Notizen

Anmerkungen zur U-Bahn-Linie 9

Im August ist es nun soweit: Die Linie 9 feiert Jubiläum, sie wird stolze 20...

In diesen 20 Jahren hat sie sich eine hervorragende Stelle im Berliner U-Bahn-Netz erobert. Aus der Verbindungslinie zwischen Wedding, Moabit und dem Zoogebiet wurde die wichtigste Nord-Süd Verbindung der U-Bahn. Fahrgastzählungen haben gezeigt, daß der Abschnitt Zoo-Hansaplatz die höchsten Fahrgastzahlen aufweist. Wer einmal den Abschnitt Leopoldplatz-Zoo in der Berufszeit benutzt hat, wird unwillkürlich an die Zustände in der U-Bahn nach Hertha-Spielen erinnert. Selbst wenn man einen Sitzplatz erobert hat, ist man nicht gerade zu beneiden; denn sollte man zwischen den o.g. Stationen aussteigen wollen, so bleibt noch immer der Kampf zur Tür.

Man könnte jetzt auf die Idee kommen und sagen, man sollte doch mehr Züge fahren lassen, doch die wären dann hinter Zoo bzw. Leopoldplatz leer. Also Verstärkungszüge zwischen Leopoldplatz und Spichernstraße. Am Leopoldplatz kein Problem; dort ist eine große Kehr- und Abstellanlage vorhanden. Nur im Süden hat man eine solche vergessen, denn die erste Anlage aus Richtung Norden befindet sich hinter Rathaus Steglitz (auf Zoo Kopf machen ist wegen der kurzen Zugabstände so gut wie ausgeschlossen). Wer sich nach dem Dunkel des Tunnels wenigstens an den Bahnhöfen erfreuen will wird auch enttäuscht. Wegen der damaligen Geldknappheit wurden die Bahnhöfe mit langweiligen, einfarbigen Kacheln ausgestattet. Selbst der Chefarchitekt der U-Bahnhöfe gibt zu, daß die Bahnhöfe nur auf Anspruchslose wirken.

Rechtzeitig zum 20. Jahrestag (und schon etwas vorher) beginnen sich die Kacheln zu lösen und geben den Bahnhöfen zwischen Spichernstraße und Leopoldplatz (-Tegel) die so lang vermißte individuelle Note. Als es im Bahnhof Leopoldplatz fast so schlimm aussah wie im Anhalter S-Bf, half man den letzten fünf Kacheln nach und ließ hoffen, die Anspruchslosigkeit der 5Oer Jahre werde einer neuen Wandgesta1tung weichen. Man wurde nicht enttäuscht; statt elfenbeinfarbigen Stationsschildern an hellblauen Einheitskacheln prangen nun harmonisierende, knallrote Stationsschilder. Gerechterweise sei hinzugefügt, daß die späteren Linienerweiterungen individueller und farbenfroher ausgestattet wurden.

Aber, wer hat schon die Zeit auf so etwas zu achten, wenn er über die Bahnsteige hastet um auf die anderen Linien umzusteigen. Die Linie 9 besitzt sechs Umsteigebahnhöfe, bei denen sich Alfred Grenander (Schöpfer der Bahnhöfe Alexanderplatz, Hermannplatz, Gesundbrunnen usw.) im Grabe umdrehen würde.

1. LEOPOLDPLATZ

Wer am Leopoldplatz aus Richtung Zoo kommend in Richtung Tegel weiterfahren will (und das sind eine ganze Menge), der muß erst einmal an das nördl. Ende des Bahnsteiges laufen und dann im Gedränge und Geschiebe versuchen, die Rolltreppen zu erklimmen.

Grafik
IGEB-Vorschlag Umbau Zoo

2. ZOOLOGISCHER GARTEN

Wer am Zoo auf die Linie 1 will, kommt gar nicht erst auf die Treppe, die schon 10m vorher verstopft ist. Die Treppe zu den Zügen nach Schlesisches Tor ist zwar breit genug, nur was nützt es, wenn man auf dem Bahnsteig rechts und links des Schaukastens dann nur noch 2m hat.

3. KURFÜRSTENDAMM

Aufgrund des geringen Umsteigeverkehrs im Bahnhof Kurfürstendamm gibt es dort z.Zt. keine Probleme. Was man sich aber dabei gedacht hat, die Treppe zwischen dem Bahnsteig der Linie 9 und den Bahnsteig Richtung Wittenbergplatz so anzulegen, daß man oben angekommen gleich gegen die Tunnelwand der Linie 3 läuft, ist fraglich.

4. SPICHERNSTRASSE

Alte und Gebrechliche sollten den Bahnhof Spichernstraße meiden, denn dort müssen sie aus Krumme Lanke kommend 3x treppauf - treppab zur Linie 9 gelangen.

Nun gut; Planungssünden aus den 50er Jahren - aber auch in den 70er Jahren wurde gesündigt.

5. BERLINER STRASSE

Treppen und Bahnsteige des Bahnhofs Berliner Straße sind so schmal, daß man annehmen könnte, die Planer gingen von 10 Umsteigern pro Zug aus. Nun gut, zwischen den Bahnsteigen der Linie 9 liegt ein Autotunnel, aber hätte man nicht trotzdem die beiden Bahnsteige ein paar Meter breiter machen können?

6. OSLOER STRASSE

Die kreuzförmige Treppenanlage im Schnittpunkt der beiden Bahnsteige des Bfs Osloer Str. greift auf bewährte Lösungen zurück (Gleisdreieck). Aber auch hier wurde an Bahnsteigbreite gespart. Ob dieser Bahnhof auch größerem Umsteigeverkehr gerecht wird, zeigt die Zukunft.

Da es ziemlich kostenaufwendig ist, das Tunnelprofil nachträglich zu vergrößern, bleibt doch die Hoffnung, daß die zuständigen Planer in Zukunft bei Umsteigebahnhöfen von Anfang an größere Bahnsteigbreiten einplanen und sich nicht an veraltete Statistiken über das zu erwartende Verkehrsaufkommen orientieren. Wenn man Autofahrer in die U-Bahn bringen will, kann man ihnen nicht statt einen gepolsterten Sitzplatz Geschiebe und Gedränge auf Bahnhöfen und vollbesetzten Zügen anzubieten.

Grafik
IGEB-Vorschlag U-Bhf Leopoldpl

ABHILFE:

Realisierbare Maßnahmen in absehbarer Zeit:
U-Bf Zoo: Bau einer dritten Treppe vom Bahnsteig der Linie 9 zur Verteilerhalle, damit der Umsteigeverkehr vom Zielverkehr getrennt wird. Die dritte Treppe könnte auch inform von zwei Rolltreppen angelegt werden, die nur nach oben laufen. Im Zuge eines Umbaus des Fern-Bahnhofs Zoo sollte man sich auch an eine Umgestaltung des U-Bahnhofs heranmachen (große Verteilerhalle unter dem Hardenbergplatz, größere Bahnsteige, mehr Treppen etc.)
U-Bf Leopoldplatz: Statt der nördl. großen Treppe sollte eine kreuzförmige Treppenanlage für den Umsteigeverkehr angelegt werden, um eine Ballung an der nördl. Treppe zu vermeiden.

Uwe Kutscher
Technischer Leiter
der Interessengemeinschaft Eisenbahn Berlin e.V

IGEB

aus SIGNAL 4/1981 (30. Mai 1981), Seite 8-9

 

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