Das Gute liegt so nahe

In Salzburg hat der Obus eine Zukunft

Seit rund 125 Jahren gibt es die Möglichkeit, den öffentlichen Nahverkehr mit elektrischem Antrieb durchzuführen, doch trotzdem wurden elektrische Systeme in Deutschland abgebaut. Ganz anders in Salzburg (Österreich): Hier werden O-Busstrecken ausgebaut...

O-Busplakat in Salzburg (Österreich)
Selbstbewusste Werbung für den Salzburger Obus: Die höchste Stufe der Evolution. Im Stadtdschungel ist er das Alpha-Tier. StadtBus: Sauber. Leise. Obus. Foto: Karsten Müller

„Nur E-Motoren und Sparsamkeit können die Wende bringen“ schrieb der Berliner Fahrgastverband IGEB treffend im Beitrag „Die Treibstofflüge“ in SIGNAL 6/2007. Seit rund 125 Jahren gibt es die Möglichkeit, den öffentlichen Nahverkehr mit elektrischem Antrieb durchzuführen. Doch seit Jahrzehnten wird dieser Antrieb immer wieder in Frage gestellt, wurden komplette Straßenbahnund Obusnetze stillgelegt. In Deutschland gibt es lediglich noch drei Städte mit (stagnierendem) Obusverkehr. Demgegenüber baut das österreichische Salzburg sein Obusnetz weiter aus. Dort ist der Obus populär und erfolgreich.

Jahre des Abbaus

Während des 2. Weltkriegs wurde in Salzburg der Obus neu eingeführt, aber der rasche Ausbau ging zu Lasten der Straßenbahn, die 1953 eingestellt wurde. Erhalten blieb nur die ebenfalls elektrisch verkehrende Salzburger Lokalbahn (SLB) als Vorortstrecke nördlich von Salzburg. Vor etwa 30 Jahren wollte man auch dieser Bahn ein Ende bereiten. Dieses Ansinnen scheiterte jedoch am Widerstand aus der Bevölkerung. Mittlerweile fährt die mit einer unterirdischen Neubaustrecke zum Hauptbahnhof geführte SLB sehr erfolgreich. Aus der Überlandstraßenbahn wurde eine S-Bahn-Linie und der Druck zu einer Verlängerung in die Innenstadt wächst. Dafür gab es beim Obus nach einer guten Startphase zwischenzeitlich Streckenstilllegungen und andere Reduzierungen. Sogar die Abschaffung wurde diskutiert.

Die Wende und der Aufwärtstrend

Anders als in vielen deutschen Städten kam es in Salzburg glücklicherweise nicht zur Einstellung des Obusses, denn zum einen wollte die Bevölkerung „ihren“ Obus und zum anderen organisierten sich die Salzburger Stadtwerke (Salzburg AG) neu und so wurde der Chef der mittlerweile erfolgreichen Lokalbahn, Gunter Mackinger, zum Chef der Verkehrssparte der Salzburg AG. Wie in Karlsruhe (Dieter Ludwig) zeigte sich auch in Salzburg, in welchem Umfang die Chefs von Verkehrsunternehmen für den Erfolg ihrer Unternehmen verantwortlich sind und wie wichtig es ist, dass sie nicht nur gute Manager sind, sondern dass sie auch selbst Fahrgast und Nahverkehrsfreund sind. Bei einem solchen Chef muss man dann nicht fürchten, dass er sich – wie der Technikdirektor der BVG in Berlin – an die Spitze der Stilllegungsbefürworter stellt, wenn es um die Zukunft von Straßenbahnstrecken geht.

Ein O-Bus in Salzburg (Österreich)
Sie prägen Salzburg: Die Burg Hohensalzburg und der Obus, hier mit Eigenwerbung für das Lokalbahnjubiläum 2006. Foto: Karsten Müller

Dem neuen Salzburger Stadtbus-Chef gelang es, neben der Einbeziehung der Fahrgastverbände (das hatte er schon bei der Lokalbahn getan) auch Politiker verschiedenster Parteien für sich bzw. für sein System zu gewinnen. Es folgten eine Neustrukturierung des Liniennetzes entsprechend des Bedarfes (zum Teil Rückkehr auf alte Laufwege) und Anpassungen an den Bedarf durch geschickte Lösungen. Bestes Beispiel ist der Nachtknoten, der im Schwachlastverkehr den Bedarf an Bussen reduzierte, aber durch garantierte Anschlüsse im Zentrum blieben alle Endstellen erreichbar. Schon mit diesen kleinen Maßnahmen ließen sich Fahrgäste zurückgewinnen.

Ausbau des Obus-Netzes

Dann folgte der Ausbau. Unterstützt durch die Politik gab es in den letzten Jahren, anders in Deutschland, einen Ausbau des Obus-Netzes. Genannt seien die Verlängerung zum EM-Stadion oder im Dezember 2007 nach Mayrwies bzw. die Reaktivierung der Strecke nach Obergnigl. Gleichzeitig investierte man in zusätzliche Weichenanlagen und kurze Betriebsstrecken, um auf besondere Situationen flexibler reagieren zu können.

Dieses Engagement wurde mit einem Zuwachs der Fahrgastzahlen belohnt. Beispielsweise ist die im Dezember eröffnete Strecke nach Mayrwies erfolgreicher als zunächst prognostiziert. Diese Erfolge auf den heute acht Obus-Linien lassen immer mehr Politiker selbst aus dem Umland nach einer Verlängerung einer Strecke in ihre Gemeinde rufen. Es gibt sogar einige, die sich eine Verlängerung durch Umstellung einer Dieselbuslinie in das deutsche Freilassing vorstellen können.

Erfreulich ist, dass der Salzburger Stadtrat den Nahverkehr konstant unterstützt. In Deutschland sehen Politiker auf allen Ebenen in der Finanzierung von Bahnen und Bussen immer noch ein bevorzugtes Einsparpotenzial ohne Rücksicht auf die Folgen für das Verkehrsunternehmen und seine Fahrgäste.

Als sinnvoll erwies sich die Aufgabenteilung im ÖPNV bei gleichzeitig guter Abstimmung. Die das Obus-Netz ergänzenden Dieselbuslinien werden durch eine separate Firma (Albus) geführt, die durch einen Privatanbieter und durch die Salzburg AG geschaffen wurde.

Aussichten

In den nächsten Jahren wird man in Salzburg wegen der größeren Nachfrage und verlängerter Strecken neue Fahrzeuge beschaffen. Diese sollen einen hohen Stand der Technik aufweisen und dennoch kostengünstig sein. Das dürfte gelingen, denn der Stadtbus-Chef weis durch seine Unterstützung des Netzwerkes „TrolleyMotion“, was der internationale Markt zu bieten hat. Positiv dürfte zudem sein, dass durch Anbieter aus Mittel- und Osteuropa mit langjähriger Erfahrung und hohen Produktionszahlen vergleichsweise günstige Preise je Fahrzeug zu erzielen sind.

Obusse in Deutschland

Und was geschieht in Deutschland, wo es ohnehin nur noch drei Städte mit Obus-Betrieb gibt?

In Solingen hat man in den 1990er Jahren das Netz in Frage gestellt, es dann aber auch auf Druck der Bevölkerung erhalten und neue Fahrzeuge beschafft – was in Potsdam damals bekanntlich nicht gelang. Zu Verlängerungen, die machbar wären, kam es nicht. Nur, um die europaweit einmalige Obusdrehscheibe aufgeben zu können, erwägt man eine minimale Verlängerung.

Im schwäbischen Esslingen verabschiedet man sich vom zu teueren System Duobus (wohl auch, weil ein bekannter deutscher Bushersteller sich vom Obus-Markt verabschiedet hat) und beim reinen Obusnetz wird man die Entwicklung beobachten müssen.

Im brandenburgischen Eberswalde stellen einige Politiker wegen notwendiger Investitionen den langfristigen Bestand in Frage. Ein Gutachten sollte das Ende bringen, doch es erwies sich in vielen Punkten als fragwürdig. Bleibt zu hoffen, dass die Politik hier mal zum erfolgreichen Betrieb in Salzburg schaut und zusammen mit der lokalen Busgesellschaft BBG über sinnvolle Erweiterungen des Netzes in Eberswalde nachdenkt. Zudem könnte man ja mit einer gemeinsamen Ausschreibung mit anderen Betrieben die Beschaffungskosten senken.

Gänzlich ruhig geworden ist es um Städte, bei denen die Wiedereinführung oder Neuschaffung von Netzen einige ÖPNV-Probleme lösen könnte. Hier fehlt, wie auch beim Thema Zweisystemstadtbahnen oder anderen Entwicklungen, einfach der Mut zur Realisierung oder es wird mit falschen Argumenten Politik gegen Weiterentwicklungen gemacht (Stadtbahn im Raum Rostock, Straßenbahn Frankfurt/Oder—Słubice in Polen). Vor dem Hintergrund der Umwelt- und Klimadebatten muss man sich fragen, warum der elektrische Nahverkehr in Deutschland nur so zögerlich ausgebaut wird. Übrigens wirbt die Salzburg AG offensiv damit, dass der Strom für den Obus aus Wasserkraft gewonnen wird.

Weiterführende Links:
www.stadtbus.at, www.trolleymotion.org

DBV Berlin-Brandenburg

aus SIGNAL 2/2008 (Mai 2008), Seite 24-25

 

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