Brandenburg:

Geändertes ÖPNV-Gesetz in Brandenburg

Am 5 . Dezember 2006 beschloss der Landtag Brandenburg mehrheitlich das novellierte ÖPNV-Gesetz. Im Vorfeld dazu fand im Verkehrsausschuss eine Anhörung statt, zu der auch der Bahnkunden-Verband geladen war...

Bahnhof Templin Stadt
Abgehängt. Nachdem Templin bereits die Schienenanbindung zu seiner Kreisstadt Prenzlau verloren hatte, wurde 2006 nun auch der Bahnverkehr nach Eberswalde abbestellt. Jetzt gibt es für Templiner nur noch das Bahnangebot über Löwenberg und Oranienburg nach Berlin. Wie dessen Zukunft aussieht, soll im Landesnahverkehrsplan geregelt werden, der laut ÖPNV-Gesetz zum 31. Dezember 2007 endlich vorliegen soll. Foto: Birgit Schötz

So groß die Erwartung anfangs war, die Sorgen der Fahrgäste direkt an die Abgeordneten bringen zu können, so ernüchternd war das Ergebnis. Letztendlich ging es fast nur ums Geld.

Zwar stehen im Gesetz statt 50 nun sogar 83 Millionen Euro, die für die Bestellung von ÖPNV-Leistungen (Straßenbahn- und Busverkehr) im Land Brandenburg zur Verfügung stehen. Diese Erhöhung der Zuweisungen gelingt aber nur durch einen Trick: Neu ist, dass die Aufgabenträger (also die Landkreise und kreisfreien Städte) alle Gelder vom Land erhalten und sie an die Verkehrsunternehmen weiterreichen. Bisher war es so, dass die Verkehrsunternehmen die Ausgleichsmittel für den Schüler- und Ausbildungsverkehr (nach § 45a Personenbeförderungsgesetz) direkt vom Land auf Grund eines Rechtsanspruches erhalten haben. Nun werden diese – gekürzten! – Mittel zunächst an die Aufgabenträger gezahlt und deshalb dem Förderbetrag des Landes für die Kreise zugerechnet. Tatsächlich gibt es weniger Geld als bisher.

Neben dieser Kürzung wiegen vor allem andere Gesetzeskorrekturen schwer, die gleich mit beschlossen wurden. Schon lange ist der ÖPNV, insbesondere in den Berlin fernen Regionen, keine Alternative zum motorisierten Individualverkehr. Und auch das zuvor in § 2 Abs. 1 genannte Ziel des ÖPNV-Gesetzes, für die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen zu sorgen, wird in manchen Landkreisen nach Ansicht des Bahnkunden-Verbandes nicht mehr erfüllt. Außer einem oder zwei Schulbuspaaren am Tag finden in vielen Dörfern keine Busfahrten mehr statt. Anstatt entweder das Ziel des ÖPNV-Gesetzes den Realitäten anzupassen oder durch eine Kurskorrektur der Landespolitik gegenzusteuern, scheint es bequemer, einfach wie bisher weiterzumachen.

Nahverkehrsbeiräte

Eine langjährige Forderung des DBV, die Einrichtung von Nahverkehrsbeiräten bei den Aufgabenträgern zu einer Pflicht zu erheben, hat leider kein Gehör gefunden. Anstatt durch diese Maßnahme die demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten der betroffenen Bevölkerung festzuschreiben, gehen mit ganz wenigen Ausnahmen viele Landkreise und kreisfreien Städte den bequemen Weg, alle Fragen und Entscheidungen zum Straßenbahn- und Busangebot auf dem Verwaltungswege zwischen den beteiligten Verwaltungsabteilungen zu regeln.

Landesnahverkehrsplan und kommunale Nahverkehrspläne

Das enttäuschend geringe Interesse der Landespolitik an einer Weiterentwicklung des Bahn- und Busangebotes im gesamten Land findet insbesondere in den zahlreichen Streichungen und Aufweichungen zum Landesnahverkehrsplan seinen Niederschlag.

So wird der Landesnahverkehrsplan nicht mehr als Rechtsverordnung veröffentlicht, sondern durch das Verkehrsministerium nach Erörterung im zuständigen Landtagsausschuss aufgestellt – also ein weiterer Schritt in Richtung Unverbindlichkeit. Diskussion und Abstimmung im Parlament darüber entfallen zukünftig. Im Landesnahverkehrsplan sollen Aussagen zum Bahnverkehr getroffen werden, aber eine Abstimmung mit den Aufgabenträgern soll nicht mehr stattfinden.

Durch die weiteren Änderungen, die die künftigen Landesnahverkehrspläne erfahren werden, tendiert ihre Aussagekraft und Verbindlichkeit gegen Null. Insofern ist es auch nicht weiter tragisch, wenn an der Erarbeitung und Aufstellung Aufgabenträger und Fahrgäste nicht beteiligt werden.

Hieß es bisher, dass sowohl der Linienund Netzbestand als auch das erwartete Fahrgastaufkommen dargestellt werden müssen, so ist nach der erfolgten Änderung daraus eine unverbindliche Soll-Regelung geworden und die Darstellung des Bestandes, auf dessen Grundlage die Fortschreibung erfolgen soll, ist gestrichen. Auch die Verpflichtung, den Plan alle fünf Jahre zu aktualisieren, wurde in eine unverbindliche Kann-Bestimmung geändert.

Nach den Festlegungen des bisherigen Gesetzestextes sollte die erstmalige Aufstellung des Landesnahverkehrsplanes bereits zum 30. Juni 2005 erfolgen. Zweieinhalb Jahre später ist als neues Datum im Gesetz der 31. Dezember 2007 genannt. Auch in diesem Umgang spiegelt sich die Unwichtigkeit für die Landespolitik wider.

Die jährliche Verpflichtung zur Fortschreibung des Investitionsbedarfs, der Betriebskostenentwicklung und eines Finanzierungskonzeptes wurden ebenfalls ersatzlos gestrichen.

Auch auf kommunaler Ebene können Nahverkehrspläne aufgestellt werden. Der Vorschlag des Bahnkunden-Verbandes, diese bereits im bisherigen Gesetz bestehende Kann-Regelung in eine Muss-Regelung umzuwandeln, fand keine Mehrheit.

Fazit

Es scheint, als ob in Brandenburg seitens der Landesregierung beim Bahn- und Busverkehr nichts mehr geplant und verbindlich festgeschrieben werden müsste. Wird ansonsten stets die Wichtigkeit einer guten und leistungsfähigen Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort Brandenburg betont, findet diese Position beim ÖPNV-Gesetz leider keinen Eingang. Der Berlin-Brandenburgische Bahnkunden-Verband wird sich trotz dieses enttäuschenden Gesetzes weiterhin mit Argumenten gegen den Abbau des Bahn- und Busangebotes in Brandenburg zur Wehr setzen.

Berlin-Brandenburgischer Bahnkunden-Verband

aus SIGNAL 2/2007 (April/Mai 2007), Seite 20

 

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