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Der Lkw beim Verladevorgang. Foto: Norbert Krichler |
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Basis des neuen, von Dr. Norbert Krichler
(Referent des DBV-Präsidiums für zukunftsweisende
Transportsysteme) in seiner Dissertation
im Fachbereich Logistik an der TU
Berlin entworfenen Modells war die Einrichtung
von Fahrweg-Systemwechselanlagen
an Kreuzungspunkten zweigleisiger Strecken
zu Bundesautobahnen. Dort sollen
Schwerlastzüge IT-gesteuert direkt von der
Autobahn über eine automatische Check-In-
Station auf Blockzüge verladen werden.
Für den Beladevorgang benötigen die
Lkw-Fahrer lediglich eine Check-In-Karte.
Nach bremstechnischer Sicherung des Lastzuges
steigen sie ab. Sie informieren sich
mittels ihres Handys über den Stellplatz
eines ankommenden Lastzuges ihrer Spedition
auf einem Blockzug aus der Gegenrichtung.
Mit diesem System soll der Schwerlastverkehr
für Lkw-Unternehmen wie für die
verladende Wirtschaft primär zwischen den
industriellen Ballungsräumen Deutschlands
in Kooperation mit der Schiene ökonomisch
und ökologisch effizienter gestaltet werden.
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Korridor-Shuttle-System. „Begleiteter“ Verkehr ohne Fahrer während der Streckenfahrt in Korridoren mit hohem gegenströmigen Fernlastzugaufkommen.
So funktioniert das Fahrweg-Wechselsystem: Der Lkw-Fahrer wird über rechnergesteuerte Autobahnwegweiser oder seine im Fahrerhaus befindliche On-Board-Unit (OBU) an das nächste Terminal geleitet und fährt direkt von der Autobahn in die mehrspurige Checkin-Halle. Im Annahmefall des Check-in-Computers (Grün) geht es dann ampelgesteuert (von fünf auf eine Spur) auf den bereitstehenden Blockzug. Auf diesen aufgefahren sichern die Fahrer durch den Lastzug-Festbrems-Vorgang ihren Lastzug, künftig ohne zentnerschwere Keile. Im Optimalfall erhalten die freigewordenen Fahrer den Stellplatz im gegenüberliegenden Zug über ihr Handy von der Betreiberleitstelle. Sie begeben sich auf einen auf dem Ladesteig befindlichen elektrischen Trolley zum Stellplatz ihres auf dem Gegenzug befindlichen Lastzuges. Sie besteigen diesen und fahren in Kolonne vom Blockzug herunter in Richtung Terminalausfahrt. Von dort fahren sie sofort nach ihrem Routenplan weiter über die Autobahn zur nächstgelegenen Ausfahrt und von dort in ihr Auslieferungszielgebiet in der Fläche. Zeichnung: Norbert Krichler |
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Funktionieren soll das System nach Krichlers
logistischem Konzept folgendermaßen:
Ein Transportdienstleister erwirbt bei dem
Betreiberunternehmen eine Lizenz zur Errichtung
einer Abfertigungsanlage an einem
Kreuzungspunkt mit einer doppelgleisigen
Bahnstrecke mit freien Trassen und einer
Lkw-überlasteten Autobahn, wo der inländische
höherwertige Terminverkehr und
der europäische Transitverkehr aufeinander
treffen. Als eine mögliche Teststrecke (von
48 Beispielen in einem Netzplan aus Krichlers
Dissertation) kommt die zweigleisige
Güterstrecke der viergleisigen Köln-Mindener
Bahn zwischen Bielefeld (Brackwede)
in Ostwestfalen und Duisburg-Wedau im
nördlichen Ruhrgebiet in Frage.
Seine Aufwendungen finanziert der Betreiber
wirtschaftlich aus den Einsparungen
bei Straße und Bahn. In der Pilotphase sollen
vorerst drei Blockzugpaare in den sechs
Spitzenzeiten der Tages- und Nachtganglinie
verkehren. Für die Lastzug-Verladung
kommen vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA)
zugelassene Niederflur-Spezialgüterwagen
vom Typ SaadKms.690 in Betracht.
Dieser Wagentyp ist von Bombardier im
Werk Bautzen hergestellt und an die italienischen
Staatsbahnen geliefert worden.
Als Flachland-Bauvariante verfügt er über
eine Lastgrenze von 44 Tonnen und ist vom
EBA
Minden für Geschwindigkeiten von
100 km/h zugelassen (vorgestellt auf der
InnoTrans 2006). Er ist in seinen tragenden
Komponenten so konstruiert, dass die Beladung
und Entladung der 30 Stellplätze
im Blockzug technisch in minimalen Zeiten
IT-gesteuert und -überwacht vonstatten gehen
kann.
Oberstes Ziel des für 2010 geplanten Testbetriebes
wird sein, ob die vorab in einem
Demonstrator mit virtueller Simulation
ermittelten Prozessdeterminanten neben
der technischen Realisierbarkeit des Prozessablaufes
auch die Zeit- und Kosteneinsparungen
aufweisen, die eine Betreibung
ohne staatliche Beihilfen möglich machen
sollen. Durch die im Vergleich zum vormaligen
RoLA-Verfahren (Rollende Landstraße)
verbesserten Be- und Entladevorgänge bei
computergeregelten und informationstechnologisch
optimierten Prozessabläufen soll
die Betreibung durch die Akteure Schiene,
Straße und Verladende Wirtschaft selbst zu
einem lohnenden Unternehmen werden.
Die Transportlogistik steht in der nachhaltigen
Perspektive zwischen den das „magische
Dreieck“ bildenden oben genannten
Akteuren im massenhaften Großverfahren
zwischen den inländischen Ballungsgebieten
und der Funktion des europäischen
Drehkreuzes vor einer Jahrhundert-Herausforderung.
Für die Länderfinanzen bietet das innovative
Fahrweg-Wechselsystem (RoBA 2010)
in Bezug auf die rasant wachsenden Gütermengen
vor allem einen Vorteil: Der Anstieg
beim höherwertigen Frachtverkehr muss
nicht ungeeignete oder überlastete Schienenstrecken
zusätzlich belasten, sondern er
kann durch eine viel günstigere logistische
Kooperation zwischen Straße und Schiene
bewältigt werden. Die Eröffnung eines Testbetriebs
könnte bereits ab Anfang 2010 beginnen,
sobald der oben erwähnte Demonstrator
einen Systementscheid wirtschaftlich
nahegelegt hat. FALB e.V. im DBV
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