Europa wächst zusammen – mit Spitzengeschwindigkeit
320 km/h. Wer ab Juni im
Frankfurter Hauptbahnhof in den ICE steigt,
fährt 4 Stunden und 11 Minuten später im
selben Zug in den Pariser Gare de l‘Est ein.
Ab dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember
2007 wird die Reise sogar nur noch 3 Stunden
und 50 Minuten dauern. Aus der französischen
Hauptstadt fährt der TGV künftig
im Gegenzug in 3 Stunden 40 Minuten nach
Stuttgart. Auf beiden Strecken ist damit das
Zeitalter des gemächlichen EuroCity vorbei,
der jeweils mehr als 6 Stunden für die Reise
von der Ile de France in die Schwaben- bzw.
Banken-Metropole benötigte.
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ICE auf Messfahrt in Frankreich. Der deutsche InterCityExpress 3 M (ICE 3 M) hielt während einer Messfahrt in Frankreich im Bahnhof Lyon-Saint Exupery TGV. Foto: DB AG/Müller (2005) |
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Möglich wird die Beschleunigung des europäischen
Bahnverkehrs durch die Fertigstellung
des französischen Hochgeschwindigkeitsabschnitts
von Paris nach Baudrecourt
in Lothringen. Nach fünf Jahren Bauzeit
erlaubt die Neubaustrecke eine Höchstgeschwindigkeit
von 320 km/h, die sowohl
die neue, extra für die Strecke bestellte Serie
von TGV-Zügen sowie der ICE 3 erreichen.
Denn neben den verbesserten Fahrzeiten ist
dies das Novum im deutsch-französischen
Hochgeschwindigkeitsverkehr: Erstmals
fahren die Flagschiffe der SNCF und der DB
weit ins andere Land hinein.
Sowohl technisch als auch für die Fahrgäste
bedeutet dies ein Aufeinandertreffen
unterschiedlicher Bahn-
Kulturen. Während die
Franzosen mit festem
Platzreservierungssystem
arbeiten, wird
im ICE auch weiterhin
keine Reservierungspflicht
bestehen. Und
während Frankreich
möglichst ohne Halt
durchquert wird, halten
auf der deutschen
Strecke die Züge öfter.
Für den ICE 3, der angesichts
der vielen Stopps
nur sehr selten „ausgefahren“
wird, bringt der
französische Abschnitt
neue Geschwindigkeitserfahrungen.
Was beim Thalys
noch immer nicht funktioniert, wird im
deutsch-französischen Verkehr möglich.
Die BahnCard gilt bis Paris, ebenso bringt
die Card Escapade-Ermäßigungen auf dem
deutschen Netz. Schließlich setzen die Züge
auch technisch – nach jahrelangem Tauziehen
– europäische Maßstäbe, denn sie werden
durchgehend
mit dem digitalen Signal-
und Zugsteuerungssystem
ERTMS
ausgestattet.
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TGV auf Testfahrt in Deutschland. Der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV der französischen Staatsbahn SNCF absolvierte ab Dezember 2005 ein umfangreiches mehrmonatiges Testprogramm, dessen Ziel es war, die Zulassung des TGV für den Verkehr auf dem deutschen Streckennetz zu erreichen. Im Bild: Zulassungsfahrt auf der Strecke Karlsruhe—Freiburg, hier beim Halt im Bahnhof Karlsruhe. Foto: DB AG/Alabiso (2005) |
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Gerade zu Beginn
sollen Kunden mit
Sparpreisen vom
neuen Angebot
überzeugt werden.
Mit dem Einführungspreis
von
29 Euro von Frankfurt
nach Paris beweist
die DB AG, dass sie
zeitlich und preislich
dem Angebot der
(Billig-)Flieger etwas
entgegenzusetzen
hat. Leider zeigt
sich die SNCF weniger
europäisch und
setzt ihrerseits nur
auf Sparpreise auf
französischen Destinationen. Für Air France
ist das offenbar Bedrohung genug: Bei der
Airline rechnet man damit, durch die Hochgeschwindigkeits-
Konkurrenz eine halbe
Million Fluggäste zu verlieren. Schon auf
anderen Strecken hat sich gezeigt, dass der
Flugverkehr nach dem Start von Hochgeschwindigkeitszügen
entweder ganz eingestellt
oder erheblich reduziert wurde, etwa
zwischen Berlin und Hamburg, Brüssel und
Paris oder Paris und London.
Insgesamt rechnen die Bahnen bis zum
Jahr 2012 mit einem Fahrgastzuwachs um
50 Prozent zwischen Deutschland und
Frankreich. Bis dahin könnten sich noch weitere
Verbesserungen auf der Strecke ergeben,
denn die Verbindung Paris—Stuttgart
ist Teil der Transeuropäischen Magistrale
von Paris über München, Wien und Bratislava
nach Budapest. Gerade in der österreichischen
Hauptstadt sind die Arbeiten
für die Durchbindung in vollem Gange, mit
drei Prozent maßvoll durch die EU gefördert.
Andere Abschnitte stocken, weil den
Planungen das vernünftige Maß und somit
die Chance auf eine Finanzierung fehlt. Das
gilt insbesondere für den auf 2,8 Milliarden
Euro veranschlagten Umbau des Stuttgarter
Bahnhofs und daraus folgend die Verbindung
nach Ulm, wo nach Vorstellung des
Landes Baden-Württemberg die EU 10 Prozent
übernehmen soll. Nach den Kürzungen
des europäischen Verkehrshaushaltes auf
ein Drittel, die gerade auch Deutschland
durchgesetzt hat, ist eine solche Summe
Traumtänzerei!
Für die guten Nachrichten sorgen zunächst
erneut die Franzosen. Offenbar beflügelt
durch die positive Resonanz auf die
Inbetriebnahme des ersten Abschnitts hat
der französische Verkehrsminister Dominique
Perben angekündigt, den Bau des noch
fehlenden Abschnittes nach Straßburg bereits
2008 und nicht – wie geplant – erst
2010 zu beginnen.
Michael Cramer, MdEP
Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament
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