42,9 Mio
Tonnen allein 34,6 Mio Tonnen auf der Straße,
lediglich 4,9 Mio Tonnen auf der Schiene und
sogar nur 3,4 Mio Tonnen auf dem Wasser
transportiert.
Angesichts dieser Dominanz des Straßenverkehrs
sind die langwierigen Diskussionen
bzw. Realisierungszeiträume bezüglich
einer leistungsfähigeren
bahnseitigen Anbindung des
trimodalen Containerterminals
im Berliner Westhafen unbegreiflich.
Die Probleme haben sich in
den letzten Jahren sogar noch
verschärft. Im Rahmen der Anbindung
des Hauptbahnhofs und
der Umstellung der Zugsicherung
auf elektronische Stellwerkstechnik
(EStW) wurden die für die
Übergabe der Züge an die Hafenbahn
wichtigen Gleise im Güterbahnhof
Moabit und auf dem
Gelände des einstigen Hamburger
und Lehrter Güterbahnhofs
(HuL) verkürzt. Um die Tragweite
dieser Beschränkung ermessen
zu können, muss man wissen, dass das im April
2001 in Betrieb gegangene Terminal Westhafen
mittlerweile die einzige Anlage dieser Art innerhalb
Berlins ist! Eine betrieblich günstige, leistungsfähige
Anbindung des Westhafens an das
überregionale Schienennetz sollte daher eine
Selbstverständlichkeit sein.
Kurzfristig verfügbare Alternativen zum
Umschlag im Westhafen gibt es in Berlin
nicht. Die Umschlaganlagen Frankfurter Allee
und HuL sind stillgelegt. Ende 2004 folgte
die Schließung des Innenstadt-Terminals im
Güterverkehrssubzentrum Neukölln/Treptow
– vor dem Hintergrund der Klimaschutz- und
Feinstaubdiskussionen eine sehr kurzsichtige
Entscheidung! Die im Umland liegenden Umschlaganlagen
in den Güterverkehrszentren
Großbeeren und Wustermark sind angesichts
der relativ langen Lkw-Vor- und Nachläufe auf
überlasteten Hauptstraßen keine geeignete
Alternative.
Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist
die beschleunigte Entwicklung und Umsetzung
von Konzepten notwendig, die eine konsequente
Förderung des ressourcenschonenden Schienengüterverkehrs zum Ziel haben.
Dazu gehört aktuell die leistungsfähige bahnseitige
Anbindung des Containerterminals im
Westhafen. Seit kurzem hat die BEHALA
nun zwar eine Zusage der DB Netz AG, die Infrastruktur
auf dem einstigen HuL-Gelände anzupassen
und dort zwei zuglange Gleise mit
je ca. 700m nutzbarer Gleislänge für die Übergabe
der Züge zur Verfügung zu stellen. Beide
Gleise werden elektrifiziert, gleiches gilt auch
für die Verbindungsstrecke zum Güterbahnhof
Moabit. Aufgrund des notwendigen Plangenehmigungsverfahrens
und der Ausschreibungen
wird mit einer Fertigstellung jedoch nicht
vor 2011 (!) gerechnet – ein unverständlich
langer Zeitraum für eine vergleichsweise kleine
Baumaßnahme.
Zur aktiven Förderung des Schienengüterverkehrs
gehören aber auch die Entwicklung
weiterer innerstädtischer Terminalstandorte
wie z. B. auf dem Gelände des Güterbahnhofs
Tempelhof oder die Wiederbelebung des Güterverkehrssubzentrums
Neukölln/Treptow.
Zur Vermeidung von Umwegfahrten muss damit
auch die Wiederherstellung der durchgängigen
Befahrbarkeit des südlichen Innenrings
für den Schienengüterverkehr einhergehen.
Es gibt also viel zu tun. Die Antworten des
Senats auf die kleine Anfrage lassen allerdings
bestenfalls ein Problembewusstsein erkennen.
Wer beim Schienengüterverkehr jedoch nur
die Rolle des Beobachters einnimmt, bleibt
weit hinter seinem Anspruch zurück, Berliner
Stadtentwicklungsbehörde zu sein.
(Kommentar der IGEB) Jutta Matuschek, MdA
Verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Abgeordnetenhaus von Berlin
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