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In der Umgebung des Stadions befinden sich die S-Bahnhöfe Köpenick und Spindlersfeld. Die Straßenbahn hält quasi direkt vor der Tür. Foto: Hupe, union-foto.de, Eintragungen: IGEB |
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Der 1. FC Union spielt seit 1920 im „Stadion
an der Alten Försterei“. Seit Jahren gibt es
Diskussionen um den Standort, da das Stadion
marode ist und dringend saniert werden
muss. Die Fans bekennen sich klar zum
traditionellen Standort. Im Frühjahr gab es
endlich auch von der Politik eine Zusage,
dass der Verein dort bleiben kann.
Daraufhin begann im Juni, überwiegend
privat finanziert, die längst fällige Sanierung
des Stadions. Wohl einmalig in Deutschland
findet der Umbau mit reger Beteiligung der
Fans des Vereins statt. Mit der ersten Ausbaustufe
bis vsl. November erhöht sich die Stadionkapazität
von 18 000 auf 20 500 Plätze.
Dann ist die Alte Försterei die zweitgrößte
Sportstätte Berlins. In einer zweiten Ausbaustufe,
die voraussichtlich im Frühjahr 2009
startet, wird die Platzkapazität auf dann etwa
23 500 Plätze erhöht. Der Zuschauerschnitt
des Vereins liegt derzeit bei 7100 Zuschauern
pro Saison-Spiel, aber zu Spitzenspielen kommen
auch deutlich über 10 000.
Verkehrliche Erschließung des Stadions
Die meisten Zuschauer kommen mit S-Bahn
und Straßenbahn zum Stadion, mit der
S-Bahn (hauptsächlich S 3) aus den Innenstadtbezirken,
mit der Straßenbahn aus dem
Raum Schöneweide (Linien 27, 63, 67).
Mit dem Auto kommen nur wenige, da es
so gut wie keine Parkplätze gibt. Diese Situation
verschärft sich vor allem dann, wenn
gleichzeitig in der benachbarten Parkbühne
ein Konzert stattfindet wie zuletzt am
31. Mai.
Der Anteil der Radfahrer unter den Zuschauern
wächst, aber es mangelt an geeigneten
Abstellanlagen in Stadionnähe.
Aktuelle Verkehrssituation
Bei Spielen des Berliner Erstligisten Hertha
BSC im Olympiastadion gibt es bei S- und
U-Bahn stets ein Zusatzangebot, dessen
Umfang sich nach der erwarteten Zuschauerzahl
richtet. Wenn aber bei Union schon
vorab mit mindestens 15 000 Zuschauern
gerechnet wird und am Spieltag auf der
S-Bahn-Linie 3 dennoch nur Kurzzüge unterwegs
sind, dann ist das absolut
unverständlich.
Markante Beispiele für die gravierenden
Probleme bei der Verkehrsabwicklung waren
die Spiele am 8., 17. und 31. Mai. Hier
kamen jeweils zwischen 11 000 und 15 000
Zuschauer ins Stadion. Jedes Mal hatte das
negative Folgen für den gesamten ÖPNV
in Köpenick, wie Warnhinweise der BVG im
Internet vor dem Spiel am 8. Mai zeigten.
Absurd war, dass die S-Bahn als Ausweichmöglichkeit
für die Zugausfälle auf der S 47
die BVG-Buslinie 167 angab, die von der
BVG als eine der Linien mit möglichen Beeinträchtigungen
genannt wurde. An den
anderen Spieltagen im Mai gab es ähnliche
Einschränkungen.
Auch der Verein hat sich zu den Verkehrsproblemen,
verschärft durch Sicherheitsmaßnahmen,
auf seiner Homepage geäußert,
zum Beispiel vor dem Spiel des 1. FC
Union gegen Dresden: „Durch den Abgang
der Gästefans ergibt sich ein Aussetzen der
Straßenbahn. Nach Absprache werden Straßenbahnzüge
für den Straßenbahnverkehr
in Richtung Berlin-Schöneweide auf der Strecke
bereitgehalten, um diese unmittelbar
nach Maßnahmebeendigung einzusetzen.
Nach dem Abmarsch der Gästefans werden
die Straßenbahnen in Richtung Altstadt Köpenick
in kurzen Zeitabständen fahren. Der
1. FC Union bittet seine Zuschauer nach dem
Spielschluss um die notwendige Geduld bei
der Durchführung aller notwendigen Maßnahmen.
Insbesondere Straßenbahnfahrer
sollten nach Spielschluss noch etwas im Stadion
verweilen.“
Die „bereitgehaltenen“ Straßenbahnen
gab es nach Angaben betroffener Fans allerdings
nicht. Es ist nicht nachzuvollziehen,
wieso erst Sonderzüge angekündigt werden
und diese dann nicht fahren – und das ohne
Information der Fans an der Haltestelle.
Schon seit einigen Jahren gibt es immer
wieder diese Probleme, die vor allem den
Straßenbahnverkehr betreffen. Einige aktuelle
Erfahrungen von Fans, dokumentiert im
Internet:
„Ick stehe da mit meinem Sohn in der Kälte
und niemand kann sagen, wann die nächste
Straßenbahn fahren wird … Irgendwann dann
durchgefroren und genervt, 6 km zum Bahnhof
gelaufen – das kann es doch nicht sein!!!“
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Straßenbahn-Haltestelle Alte Försterei. Die Gitter versperren den direkten Weg zum Stadion und müssen zugunsten eines Ostabgangs beseitigt werden. Foto: Jens Ullrich |
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„Soll ich wieder im strömenden Regen stehen
und danach 1 Stunde auf ´ne Straßenbahn
warten?“
„Ich versuche es auch wieder und bringe jemand,
der überzeugt werden muss, mit… und
‚freue‘ mich jetzt schon, ihm die Stunde Wartezeit
an der Straßenbahn zu erklären.“
„Ich werde mit dem Fahrrad kommen, weil
die Straßenbahn nach Wendenschloß dann
bestimmt wieder nicht fährt, wenn alles abgesperrt
ist.“
„Wie sieht dit denn nachm Spiel aus? Kann
mir das bitte jemand sagen? Dann brauch ich
nicht (und andere) ´ne Stunde auf die Straßenbahn
warten und loofe gleich nach Köpenick.“
Es besteht also dringender Handlungsbedarf.
Verbesserungsvorschläge Straßenbahn
An der Straßenbahn-Haltestelle Alte Försterei
fehlt weiterhin der dringend notwendige
Übergang am östlichen Ende der Haltestelle.
Die Haltestelle kann nur in westlicher Richtung
verlassen werden. Da sich das Stadion
aber östlich der Haltestelle befindet, wird
hier natürlich trotz Gitter die Straße überquert.
Dies führt regelmäßig zu Konflikten
mit dem Autoverkehr. Deshalb muss die
Straßenbahn-Haltestelle Alte Försterei dringend
einen östlichen Abgang erhalten.
Des Weiteren sollte vermieden werden,
dass die Fans nach Spielende längere Zeit
auf die Straßenbahn warten müssen. Dazu
könnten beispielsweise mit Spielende einzelne
Züge vor der Haltestelle bereitgestellt
werden, um dann beim Eintreffen der Fans
in die Haltestelle zu fahren. Sinnvoll wäre
dazu der Bau eines dritten Gleises östlich
der Haltestelle, um durch das Abstellen von
Sonderzügen den Regelbetrieb nicht zu behindern.
Um wartende Fans an der Haltestelle besser
zu informieren, sollte ein Fahrgastinformationssystem
bereitgestellt werden. Das
könnten ein Daisy-Anzeiger oder einfach
ein Lautsprecher sein, über den von der
Betriebsleitstelle Informationen an die Fahrgäste
gegeben werden.
Bei erhöhtem Verkehrsaufkommen
(mehr als 7000 Zuschauer) sollte in einem
gewissen Umfang ein Straßenbahn-Sonderverkehr
(beispielsweise Verdichtung
des existierenden Angebotes auf einen
5-Minuten-Takt) angeboten werden. Als
Route bietet sich die Verbindung S-Bahnhof
Schöneweide—Alte Försterei—S-Bahnhof
Köpenick an. Auf dem Abschnitt Schöneweide—
Alte Försterei ist das größte Aufkommen
zu verzeichnen. Aber auch der Abschnitt
zum S-Bahnhof Köpenick ist wichtig.
Gästefans (falls diese nicht gesondert zum
Stadion geführt werden), haben bereits
häufiger den langen Weg vom S-Bahnhof
Köpenick bis zum Gästeeingang des Stadions
bemängelt. Auch durch den Bau der
neuen Haupttribüne des Stadions, deren
Eingangsbereich dann am besten von der
Straße An der Wuhlheide erreicht wird,
dürfte für ein höheres Verkehrsaufkommen
auf diesem Abschnitt sorgen.
Des Weiteren sollte an Spieltagen der
Einsatz von Doppeltraktionen im gesamten
Köpenicker Netz statt den derzeit üblichen
Solo-Wagen in Erwägung gezogen werden,
vor allem in Richtung Mahlsdorf.
Verbesserungsvorschläge S-Bahn
Auch mit der S-Bahn gibt es immer wieder
Probleme. Die S 47 nach Spindlersfeld ist
nicht für die Anfahrt geeignet, da es immer
wieder vorkommt, dass die Strecke als
Sonderroute für die Gästefans genutzt wird.
Dadurch steht sie dann für einen längeren
Zeitraum allen anderen Nutzern nicht zur
Verfügung. Hier muss man sich die Frage
stellen, warum ausgerechnet die S 47 für
diesen Sonderverkehr genutzt wird. Da die
Strecke nach Spindlersfeld nur eingleisig ist
und im 20-Minuten-Takt bedient wird, kann
in solchen Fällen für längere Zeit kein regulärer
Verkehr durchgeführt werden. Besser
wäre es, als Sonder-Route für Gästefans die
S 3 zu nutzen und die Fans vom S-Bahnhof
Wuhlheide zum Stadion zu führen. Das wurde
in der letzten Saison bereits einmal praktiziert
und schien gut zu funktionieren. Es ist
auf alle Fälle besser, als die Gästefans über
die Köpenicker Altstadt nach Spindlersfeld
zu leiten, wodurch der gesamte Verkehr in
Köpenick zeitweise zum Erliegen kommt.
Auf der S 3, die eine Hauptlast des Stadionverkehrs
zu bewältigen hat, kommt es regelmäßig
zum Einsatz von Kurzzügen mit nur
vier Wagen, zuletzt beobachtet am 31. Mai
zum Saison-Endspiel gegen Oberhausen, als
jeder zweite Zug als Kurzzug unterwegs war.
Schon drei Stunden vor Spielbeginn waren
diese Züge sehr voll. Deshalb muss die S 3 an
Spieltagen immer mit Vollzügen gefahren
werden. Bei Bedarf sollten Einsetzer für den
Abschnitt Köpenick—Ostkreuz bereitgehalten
werden.
Anpassungen der Infrastruktur
Es müssen aber auch Investitionen in die
Infrastruktur in Betracht gezogen werden.
Hier ist das Land Berlin gefordert, ähnlich
wie beim Bau der O2-Arena in Friedrichshain,
einem privaten Veranstaltungsort ähnlicher
Größe (17 000 Plätze), öffentliche Gelder für
die Infrastruktur bereitzustellen.
Die Straßenbahn-Haltestelle Alte Försterei
sollte geringfügig nach Osten verschoben
werden, um näher an den künftigen zentralen
Eingangsbereich des Stadions (Höhe
Forsthaus) zu rücken. Des Weiteren sollte das
bereits erwähnte dritte Gleis gebaut werden,
um bei der Bereitstellung von Sonderzügen
den Regelbetrieb nicht zu behindern.
Ein Verlegen der Haltestelle auf die Nordseite
der Straße An der Wuhlheide hätte den
Vorteil, dass der Stadionverkehr unabhängig
vom Autoverkehr erfolgen könnte. Nachteil
wäre allerdings das zweimalige Kreuzen der
Fahrbahnen.
Kombiticket
Wichtig ist auch die Einführung eines Kombitickets
(Eintrittskarte ist zugleich VBBFahrkarte).
Dieses Angebot gibt es in vielen
Verkehrsverbünden Deutschlands, warum
soll das nicht auch hier möglich sein? So
wirbt der Rhein-Main-Verkehrsverbund
(RMV): „Für die Heimspiele einiger Fußballvereine
im RMV-Verbundgebiet gilt die Eintrittskarte
zugleich als Fahrkarte in den Verkehrsmitteln
des RMV. Damit können Fans
zu den Heimspielen der aktuellen Saison
ohne nervenaufreibende Parkplatzsuche
und ohne Aufpreis Busse und Bahnen zur
Hin- und Rückfahrt nutzen.“
Reden Sie miteinander!
Das erste Spiel im sanierten Stadion findet
voraussichtlich im November statt. Die Zeit
ist also selbst für kleine Maßnahmen knapp.
Entscheidend aber ist, dass die Verkehrsprobleme
„da draußen in Köpenick“ endlich
ernst genommen werden und sich Vertreter
von Verein, Bezirk, BVG, S-Bahn und
Polizei zusammensetzen, um gemeinsam
kurz- und mittelfristige Verbesserungen zu
erarbeiten. IGEB Stadtverkehr
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