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SIGNAL: Herr Daehre, Ihre Zeit als Vorsitzender
der Verkehrsministerkonferenz
ging mit Ablauf des vergangenen Jahres
zu Ende. Was zählen Sie zu Ihren Erfolgen
in dieser Position?
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Karl-Heinz Daehre Foto: MLV |
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Karl-Heinz Daehre: Es hat sich einiges
bewegt in den vergangenen
zwei Jahren. Ich bin aber keinesfalls
so vermessen, das vor allem
mir zu Gute zu halten. Wenn wir
als Länderverkehrsminister erfolgreich
waren, dann ist das immer
Ergebnis gemeinsamer Bemühungen
gewesen, den besten Weg für
vernünftige Lösungen zu finden.
Die Bahnprivatisierung scheint
mir dafür ein gutes Beispiel zu
sein. Hier haben die Länder trotz
zum Teil unterschiedlicher Sicht
auf Detailfragen eine klare Linie gefunden
und diese gegenüber dem Bund auch konsequent
vertreten. Für uns stand dabei im
Vordergrund, den Schienenverkehr auch
in der Fläche zu erhalten. Wir haben zum
Beispiel erreicht, dass künftig nicht nur in
die lukrativen Fernstrecken investiert wird,
sondern auch in die Infrastruktur der regionalen
Netze. Das ist wichtig, meine ich, denn
die Schiene wird auf
Dauer nur attraktiv und
wirtschaftlich rentabel sein, wenn sie als flächendeckendes
System funktioniert. Eine
Ausdünnung im regionalen Bereich würde
gewissermaßen die Basis zerstören.
SIGNAL: Sie haben als Vorsitzender der
Verkehrsministerkonferenz viel Kraft für
die Interessen der Bahnkunden eingebracht.
Konnten Sie auch andere Verkehrsminister
überzeugen, Ihrem Beispiel zu
folgen? Was würden Sie Ihrem Nachfolger
in diesem Amt nach Ihrem Ausscheiden
mitgeben?
Karl-Heinz Daehre: Ich glaube, es bedarf keiner
guten Ratschläge, denn im Kern sind sich
die Verkehrsminister der Länder einig: Wir
möchten die Bahn als sinnvolle Alternative
zum Straßenverkehr stärken und entwickeln.
Das gilt für den Fernverkehr ebenso wie für
den Nahverkehr. Nicht zuletzt die Diskussion
über die Bahnprivatisierung hat viele für dieses
Problem sensibilisiert.
Mit mir sehen wohl alle meiner Ministerkollegen
den Schienenpersonennahverkehr
als wichtigen Bestandteil der öffentlichen
Daseinsvorsorge. Und das bedeutet eben
auch, dass Gewinnstreben nicht das Maß
aller Dinge sein kann, sondern dass wir die
Interessen der Bürgerinnen und Bürger – also
der Bahnkunden – nicht aus dem Blick verlieren
dürfen. Diese Erkenntnis ist wichtig für
künftige Diskussionen, denn wenn sich die
Finanzkrise beruhigt hat, wird die
Frage des Börsengangs wieder auf
der Tagesordnung stehen.
SIGNAL: Sie sind einer der wenigen
Verkehrsminister, die schon
immer konsequent auf den Erhalt
von Eisenbahnnebenstrecken
gesetzt haben. Welche
Chancen für die Entwicklung des
Landes sehen Sie darin?
Karl-Heinz Daehre: Ich habe mich
immer für einen sinnvollen Mix der
Verkehrsträger ausgesprochen und
dazu gehört zweifelsohne auch die Bahn. Die
Nebenstrecken des Eisenbahnnetzes sind ein
wichtiger Bestandteil der Infrastruktur des
Landes. Die vergangenen Jahre haben gezeigt,
dass auch immer mehr Unternehmen
auf die Schiene setzen. Es wäre also schlicht
eine Verschwendung von Volksvermögen,
die Strecken verrotten zu lassen. Ich habe aber
auch immer gesagt, dass eine wirtschaftlich
tragfähige Nutzung immer Personen- und
Güterverkehr zusammen betrachten muss.
Im Falle der Zuckerbahn bei Klein Wanzleben
zum Beispiel macht der Betrieb volkswirtschaftlich
schon durch die Gütertransporte
der Zuckerfabrik Sinn. Bei der Rübelandbahn
oder der Heidebahn müssen jedoch langfristig
alle Nutzungsmöglichkeiten ausgeschöpft
werden. Dies werden wir als Land auch weiterhin
unterstützen.
SIGNAL: Herr Minister, Sie haben sich gegen
alle Widerstände für einen Fortbetrieb
auf der Heidebahn stark gemacht, bis Ende
2010 gibt es nun einen gesicherten Personenverkehr.
Können Sie sich dieses Modell
auch für andere Strecke vorstellen?
Karl-Heinz Daehre: Das vom Deutschen
Bahnkunden-Verband initiierte Modell eines
bedarfsabhängigen Bahn-/Bus-Betriebes
ist ein Modell mit Zukunftscharakter. Es
berücksichtigt die schwächere Auslastung
der Züge insbesondere zu Randzeiten und
setzt trotzdem auf schnelle und komfortable
Bahnverbindungen wo es Sinn macht, überläßt
jedoch die verkehrsschwachen Zeiten
in dünn besiedelten Gebieten dem Bus. Ein
solches Verkehrskonzept ist gegenüber dem
Steuerzahler vertretbar und berücksichtigt
trotzdem Mobilitätswünsche der auf öffentliche
Verkehrsmittel angewiesenen Mitbürger.
Wir werden genau prüfen, wo dieses
System noch anwendbar ist. In der Altmark
von Salzwedel über Arendsee nach Geestgottberg
und Wittenberge kann ich mir
mittelfristig einen beschränkten Personenverkehr
vorstellen, wenn dort zum Beispiel
eine parallele Nutzung durch Unternehmen
an der Strecke realistisch ist. Deutscher Bahnkunden-Verband
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