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Das Dilemma der Deutschen Bahn mit den
noch ungelösten Problemen an den Achsen
der ICE-3 und ICE-T Züge ist bei weitem mehr
als ein technisches Problem für den Monopolanbieter
im Schienenfernverkehr. Es ist
ebenso ein riesiges Marketing- und Imageproblem.
Dies erfährt der DBV seit Monaten
aufgrund von vielen Beschwerden und Unmutsäußerungen
der Bahnreisenden. Um
den entstandenen Schaden vieler Reisender
über das von der Bahn praktizierte Maß hinaus
auszugleichen, hat der Präsident des
Deutschen Bahnkunden-Verbands, Gerhard
J. Curth, einen persönlichen Brief an den Vorstandsvorsitzenden
der DB, Herrn Hartmut
Mehdorn, geschickt und diesen gebeten, den
Kunden in dieser Hinsicht stärker entgegenzukommen.
Auch wenn die Bahn keine Schuld an den eingeschränkten
Einsatzmöglichkeiten eines Teils
ihrer Fahrzeugflotte trägt, muss sie sich doch
am Management der Krise messen lassen –
und das ist alles andere als glücklich. Kunden
erfuhren oft erst Minuten vor der geplanten
Ankunft eines Zuges über dessen Verspätung,
diese wurde oft im Zehnminutentakt nach
oben korrigiert, Auskünfte des Servicepersonals
und Meldungen
an den Anzeigetafeln am
Bahnsteig stimmten nicht überein, über mögliche
Ersatzrouten wurde keine Auskunft erteilt,
die angezeigte Wagenreihung stimmte nicht
mit der tatsächlichen überein und im Zug gab
es überfüllte Waggons und bürokratisch denkende
Zugbegleiter, welche die 1. Klasse hermetisch
vor allen anderen (auch stehenden)
Fahrgästen abschirmten.
Das Image der Bahn retten die Mitarbeiter,
die in solch einem Moment Sitzplätze in
der 1. Klasse freigeben und Reisenden erstickende
Enge oder das stundenlange Stehen
ersparen.
Nicht wettmachen kann die Bahn allerdings
den Schaden, der den Bahncard-100-Nutzern
tagtäglich entsteht: kein gesicherter Sitzplatz,
kein gesicherter Platz an einem Tisch und zu
geschätzten 99 Prozent kein Platz in den ICZügen
an einer funktionierenden Steckdose
für den Laptop. Aus der Reisezeit (die nach
dem Bahn-Slogan Arbeitszeit ist) wird da die
x-fache „Nutzloszeit“, die durch nichts zu ersetzen
ist. Reist ein Fahrgast sonst zum Beispiel
eine Stunde von Leipzig nach Berlin, sind
das zwei Stunden Arbeitszeit an einem Bahn.
Comfort-Platz für hin und zurück. In den vergangenen
Monaten wurden daraus täglich 3
bis 4 Stunden nutzlose Wartezeit am Bahnsteig
und Fahrt im Zug ohne die gesicherte
Möglichkeit, vernünftig arbeiten zu können.
Der DBV hält es für angebracht, die DBKunden
nicht mit ein paar Bonus-Punkten abzuspeisen,
sondern vor allem den Vielfahrern
ein Umfeld zu bieten, das dem nahe kommt,
was auch die Kaufentscheidung bei vielen
Mobility-Card-Nutzern ausgemacht haben
dürfte. Das bedeutet konkret, bei Kenntnis
von Unzulänglichkeiten 1-Klasse-upgrades
zu geben und die kostenlose Nutzung der Internetzugänge
am Bahnhof zu ermöglichen,
um die Wartezeiten nicht nutzlos verstreichen
lassen zu müssen.
Es geht nicht darum, aus der Krise Profit
zu schlagen, sondern nur zu einem größeren
Teil das zu bekommen, was man gekauft hat.
Nach Ablauf des Gültigkeitszeitraums sollten
für Mobility-Bahncard-Inhaber auf Basis des
Wohnsitzes die Ausfälle im Verkehrsangebot
als Basis für eine „echte Entschädigungsleistung“
herangezogen werden, zum Beispiel
als Abschlag auf die neue Bahncard. Wenn
die Hälfte der Züge auf einer Relation ausfallen,
die andere Hälfte unpünktlich, voll und
mit schlechtem Service fährt, muss dies am
bereits bezahlten Preis für ein Produkt, dessen
Leistungen man über Monate nicht erhält,
einen erheblichen Abschlag nach sich ziehen
– und zwar schon aus Kulanz gegenüber
Kunden, die pro Jahr 3650 Euro bezahlen. Deutscher Bahnkunden-Verband
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