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Haltepunkt Grieben, eine günstig gelegene Station für Ausflüge in die Natur. Doch seit 10. Dezember fahren die Züge nach Rheinsberg ohne Halt durch. Foto: Florian Müller |
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Vielleicht hatte der damalige Verkehrsminister
Frank Szymanski einfach nur den Überblick
verloren. In der Landtagsdebatte am 26. Oktober
2006 erklärte er nämlich „Dieser Entscheidungsprozess
[zu den Abbestellungen
im Land Brandenburg] vollzog sich öffentlich
und transparent.“ (Plenarprotokoll 4/38, Seite
2670).
Diese Aussage stimmt leider nicht, denn
zu keinem Zeitpunkt, weder in den Abbestellungsvorschlägen
des Verkehrsministeriums
noch auf den Regionalkonferenzen und
auch nicht in der dann umgesetzten Liste der
Zugstreichungen war zu erfahren, dass zum
Fahrplanwechsel am 10. Dezember auch drei
Haltepunkte an weiterhin befahrenen Strecken
abbestellt werden. In Cottbus-Kiekebusch
an der Strecke Cottbus— Görlitz fahren die
Züge jetzt ebenso durch wie in Löwenberg
(Mark) Dorf und Grieben (bei Gransee) an der
Strecke zwischen Löwenberg (Mark)—Rheinsberg
(Mark). Erst der VBB veröffentlichte einige
Tage vor dem Fahrplanwechsel alle Veränderungen.
Und nur wer das mehrseitige Papier
ausführlich studierte, dem ist vielleicht das
plötzliche Auftauchen auch dieser Abbestellungen
aufgefallen.
Nach der bis zum 9. Dezember 2006 gültigen
Stationspreisliste der DB Station & Service
AG waren für jeden einzelnen Halt auf diesen
drei Bahnhöfen 3,44 Euro an Entgelt fällig. Bis
2010 lassen sich so bestimmt mehrere hunderttausend
Euro einsparen! Grieben ist nun
an Sonnabenden, Sonn- und Feiertagen komplett
vom öffentlichen Verkehr abgeschnitten.
Und für einen Teil der Löwenberger werden
längere Wege notwendig.
Leider weigert sich die Landesregierung,
ihre verkehrspolitischen Entscheidungen
einzeln darzulegen. Auf eine Kleine Anfrage
erhielt die Abgeordnete der Linksfraktion im
Landtag Brandenburg, Anita Tack, nur den
Hinweis, dass die durch die Einzelmaßnahmen
eingesparten Mittel nicht aufgelistet werden
können, weil „eine genauere Spezifizierung
[…] wegen noch nicht abgeschlossener Verhandlungen
zu Detailfragen und der möglichen
Einblicke in betriebliche Kalkulationen
nicht möglich“ sei (Drs. 4/3794). Bei dieser
Begründung reibt sich der interessierte Staatsbürger
die Augen.
Das Eingeständnis, dass die Verhandlungen
noch gar nicht abgeschlossen seien, zeugt
nicht von professioneller Arbeit. Das Verkehrsministerium
verkündet den Vollzug der im
Schweinsgalopp durchgezogenen Abbestellungen,
nennt die Art und Weise, wie sie zustande
gekommen sind, „öffentlich und transparent“
und muss dann einige Wochen später
zugeben, dass die Gespräche und Verhandlungen
überhaupt noch nicht beendet sind.
Bei dem vorgegebenen Tempo ist es verständlich,
dass der Chef, in diesem Falle der damalige
Verkehrsminister Frank Szymanski, den
Überblick verliert. Und so fahren an den drei
Stationen nun die Züge durch. Vom VBB ist zu
hören, dass diese Halte keine „nennenswerten
Fahrgastzahlen“ aufwiesen. Auch wenn es am
Tag vielleicht nur 30 Fahrgäste waren, ist das
kein Grund, hier einfach vollendete Tatsachen
zu schaffen. Denn mindestens ein Teil der betroffenen
Fahrgäste ist jetzt in seiner Mobilität
erheblich beschränkt. Das gilt besonders für
Grieben, da der Bus seltener als die Bahn und
am Wochenende gar nicht verkehrt. Gerade
hier würde die nur noch von Freitag bis Sonntag
verkehrende Regionalbahn die Mobilität
am Wochenende garantieren.
Wie überstürzt und unkoordiniert das Verfahren
ablief, zeigen auch Beschwerden von
Fahrgästen, wonach es in manchen Bussen erst
einige Tage später möglich war, Fahrscheine
von Löwenberg nach Rheinsberg zu kaufen.
Frank Szymanski ist nun Oberbürgermeister
von Cottbus. Hoffen wir, dass Reinhold
Dellmann, sein bisheriger Staatssekretär und
neuer Minister, dafür sorgt, dass im Verkehrsministerium
in Zukunft die Entscheidungen
wirklich „öffentlich und transparent“ werden. Berlin-Brandenburgischer
Bahnkunden-Verband
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