Brandenburg

Wie weiter mit der Stammbahn?

Beim Ausbau des Eisenbahnnetzes nach der Wiedervereinigung wurde ein Wiederaufbau der Stammbahn Berlin—Potsdam im Bereich des Berliner Hauptbahnhofs und seiner südlichen Zufahrtsgleise bereits berücksichtigt. Und am 18. April 2000 titelte die Berliner Zeitung, gestützt auf Aussagen einer Sprecherin der Deutschen Bahn, euphorisch „Stammbahn wird bis zum Jahr 2006 gebaut“. Man wisse allerdings noch nicht, so die Sprecherin, woher die bis zu 180 Millionen Euro für den Wiederaufbau kommen sollen.

Inzwischen schreiben wir fast 2009 und es ist leider nicht absehbar, wann mit dem Wiederaufbau überhaupt begonnen wird, denn als Projekt ist die Stammbahn weder im Bundesverkehrswegeplan vorgesehen, noch kann sich die Bundesregierung so recht an ihre einstmals gegebene Zusage erinnern, für die Schließung der teilungsbedingten Streckenunterbrechungen die gesamten Kosten zu übernehmen. Hätten Berlin und Brandenburg von Anfang an ohne Wenn und Aber an dem Projekt festgehalten und auf das Versprechen gepocht, sähe es vielleicht anders aus.

Seit eine Nutzen-Kosten-Untersuchung der Länder Brandenburg und Berlin für einen Regionalzugverkehr im 30-Minuten-Takt deutlich unter dem Schwellenwert von 1,0 geblieben ist (siehe SIGNAL 2/2008) scheint aus dem Thema die Luft raus zu sein. Dabei hat die Untersuchung gezeigt, dass sowohl innerhalb Berlins als auch mit der Verknüpfung nach Potsdam für ein weiteres Schienenangebot durchaus ein Fahrgastpotenzial vorhanden ist. Es stellt sich jedoch die Frage, ob es wirklich ein Halbstunden-Takt aus zwei Regionalverkehrslinien sein muss. Wer unter Hinweis auf das Untersuchungsergebnis meint, der Wiederaufbau der Stammbahn sei für alle Zeit illusorisch, der irrt. Denn die Untersuchung zeigt lediglich, dass sich der Wiederaufbau für ein Halbstunden-Regionalverkehrsangebot nicht rechnet. Nicht mehr und auch nicht weniger. Weitere Bedienungsalternativen wurden nicht untersucht.

Welche Möglichkeiten gibt es also, einerseits ein attraktives Nahverkehrsangebot in dieser Relation anzubieten und andererseits die Investitions- und später die Betriebskosten niedrig zu halten? Hier hat der DBV drei Varianten entwickelt:

  1. Die S-Bahn wird eingleisig vom heutigen S-Bahnhof Zehlendorf auf der Trasse bis Düppel-Kleinmachnow verlängert und endet dort – wie 1948 bis 1980. Eine Verlängerung bis zur nächsten Station Europarc und weiter nach Potsdam darf nicht verbaut werden.
  2. Ausgehend von der heutigen Potsdamer Straßenbahn-Endstelle in der Fontanestraße wird die Straßenbahn zum S-Bahnhof Griebnitzsee verlängert, erhält auf der südlichen Seite des Bahnhofs eine Haltestelle, überquert die Wetzlarer Bahn Wannsee—Medienstadt Babelsberg und erreicht auf der Stammbahn-Trasse den Bahnhof Düppel-Kleinmachnow. Vorteil ist, dass durch andere Bau- und Betriebsvorschriften sowohl die Investitionskosten für die Infrastruktur (Gleisbau, Signalsystem) als auch später die Betriebskosten niedriger sind.
    1. Variante 2.1 sieht vor, dass die Straßenbahn in Düppel-Kleinmachnow endet und die Fahrgäste dort in die S-Bahn (siehe Variante 1) umsteigen können.
    2. Variante 2.2 sieht statt der S-Bahn (Variante 1) die Weiterführung der Straßenbahn über die Haltestelle Düppel-Kleinmachnow bis zum Bahnhof Zehlendorf vor. Die Züge enden parallel zum S-Bahnsteig in Hochlage. Das Gütergleis braucht nicht gekreuzt werden. Diese Variante bietet den Vorteil, dass das Gebiet zwischen den Haltestellen Düppel-Kleinmachnow und Zehlendorf zusätzlich durch neue Haltestellen erschlossen werden kann, ohne dass sich die Gesamtfahrzeit nennenswert verlängert.
  3. Sollten die Investitionskosten in ein Schienenverkehrsmittel immer noch zu hoch sein, empfiehlt der DBV-Regionalverband zur Schaffung eines hochwertigen ÖPNVAngebots die Prüfung einer Obus-Schnellverbindung vom Potsdamer Hauptbahnhof über Mexikoplatz zum U-Bahnhof Krumme Lanke auf verschiedenen infrage kommenden Routen. Durch den Einsatz von Obussen auf dieser Strecke könnte eine mit der Straßenbahn vergleichbare Reisequalität erreicht werden und die Fahrzeuge wären besonders leise.

Das Untersuchungsergebnis bescheinigt auf Berliner Gebiet eine hohe Nutzerzahl. Daher sollte auch die Nutzung der Wannseebahn für den Regionalverkehr vorbehaltlos geprüft werden. Sie böte zudem gegenüber einer Stammbahn-Variante die Möglichkeit, Züge von der Wetzlarer Bahn (RE 7/MR 33) auf diese Trasse zu führen.

Das ÖPNV-Angebot im südwestlichen Berliner Raum muss dringend verbessert werden und ein weiteres Angebot zwischen Berlin und der brandenburger Landeshauptstadt hat durchaus seine Berechtigung. Der DBV sieht keinen Grund dafür, die Diskussion um das beste Verkehrsangebot nicht weiterzuführen. Deshalb muss es weitere Untersuchungen unter Einbeziehung der genannten Varianten geben.

Die Diskussion ist noch lange nicht abgeschlossen; sie hat gerade erst wieder begonnen!

DBV Potsdam-Mittelmark

aus SIGNAL 6/2008 (Dezember 2008/Januar 2009), Seite 12

 

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