Der Berliner Fahrgastverband IGEB erhielt eine
Beschwerde, dass man von Berlin Hbf nach
Würzburg Hbf den EN346 nicht reservieren
geschweige denn nutzen kann, obwohl er in
der Fahrplanauskunft angezeigt wird und sogar
der Erwerb von Fahrkarten technisch möglich
ist. Da das Problem auch in Richtung München
und Basel auftritt, soll der Hintergrund erläutert
werden.
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In der Grafik zeigt die Farbe an, woher ein Zugteil kommt, und der Buchstabe A, B oder M im Bahnhof wohin er fährt. Ist der Buchstabe am Bahnhof auf der grauen Fläche, kann nicht zugestiegen werden. Die Zugteile, deren Linien in weiße Bahnhofsflächen münden sind besteigbar. Grafik: BfVst |
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Der Zug, um den es hier geht, ist der EuroNight
„Jan Kiepura“ mit der Zugnummer EN346. Er ist
ein internationaler Nachtreisezug und beginnt
in Warschau mit Schlaf-, Liege- und Sitzwagen.
Außerdem kommen dort noch Schlafwagen
aus Minsk D11MZ und Moskau D11MJ hinzu.
Von Warschau fährt der EN346 nach Berlin und
wird dort mit dem CityNightLine CNL378 aus
Prag zusammen gekoppelt. Gemeinsam fahren
EN 346 und CNL378 von Berlin nach Hannover.
Hannover ist ein Nachtzugknoten, wo mehrere
Züge aus verschiedenen Richtungen in ihre
Zugteile zerlegt und neu zusammengestellt
werden. Für unseren Zug bedeutet das:
- Zugteil A des EN346 fährt mit CNL378 weiter
Richtung Amsterdam.
- Zugteil B des EN346 fährt mit dem
CNL483 (aus Kopenhagen) bis Fulda und
ab dort mit dem CNL352 (aus Prag über
Dresden—Leipzig—Fulda) nach Basel
weiter.
- Zugteil M des EN346 fährt mit dem
CNL483 (aus Kopenhagen) über Fulda und
Würzburg nach München.
Warum kann man nicht von Berlin beispielsweise
nach Würzburg mitfahren?
Die Zugteile B und M Richtung Basel und
München führen nur Schlafwagen aus Moskau
und Liegewagen aus Warschau mit. Von
den Angebotsbahnen (den Wagen-/Zugbetreibern)
Russische Bahn RŽD, Weißrussische
Bahn BC und die Polnischen Bahnen PKP ist
der Zustieg in diese Wagen in Berlin nicht
gewünscht und daher die Reservierungsmöglichkeit
gesperrt worden. Das heißt,
dass die Verbindung zum Beispiel von Berlin
nach Würzburg für Fahrgäste aus Berlin bei
diesem Zug nicht nutzbar ist, sondern nur für
Reisende aus Russland bzw. Weißrussland
(Schlafwagen) und aus Polen (Liegewagen).
Dasselbe gilt für den Zugteil nach
Basel. Auch dieser darf in Berlin
nicht bestiegen werden und ist
somit nicht reservierbar.
Warum wird das gemacht?
Schaut man sich an, von welchen
Abgangspunkten welche Ziele
direkt angefahren werden sollen,
so kann man sich denken, dass
die meisten Direktverbindungen
mit jeweils nur einem Wagen bedient
werden können, da sonst
der Zug Überlängen hätte. Die
deshalb nur wenigen Schlaf- und
Liegeplätze sollen für den gesamten
internationalen Wagenlauf
zur Verfügung stehen. Würde
sich die Teilstrecke ab Berlin
reservieren lassen, hätten es Reisende
aus Warschau oder Moskau
schwer, einen Schlafplatz nach
Amsterdam, Basel oder München
zu bekommen, und die Bahnen
würden viel Luft von Moskau
nach Berlin befördern.
Ein weiterer Grund ist die
Nachtruhe. Wer eine lange Stecke
mit einem Schlafwagenzug
reist, der möchte nicht während
der Geisterstunde auf halber
Strecke von Gepäck zusammen
kramenden oder verstauenden
Mitreisenden im Abteil geweckt
werden.
Warum wird der Zug aber in der
Fahrplanauskunft angezeigt?
Dass der Zug in der Fahrplanauskunft angezeigt
wird, liegt an dem Zugteil in Richtung
Amsterdam. Der in Berlin nicht zugängliche
EN346 (aus Moskau, Minsk und Warschau) fährt
ab Berlin zusammen mit dem CNL378 aus Prag
weiter. In dessen Wagen ist der Zustieg in Berlin
möglich, weil diese die Nachtverknüpfung
Ost—West im deutschen Binnenverkehr sicherstellen.
Daher kann in der Fahrplanauskunft die
Definition „Abfahrtsbahnhof“ für Berlin nicht
entfernt werden, weil der gesamte Zug mit den
zugänglichen und nicht zugänglichen Wagen
ab Berlin unter einer Zugnummer fährt.
In den Reservierungsdaten kann jede
Zu- und Ausstiegsmöglichkeit einzeln (sogar
Platzweise) freigegeben oder gesperrt werden,
weswegen der Fahrkartenverkäufer keine Reservierung,
sondern eine Fehlermeldung auf
dem Monitor von Berlin Richtung München
und Basel erhält. Für die Fahrplanauskunft
(die Basis für den Fahrkartenverkauf) ist die
Differenzierung bis jetzt aber technisch nicht
möglich. Darum kommt es vereinzelt vor, dass
unerlaubterweise Fahrkarten ohne Reservierung
verkauft werden.
In der Gegenrichtung (aus Basel bzw. München
nach Berlin) gibt es dieses Problem seit
dem 20. Juni nicht mehr. Hier wurde vom Europäischen
Fahrplanzentrum EFZ eine technische
Möglichkeit gefunden, dass für die Kurswagen
der Halt in Berlin nicht mehr angezeigt wird.
Grundlage hierfür ist vermutlich der Umstand,
dass die Zugteile an den jeweiligen Abfahrtsbahnhöfen
mit unterschiedlichen (Haupt-)Zugnummern
losfahren, die Berlin nicht tangieren.
Es ist zu wünschen, dass das EFZ für die Züge
Richtung Süden möglichst schnell ebenfalls
eine Lösung findet.
Kann man nicht einfach so in den Zugteil
nach München einsteigen?
Ein Zustieg ohne Reservierung ist in der Regel
nicht möglich. Vor allem bei den russischen
Zügen werden Fahrgäste ohne Reservierung
fast immer abgewiesen. Demgegenüber ist es
beim CNL möglich, im Einzelfall beim Zugpersonal
anzufragen, ob bei freien (Sitz-)Plätzen
eine Mitnahme ausnahmsweise möglich ist.
Allerdings besteht kein Beförderungsanspruch,
so dass man ggf. zurückbleiben muss.
Welche Alternativen gibt es?
Für die Nachtreisenden innerhalb Deutschlands
gibt es ab Berlin Hbf (z. Z. ab 22.14 Uhr) in
Richtung München den CNL1201. Der genannte
Beschwerde führende Fahrgast nach Würzburg
müsste aber in Fürth früh gegen halb fünf
in eine Regionalbahn umsteigen.
In Richtung Südhessen, Baden-Württemberg
und Schweiz steht der CNL1242 (z. Z. Berlin Hbf
ab 21.26 Uhr) zur Verfügung.
Übrigens: Bei vielen CityNightLine-Zügen ist
es wegen der sogenannten „Pendlerregelung“
auf manchen Teilstrecken möglich, im Sitzwagen
ohne Reservierung mitzufahren, beim
CNL378 z. B. von Prag bis Berlin. Mehr dazu
demnächst im SIGNAL. Berliner Fahrgastverband IGEB
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