Der Jahresfahrplanwechsel im Dezember
war für die Berliner Fahrgäste eine Ausnahmeerscheinung,
denn es gab bei der BVG
keinerlei Linienveränderungen – noch nicht
einmal im so flexiblen Busliniennetz. Dafür
gab es viele Fahrplanänderungen, sowohl
Angebotsverbesserungen durch Taktverdichtungen
auf diversen Straßenbahn- und
Buslinien, als auch gravierende Verschlechterungen,
weil in Berlin an zahlreichen Stellen
von der Verkehrslenkung Berlin bestehende
Vorrangschaltungen an Ampeln außer Betrieb
gesetzt wurden. Deshalb musste auf
nicht weniger als 20 Straßenbahnlinien die
Fahrzeit zum Teil deutlich verlängert werden.
Außerdem fahren jetzt mehr als 30 Buslinien
vor allem in den Abendstunden langsamer.
Erfolgreich: BVG-Vertragscontrolling
Auf der Basis des seit Anfang 2008 bestehenden
BVG-Verkehrsvertrages, dessen Einhaltung
insbesondere hinsichtlich des vereinbarten
Leistungsvolumens von der Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung nun offenbar
auch wirksam kontrolliert wird, ergaben
sich
(in begrenztem Umfang) Spielräume für
Angebotsverbesserungen durch Taktverdichtungen
in allen Unternehmensbereichen der
BVG. Außerdem wirkt sich positiv aus, dass
zwischen der Senatsverwaltung und der BVG
eine Vereinbarung geschlossen wurde, dass
die BVG die durch den langen Streik im Frühjahr
2008 nicht erbrachten Leistungen innerhalb
der Laufzeit des BVG-Vertrags „nachträglich“
zu erbringen hat.
Bei der U-Bahn wurde auf vielen Linien der
verdichtete 5-Minuten-Takt an Sonnabenden
um eine Stunde nach hinten verschoben
und damit bis gegen 19 Uhr verlängert. Dies
entspricht zwar der deutlich verstärkten
Nachfrage durch die verlängerten Ladenöffnungszeiten,
bedeutet aber auch, dass auf
diesen Linien sonnabends bis ca. 11 Uhr nur
ein 10-Minuten-Takt angeboten wird. Eine
echte Angebotsausweitung gab es aber auf
der U 5, wo wochentags der 5-Minuten-Takt
bis etwa 20 Uhr verlängert wurde.
Bewiesen:
Mehr Fahrgäste durch dichtere Takte
Im Straßenbahnverkehr gab es ja bereits
im September eine deutliche Angebotsausweitung
auf der Straßenbahnlinie M 2,
was aber kaum zu leereren Zügen geführt
hat. Im Gegenteil: Die Taktverdichtung hat
offenbar insbesondere auf dem Neubauabschnitt
zum Alexanderplatz zu einem
erneuten Nachfrageschub geführt. Die
Erfolgsstory der Straßenbahn-Neubaustrecken
in Berlin wird damit um ein weiteres
Kapitel erweitert.
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Ärgerlich: Weil Ampelvorrangschaltungen abgeschaltet wurden, werden die Berliner Straßenbahnen immer langsamer. Zum Fahrplanwechsel musste jetzt die Fahrzeit auf 20 Berliner Straßenbahnlinien zum Teil um bis zu 3 Minuten verlängert werden. Selbst Metro-Straßenbahnlinien wie die M 13 blieben davon nicht verschont. Foto: Marc Heller |
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Erfreulich: Wegen steigender Fahrgastzahlen verkehrt die Buslinie TXL seit Anfang 2009 zwischen Alexanderplatz und Flughafen Tegel tagsüber im 7,5-Minuten-Takt statt bisher im 10-Minuten-Takt. Abends wurde der 10-Minuten-Takt bis gegen 23 Uhr ausgedehnt. Foto: Marc Heller |
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Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember
2009 wurde nun auch die Straßenbahnlinie
12 verdichtet, die das frühere
BVG-Vorstandsmitglied Thomas Necker
noch vor kurzem auf der Stilllegungsliste
führte, weil in der Pappelallee Gleiserneuerungen
anstehen. Die SL 12 verkehrt statt
im 20-Minuten-Takt nun tagsüber an den
Wochentagen im 15-Minuten-Takt –eine
bedeutsame und erfreuliche Verbesserung
für die häufig nicht nur wegen der vielen
Kinderwagen überfüllten Züge. Aber als Direktverbindung
von den dicht besiedelten
Quartieren in Prenzlauer Berg zur City wird
mit dieser Taktfolge das für den ÖV mögliche
Fahrgastpotenzial noch längst nicht
gehoben. Eine Taktverdichtung auf 10 Minuten
bleibt für diese nachfragestarke Linie
weiterhin sinnvoll.
Auch im BVG-Buslinienverkehr gab es
punktuell Angebotsverbesserungen durch
Taktverdichtungen oder Verlängerung von
Betriebszeiten. Zu den wichtigsten Maßnahmen
zählt die deutliche Ausweitung der
abendlichen Betriebszeiten auf der Express-
Buslinie X 33. Damit wird der Fernbahnhof
Spandau für viele Nord-Berliner auch in den
Abendstunden erreichbar, was durch den
Wegfall der Fernbahnhalte im Bahnhof Zoo
besonders wichtig ist.
Wie richtig und wichtig diese Maßnahme
war, zeigte sich überraschend schnell. Die
neuen Fahrten in den Abendstunden waren
bereits kurz nach ihrer Einführung gut frequentiert,
obwohl längere Betriebszeiten
häufig erst allmählich von den Fahrgästen
wahrgenommen werden.
Auch von einer weiteren Maßnahme profitieren
die Fahrgäste im Bezirk Reinickendorf:
Die OL 125 verkehrt jetzt wochentags auch
im Abschnitt zwischen Holzhauser Straße
und Kurt-Schumacher-Platz ganztägig im
10-Minuten-Takt.
Wegen steigender Fluggastzahlen verkehrt
die Buslinie TXL seit Anfang Januar zwischen
Alexanderplatz und Flughafen Tegel tagsüber
nicht mehr im 10-Minuten-Takt, sondern alle
7,5-Minuten. Abends wurde der 10-Minuten-
Takt bis gegen 23 Uhr ausgedehnt.
Unglaublich:
20 Straßenbahnlinien langsamer
Neben diesen überwiegend positiven Veränderungen
gab es zum Fahrplanwechsel
aber auch gravierende Verschlechterungen.
Während in anderen Städten Straßenbahnen
durch Ampel-Vorrangschaltungen beschleunigt
werden, passiert in Berlin das Gegenteil.
Auf fast allen (!) Straßenbahnlinien
wurden die Fahrzeiten vor allem während
des normalen Tagesverkehrs zum Teil sogar
deutlich verlängert.
So wurde z. B. die Fahrzeit der SL 63 zwischen
Köpenick und Johannisthal um nicht
weniger als 3 Minuten (= 12 %) verlängert.
Und auch die stark frequentierten und vermeintlich
schnellen Metrolinien blieben nicht
verschont. Hintergrund ist die Tatsache, dass
die „Verkehrslenkung Berlin“, eine für die
Ampelanlagen zuständige, der Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung nachgeordnete
Behörde, die Beschleunigung nicht in den
Griff bekommt. Im Gegenteil: Selbst mit Fördergeldern
zwecks Straßenbahnbeschleunigung
neu eingerichtete Ampelschaltungen
mit Straßenbahnvorrang werden bewusst
abgeschaltet und lassen die Straßenbahn
und ihre Fahrgäste warten.
Nach IGEB-Erhebungen wurden aber auch
auf über 30 Buslinien die Fahrzeiten zum Teil
deutlich verlängert. Der Schwerpunkt lag
hier vor allem in den Schwachverkehrszeiten,
u. a. sind auch mehrere Nachtlinien von
Fahrzeitverlängerungen betroffen.
Ursache für die Fahrzeitverlängerungen
beim Bus ist laut BVG oft die Einführung
von aus Lärmschutzgründen eingeführten
nächtlichen Tempo-30-Regelungen in einigen
Straßenzügen. Im Einzelnen sind die
Fahrzeitverlängerungen beträchtlich und
kaum nachvollziehbar: So benötigt die Buslinie
101 im Abschnitt zwischen Helmholtzstraße
und Breitenbachplatz statt bisher 20
nun 24 Minuten. Da ist zu befürchten, dass
das bei der BVG noch immer nicht abgestellte
Problem des „Zufrühfahrens“ neue
Dimensionen erreicht.
IGEB Stadtverkehr
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