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Berliner Außenring bei Diedersdorf. Der Schienengüterverkehr ist um ein Vielfaches energieeffizienter als der Transport auf der Straße. Aber die Stromsteuer benachteiligt ausgerechnet den vergleichsweise umweltfreundlichen Schienenverkehr in seiner Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Straße. Hier sind Korrekturen dringend erforderlich. Foto: Christian Schultz |
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Bedingt durch die weiter zunehmende
Spezialisierung und Arbeitsteilung in der
Wirtschaft wird in Deutschland mit einer
Zunahme der Güterverkehrsleistung zwischen
2004 und 2025 um 71 % gerechnet
– mit einem überdurchschnittlichen Anstieg
von 84 % im Straßengüterfernverkehr. Mehr
Verkehr bedeutet dabei auch mehr Schadstoff-
bzw. Kohlendioxid-Ausstoß, mehr
Flächenverbrauch und mehr Lärm. Der Verkehrsbereich
ist heute für rund 20 % des
Gesamt-Kohlendioxid-Ausstoßes in der EU
verantwortlich. Angesichts dieser Fakten
und vielfach bereits heute überlasteter Autobahnen
wird der Handlungsbedarf deutlich.
Mit dem Masterplan werden sechs Handlungsschwerpunkte
gesetzt. Die für den
Schienengüterverkehr – zum Teil auch indirekt
– bedeutsamen Teile sind im Folgenden
beschrieben:
1. Verkehrswege optimal nutzen,
Verkehr effizient gestalten
1.1 Beschleunigte Einführung des europäischen
Zugsicherungssystems „European
Train Control System“ (ETCS)
Für den Schienengüterverkehr von hoher
Bedeutung ist die beschleunigte Einführung
des europäischen Zugsicherungssystems
„European Train Control System“ (ETCS) auf
den hochbelasteten Schienenkorridoren
Deutschlands. Durch die Einführung von
ETCS wird die Kapazität der betroffenen
Strecken erweitert, der grenzüberschreitende
Verkehr in Europa wird durch das einheitliche
Zugsicherungssystem deutlich vereinfacht.
Derzeit sind in Deutschland folgende
sechs Korridore für die Ausrüstung mit ETCS
vorgesehen:
- Emmerich—Basel
- Aachen—Horka/Frankfurt (Oder)
- Flensburg—Kufstein
- Kehl—Salzburg
- Darmstadt—Passau
- Hamburg—Berlin—Bad Schandau
Die Umsetzung von ETCS soll auf deutscher
Seite beschleunigt werden und bis 2015 erfolgen.
1.2 Beschleunigte Umsetzung der
Erweiterung von Lkw-Parkplatzkapazitäten
an Bundesautobahnen
Angesichts weltweit zunehmend knapper
werdender Ölvorräte mit regelmäßig neuen
Rekordpreisen ist ein Ziel unverständlicherweise
ausgerechnet die beschleunigte Realisierung
von Lkw-Parkplatzmöglichkeiten
an bzw. in der Nähe von Bundesautobahnen.
Es sollen 11.000 Parkplätze zusätzlich
geschaffen werden. Allein für dieses Ausbauprogramm
stehen bis 2015
insgesamt 250 Mio. Euro (!) zur
Verfügung. Im Jahr 2008 sollen
davon 35 Mio. Euro investiert
werden. Wird so eine Verkehrsverlagerung
auf die Schiene gefördert?
2. Verkehr vermeiden
2.1 Verstärkte Investitionen
in innovative und kapazitätssteigernde
Technologien
Ziel hierbei ist, durch Investitionen
in innovative und kapazitätssteigernde
Technologien bzw.
Nutzung von Leistungsreserven
eine Effizienzsteigerung des Verkehrssystems
zu erreichen. Beispiele
dafür sind
- Beförderung längerer Züge auf
ausgewählten Strecken,
- Doppelstock-Verkehre auf ausgewählten
Strecken,
- ICE-G / Luftfrachtersatzverkehr
zwischen Leipzig und Frankfurt
am Main.
Mit der Erarbeitung einer entsprechenden
Förderrichtlinie zur Unterstützung von Pilotprojekten
wird durch das Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
(BMVBS) im laufenden Jahr begonnen.
2.2 Einführung von progressiv gestalteten
Mautsätzen
Von Bedeutung für den Schienengüterverkehr
ist die geplante Prüfung der Einführung
von progressiv gestalteten Mautsätzen für
die Lkw-Konkurrenz. Seitens des BMVBS
wird hierbei noch untersucht, inwieweit
durch eine transportweitenabhängige Gestaltung
des Mautsystems eine Änderung
des Modal Splits zugunsten der Schiene
erreicht werden kann. Diese Untersuchung
soll im Zeitraum zwischen 2009 und 2010
durchgeführt werden.
3. Mehr Verkehr auf die Schiene
3.1 Abschaffung der Stromsteuer im
Schienengüterverkehr
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Güterzug im Kombinierten Verkehr mit SBB-Lok auf dem Berliner Außenring am Bahnhof Genshagener Heide. Der Kombinierte Verkehr verknüpft die einzelnen Verkehrsträger und nutzt dabei ihre jeweiligen Leistungsstärken. Es müssen aber auch ausreichend Investitionsmittel bereitgestellt werden, um den Ausbau dieses Systems zu gewährleisten und eine wirkungsvolle Entlastung der Straße zu erreichen. Foto: Christian Schultz |
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Die Stromsteuer benachteiligt die Schiene
hinsichtlich ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber
der Straße. Die Belastung durch die
Stromsteuer im gesamten Schienenverkehr
beträgt ca. 140 Mio. Euro jährlich. Davon
entfallen auf den Schienengüterverkehr ca.
36 Mio. Euro. Die Abschaffung der Stromsteuer
leistet damit einen wichtigen und
notwendigen Beitrag, um die Rahmenbedingungen
zugunsten der Schiene zu verändern
– im Güterverkehr und im Verkehr
insgesamt. Die Maßnahme soll bis 2009 umgesetzt
werden.
3.2 Aufstockung der Mittel für den
Kombinierten Verkehr
Die derzeit bestehenden intermodalen Umschlaganlagen
sind in der Regel hoch ausgelastet.
Da Prognosen auch künftig überproportional
hohe Steigerungsraten in diesem
Bereich ausweisen, sollen die Fördermittel
für den Neu- bzw. Ausbau von Umschlaganlagen
des Kombinierten Verkehrs von derzeit
jährlich 62,5 Mio. Euro auf jährlich 150 Mio.
Euro aufgestockt werden. Mit diesen Investitionen
kann voraussichtlich eine Verlagerung
von rund 78 Mio. t bzw. 49,3 Mrd. tkm
erreicht werden. Dies entspricht einer Reduzierung
an Kohlendioxidemissionen von
7,5 Mio. t im Jahr. Die erforderlichen finanziellen
Mittel sollen ab dem Haushaltsjahr
2009 ff. bereitgestellt werden.
3.3 Weiterentwicklung von
Umschlagtechnik und Organisation im
Kombinierten Verkehr
Mit Einführung einer Förderrichtlinie sollen
Pilotprojekte unterstützt werden, die der
Entwicklung innovativer Umschlagtechniken
im Kombinierten Verkehr dienen (z. B.
parallele horizontale Verladungsmöglichkeiten).
Ziel sind dabei einerseits die weitere
Effizienzsteigerung dieses Bereichs, andererseits
ein Anreiz für weitere Verkehrsverlagerungen.
Der jährliche Finanzmittelbedarf
liegt bei ca. 30 Mio. Euro.
3.4 Anlastung externer Kosten
Externe Kosten sind derzeit nicht in den
Marktpreisen enthalten. Hierzu zählen im
wesentlichen Kosten für Luftverschmutzung,
Klimaschäden, Lärmschäden, Unfallschäden
und Staus. Dadurch ergibt sich die widersinnige
Situation, dass der Preis für eine Verkehrsleistung
nicht die tatsächlichen Kosten
widerspiegelt. Daher ist ein Konzept zur
verstärkten Einbeziehung externer Kosten
bei der Berechnung der Mauthöhe geplant.
Erwartet werden mit dieser Maßnahme
Veränderungen des Modal Splits zugunsten
umweltfreundlicherer Verkehrsträger,
aber auch die zeitliche und örtliche
Entzerrung von Verkehrsströmen
(Stauverminderung).
4. Verstärkter Ausbau von
Verkehrsachsen und -knoten
4.1 Entmischung von Personenund
Güterverkehr
Zur Engpassbeseitigung bei der
Schiene soll die Strategie „Netz 21“
der DB AG, d.h. die Entmischung
von langsamen und schnellen Verkehren,
fortgeführt und beschleunigt
werden.
Äußerst fragwürdig zu diesem
Thema sind dagegen die Aussagen
im Masterplan zum Güter- und Personenverkehr
auf der Straße: „Die
Entmischung von Güter- und Personenverkehr
auf der Straße lässt
sich am effizientesten durch sechsund
achtspurigen Ausbau der Bundesautobahnen
erreichen. Für den
Ausbau der Abschnitte auf den
Bundesautobahnen sollen die entsprechenden
Baumaßnahmen beschleunigt
durchgeführt werden.“ Derartige
„Betonorgien“ sind vor dem Hintergrund der
sich deutlich verschärfenden Energie- und
Klimaproblematik kaum als weitsichtig einzustufen.
4.2 Überprüfung der Bedarfspläne
Für 2009 ist die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes
geplant bzw. die Überarbeitung
der Bedarfspläne.
5. Umwelt- und klimafreundlicher,
leiser und sicherer Verkehr
5.1 Lärmminderung bei der Schiene
Im Schienenverkehr besitzt die Lärmproblematik
einen besonderen Stellenwert, da
überregionale Strecken vielfach durch dicht
besiedelte Gebiete führen. Neben dem Bau
von Lärmschutzwänden kommt hier der Anschaffung
lärmarmer Güterwagen bzw. der
Umrüstung vorhandener Fahrzeuge besondere
Bedeutung zu. Entsprechende Anreizsysteme
sollen durch die Einführung einer
aufkommensneutralen Differenzierung der
Trassenpreise nach Lärmemissionen geschaffen
werden. Diese Maßnahme soll innerhalb
von fünf Jahren umgesetzt werden.
Für die Lärmsanierung sind
im Bundeshaushalt 2008 von
den dort eingestellten 100 Mio.
Euro 10 Mio. Euro für ein Pilotund
Innovationsprogramm zur
lärmmindernden Umrüstung
bestehender Güterwagen
zweckgebunden eingeplant.
Insgesamt werden hierfür
40 Mio. Euro verteilt auf vier
Jahre bereitgestellt.
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Autobahn A12 zwischen Berliner Ring und Polen. Regelmäßig wird von Wirtschaft und Politik in Brandenburg der Ausbau auf sechs Fahrspuren gefordert. Angesichts der Klimaentwicklung und drastischer Kostensteigerungen für Dieselkraftstoff sollte es besser Initiativen für eine forcierte Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene geben. Foto: C. Schultz |
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6. Gute Arbeit und gute
Ausbildung im Transportgewerbe
6.1 Verstärkte Durchsetzung
von Sozialvorschriften
im Straßengüterverkehr
Verstöße gegen Verkehrssicherheitsregeln
und Sozialvorschriften
sind in der Regel maßgebliche Ursache
schwerer Verkehrsunfälle. Daneben führen
diese Verstöße zu ungerechtfertigten Kostenvorteilen
z. B. gegenüber dem Schienenverkehr.
Es ist daher zu begrüßen, wenn derartige
Praktiken durch ein entsprechendes
Kontrollkonzept erschwert werden sollen.
Fazit
Der vorgelegte Entwurf zum „Masterplan
Güterverkehr und Logistik“ weist überwiegend
in die richtige Richtung. Es wird
nunmehr jedoch darauf ankommen, die beschriebenen
Maßnahmen auch möglichst
zeitnah umzusetzen. Das bedeutet, dass
zur erforderlichen Stärkung des Schienenverkehrs
endlich auch eine entsprechende
Priorisierung bezüglich der Investitionsmittel
erfolgen muss. Angesichts der Tatsache,
dass der Preis für Dieselkraftstoff inzwischen
das Niveau von Benzin erreicht und zeitweise
sogar überschritten hat, sind Maßnahmen,
die die Abhängigkeit von der Mangelware
Erdöl zu reduzieren helfen, überfällig.
Bemühungen um alternative
Kraftstoffe und Antriebstechniken
reichen hier allein nicht
aus, zumal Flächen, auf denen
z. B. Pflanzen zur Herstellung
solcher Ersatzstoffe angebaut
werden, nicht auch gleichzeitig
für den Anbau von Lebensmitteln
zur Verfügung stehen
können.
Der weitgehend elektrisch
betriebene Schienenverkehr
ist dagegen um ein Vielfaches
energieeffizienter als der Straßenverkehr.
Außerdem bietet
sich beim elektrischen Schienenverkehr
die Möglichkeit,
auf regenerative bzw. heimische
Energiequellen zurückzugreifen.
Eine Verlagerung von Transportleistungen
auf die Schiene leistet nicht
zuletzt einen wichtigen Beitrag zur dringend
notwendigen Reduzierung der Kohlendioxid-
Emissionen. In diesem Zusammenhang
wäre beispielsweise die Umverteilung der
für die Erweiterung von Lkw-Parkplätzen
an Bundesautobahnen derzeit verplanten
Investitionsmittel für eine beschleunigte
Verbesserung des Kombinierten Verkehrs
oder den forcierten Ausbau der für den
Seehafen-Hinterlandverkehr bedeutenden
Schienen-Korridore deutlich zielführender. Deutscher Bahnkunden-Verband
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