Die wesentlichen Änderungen im Jahresfahrplan
2010 sind im Folgenden zusammengestellt.
ICE-Linie 10 Berlin—Köln/Bonn
Da seit dem 13. Dezember 2009 nicht nur
die ICE-Züge, sondern auch die Thalys-Züge
die belgische Neubaustrecke Aachen—
Lüttich nutzen, bestehen zwischen Berlin
Hbf und Brüssel-Midi fünf bzw. in der
Gegenrichtung sechs Umsteigeverbindungen
mit einer Fahrzeit von rund 6:45
Stunden. Eine weitere Fahrzeitverkürzung
könnte in dieser Relation erzielt werden,
wenn der IGEB- bzw. DBV-Vorschlag einer
ICE-Sprinter-Verbindung zwischen Berlin
und Köln endlich umgesetzt würde mit
Halten lediglich in Berlin Ostbahnhof,
Berlin Hbf, Berlin Zoologischer Garten,
Berlin-Spandau, Hannover Hbf und Köln
Hbf, verbunden mit einer optimierten
Umsteigezeit in Köln Hbf. Zusätzliches
Verbesserungspotenzial bietet die Durchbindung
dieser Sprinterverbindung über
Köln hinaus ab/bis Paris; Fahrzeiten von
deutlich unter 8 Stunden wären auf diese
Weise zwischen Berlin und Paris möglich.
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Verbesserungspotenzial im Fernverkehr, Beispiel 1: Mit zwei täglichen ICE-Zugpaaren zwischen Berlin und Kopenhagen könnte das Bahnangebot in dieser Relation weiter ausgebaut werden. Es ist außerdem unverständlich, weshalb die langen Stehzeiten der ICE-TD in Berlin nicht für eine verbesserte Anbindung von Städten wie Görlitz oder Chemnitz genutzt werden. Im Bild ICE-TD im Fährbahnhof Puttgarden auf Fehmarn Foto: Christian Schultz |
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Neu ist die umsteigefreie Verbindung
Berlin Ostbahnhof—Neuss Hbf—Mönchengladbach
Hbf freitags mit ICE 1046 und
sonntags in der Gegenrichtung mit ICE 1049.
Mit IC 1918 Aachen—Berlin werden seit
dem Fahrplanwechsel neben Neuss Hbf und
Mönchengladbach Hbf auch Herzogenrath
und Rheydt Hbf umsteigefrei angebunden
(allerdings nur freitags). In der Gegenrichtung
besteht die entsprechende Verbindung
an Sonntagen mit IC 1919.
ICE-Linie 28 Hamburg — Berlin — Leipzig — Nürnberg — München
Bei fast allen ICE-Verbindungen in dieser Relation
ist ein Umsteigen in Berlin erforderlich.
Umsteigefreie Verbindungen werden lediglich
noch morgens und abends angeboten.
Die Direktverbindung Berlin—Kopenhagen
bzw. Aarhus wurde zeitlich vorverlegt
(Abfahrt ICE 35/380 ab Berlin Ostbahnhof
um 11.16 Uhr). Leider auch weiterhin nicht
realisiert wurde ein verbessertes Angebot
mit zwei Zugpaaren in dieser Relation mit
Abfahrten früh und nachmittags ab Berlin
bzw. umgekehrt. Unverständlich bleibt
ebenfalls, dass die derzeit langen Stehzeiten
der ICE-TD in Berlin nicht für eine Durchbindung
z. B. ab/bis Chemnitz Hbf – und damit
für eine Angebotsverbesserung in dieser
seit langem vernachlässigten Relation – genutzt
werden.
Für Reisende nach Warnemünde wird in
der Zeit vom 5. Juni bis 25. September an
Sonnabenden ein zweites ICE-Zugpaar ab/
bis Warnemünde verkehren (Nürnberg Hbf
ab 5.20 Uhr, Berlin Hbf ab 10.14 Uhr, Warnemünde
an 12.47 Uhr, ab 13.02 Uhr, Berlin Hbf
an 15.45 Uhr, München Hbf an 22.15 Uhr). Angesichts
des ohnehin sehr spärlichen Fernverkehrsangebotes
in der Relation Berlin—
Rostock ist es schade, dass der zusätzliche
ICE speziell Richtung Warnemünde relativ
zeitnah zum Interconnex verkehrt (10.59 Uhr
ab Berlin Hbf). Wesentlich fahrgastfreundlicher
wäre ein tägliches Grundangebot von
drei ICE-Zugpaaren aus Richtung München
mit einer Abfahrt morgens, mittags und
abends in Berlin bzw. in Rostock/Warnemünde.
Die seit 13. Dezember 2009 vorgenommene
Brechung dieser Linie in Berlin
bietet für diese Maßnahme nun ideale Voraussetzungen.
[Bild]201001_nachtzug2.jpg|Verbesserungspotenzial im Fernverkehr, Beispiel 2: Mit Durchbindung z. B. des Thalys
könnte einerseits die bislang fehlende schnelle Sprinter-Verbindung zwischen Berlin
und Köln realisiert werden, andererseits auch eine umsteigefreie und noch dazu
werbewirksame Verbindung Berlin—Paris. Im Bild Thalys in Köln Hbf vor der Abfahrt
nach Paris. |Foto: Christian Schultz|Thalys[/Bild]
Ein ICE dieser Linie wird freitags neu nach
Innsbruck über Garmisch-Partenkirchen
und Seefeld verlängert. Erfreulich: Die über
München hinaus verlängerten Züge dieser
Linie halten auch in Tutzing am Starnberger
See sowie in Oberau und ermöglichen so für
die Reisenden bequeme, umsteigefreie Verbindungen.
Mit 0.04 Uhr ist die Ankunft in
Innsbruck Hbf leider recht ungünstig, eine
um 2 Stunden frühere Ankunftszeit wäre
hier deutlich fahrgastfreundlicher.
IC-/EC-Linie 27 Hamburg — Berlin — Prag / Wien / Budapest
Zwischen Berlin Hbf und Dresden Hbf blieben
die Fahrzeiten der EuroCity-Züge (EC)
mit 2:16 Stunden praktisch unverändert
(zum Vergleich: Im Fahrplanjahr 2008 betrug
die Fahrzeit noch 2:06 Stunden). Sehr unerfreulich
ist diese Tatsache vor dem Hintergrund,
dass sich die Bahnfahrzeit damit nur
unwesentlich von der Fahrzeit der preislich
deutlich günstigeren Fernbusse unterscheidet.
So beträgt die Fahrzeit mit dem Berlin-
LinienBus 2:30 Stunden zwischen Berlin ZOB
und Dresden Hbf!
Kurzfristig könnten die Bahnfahrzeiten
reduziert werden, wenn die IC-/EC-Züge
zwischen Berlin und Dresden über Jüterbog,
Falkenberg (Elster) und Röderau geführt
werden würden.
Erfreulich ist, dass alle EC-Züge dieser Relation
seit dem Fahrplanwechsel nicht nur
in Praha-Holešovice, sondern auch in Praha
hlavni nadrazi (Prag Hauptbahnhof) halten.
Dadurch erreichen Reisende einerseits das
Stadtzentrum schneller, andererseits auch
mehr Anschlüsse für die Weiterfahrt in der
Tschechischen Republik.
Das Zugpaar EC 172/173 hat den erweiterten
Laufweg Hamburg-Altona — Berlin — Prag — Wien — Villach Hbf erhalten.
IC-Linie 77 Schiphol—Berlin
Nachdem die InterCity-Züge der Linie
Schiphol—Berlin wegen des Neubaus der
Havelbrücke (Ersatz der Brückenkonstruktion
aus dem Jahr 1925 auf der Stammstrecke
der Lehrter Bahn) bzw. der Sperrung des Abschnitts
Rathenow — Großwudicke im abgelaufenen
Fahrplanjahr planmäßig in Rathenow
gehalten haben, ist dieser Halt nun wieder
entfallen. Hier wurde die Chance leider
nicht genutzt, diesen Verkehrshalt dauerhaft
zu erhalten bzw. damit weiteres Kundenpotenzial
zu erschließen. Da zwischen Berlin und
Hannover die kürzesten Fahrzeiten mit dem
stündlichen ICE-Angebot erreicht werden,
ist dieser Schritt unverständlich.
Die Fahrzeitverlängerung der
InterCity-Züge durch den zusätzlichen
Halt in Rathenow lässt sich
zwischen Berlin-Spandau und Stendal auf
lediglich 2 Minuten (!) begrenzen, wie ein
Vergleich zwischen dem derzeit gültigen
und dem abgelaufenen Fahrplan zeigt.
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Verbesserungspotenzial im Fernverkehr, Beispiel 3: Durch Verknüpfung der IC-Linie Schiphol — Berlin (Bild oben) mit der EC-Linie Berlin — Warszawa (Bild unten) ließe sich unnötiges Umsteigen in Berlin vermeiden. Fotos: Christian Schultz |
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Weiteres Verbesserungspotenzial dieser
Linie besteht in der Verknüpfung mit der ECLinie
Berlin—Warszawa (Berlin-Warszawa-
Express). Damit kann für viele Reisende ein
unnötiges Umsteigen in Berlin vermieden
werden. Bei zwei der zurzeit drei bestehenden
Zugpaare kann eine derartige Durchbindung
in akzeptabler Fahrplanlage realisiert
werden.
EC-Linie 99 Hamburg—Berlin—Forst—
Wrocław—Kraków
Für Sanierungsarbeiten wird der Streckenabschnitt
Königs Wusterhausen—Lübbenau
ab 3. Mai 2010 für ein Jahr komplett gesperrt.
EC 340/341 „Wawel“ verkehrt dann
über Berlin Hbf (tief) und Berlin Südkreuz
nach Cottbus, die Halte in Berlin Ostbahnhof,
Lübben und Lübbenau entfallen. Gleiches
gilt für das Zugpaar IC 2131/2132 Emden—
Berlin—Cottbus. Besonders unerfreulich
hat sich die Fahrzeit bei dem Zugpaar EC
340/341 in den vergangenen Jahren zwischen
Berlin und Krakow (Krakau) entwickelt.
Im Fahrplanjahr 2000/2001 benötigte dieser
Zug im Abschnitt Berlin Zoologischer Garten—
Frankfurt (Oder)—Wrocław—Kraków
Gł. 8:23 Stunden, im laufenden Fahrplanabschnitt
sind es – gerechnet ab Berlin Hbf mit
Führung über Cottbus – 9:56 Stunden! Diese
Fahrzeitverlängerung ist angesichts der
erheblichen Auto- und Fernbus-Konkurrenz
nicht akzeptabel und dürfte wesentlicher
Grund für die schlechte Nachfrage auf dieser
Verbindung sein. Hier besteht dringender
Handlungsbedarf!
Erfreulich: Mehr umsteigefreie Verbindungen
auch in anderen Relationen
Neu angeboten wird freitags IC 1851 „Kyffhäuser“
von Frankfurt am Main Hbf (ab
15.17 Uhr) über Hanau Hbf, Fulda, Kassel-Wilhelmshöhe,
Heilbad Heiligenstadt, Leinefelde,
Nordhausen, Sangerhausen, Lutherstadt
Eisleben, Halle (Saale) Hbf, nach Leipzig Hbf
(an 20.42 Uhr). Sonntags verkehrt IC 1848
mit demselben Laufweg retour (Leipzig
Hbf ab 15.25 Uhr, Frankfurt am Main Hbf an
20.40 Uhr). Auch wenn diese Verbindung leider
nicht täglich besteht, bietet sie sich gerade
für Wochenendausflügler, die den Harz
besuchen wollen, oder Berufstätige, die ihren
Arbeitsplatz in Hessen haben, an. Das
Angebot besteht zunächst für zwei Jahre
probeweise und die Inanspruchnahme wird
regelmäßig geprüft. Für ein dauerhaftes
Angebot ist eine zufriedenstellende Durchschnittsbesetzung
dieser Züge erforderlich.
Mit entsprechenden Marketing-Aktivitäten,
z. B. die Einführung eines entsprechenden
Spezial-Tickets, sollte dieses Ziel erreichbar
sein – ein Selbstläufer sind derartige Einzelverbindungen
natürlich nicht.
Ähnlich wie z. B. bei der Direktverbindung
in der Relation Berlin—Mönchengladbach
wäre ein tägliches Angebot grundsätzlich
fahrgastfreundlicher.
In seiner Existenz gefährdet:
Das Nachtzugangebot
Sehr kritisch muss die Entwicklung im Nachtzugangebot
bewertet werden. So wird die
Nachtzugverbindung Berlin—München
(CNL 1246/1247) nun über Hildesheim geführt
und dort mit dem Zugteil Hamburg—
München vereinigt. Durch diesen Umweg
entfällt einerseits der Halt in Halle (Saale)
Hbf, andererseits erreicht dieses Zugpaar
nun unerfreuliche Rekord-
Fahrzeiten. Für die Strecke
Berlin Hbf—München Hbf
werden 10:02 Stunden benötigt,
in der Gegenrichtung
sogar 11:38 Stunden.
Zeitweise betragen die
Fahrzeiten sogar 11 Stunden
bzw. über 12 Stunden –
eine existenzgefährdende
Angebotsstrategie. Aber
vielleicht ist das ja Absicht.
Der Wegfall des Talgo-
Wagenparks bzw. sein
Ersatz durch ältere, abgenutzte
Standard-Waggons
trägt zu der unbefriedigenden
Situation ebenfalls
ganz erheblich bei.
Nicht überraschend sind
deshalb massive Fahrgastbeschwerden
über
die derzeit mangelhafte
Angebotsqualität in dieser
Nachtreise-Relation.
Komplett entfallen ist
die erst mit dem Fahrplanwechsel
am 14.12.2008
eingeführte Nachtzugverbindung
D 448/449 „Stanisław Moniuszko“ Berlin-
Gesundbrunnen—Warszawa Wschodnia
(über Berlin-Lichtenberg und die Ostbahnstrecke)
mit den Kurswagen nach Gdynia,
Kraków und Kaliningrad. Es wurde von der
polnischen Bahngesellschaft PKP Intercity
betrieben und bestand aus Schlaf-, Liegeund
Sitzwagen. Auch in diesem Fall war
das Interesse der Deutschen Bahn an einer
verbesserten Zusammenarbeit mit dem Ziel
des Erhalts dieser Verbindung offensichtlich
gering – vor dem Hintergrund des Zusammenwachsens
der EU-Länder ein völlig unverständliches
Vorgehen (siehe Beitrag auf
Seite 8). Leider hat sich die PKP auch selbst
„ein Bein gestellt“, da sie ausschließlich ihre
Globalpreise angeboten und günstige
durchtarifierte Angebote wie zum Beispiel
das EuropaSpezial zuzüglich Aufpreis nicht
akzeptiert hat.
Auch in anderen Relationen wie beispielsweise
Amsterdam—Milano bzw. Wien
wurde die Nachtzugverbindung komplett
eingestellt.
Der EN 476/477 „Metropol“ Berlin—Bratislava—
Budapest/Wien startet bzw. endet
seit 13. Dezember in Berlin Hbf (tief). Anstelle
in Berlin Ostbahnhof hält dieser EuroNight
in Berlin Südkreuz. Der Fortbestand dieser
Verbindung ist jedoch akut gefährdet.
Speziell im Binnenverkehr besteht für das
Nachtzugnetz nicht nur Konkurrenz durch
Auto und Flugzeug bzw. Billigflugangebote,
sondern zunehmend auch durch den fortschreitenden
Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes.
Die Tagesrandverbindungen
mit dem ICE ermöglichen beispielsweise
eine Reise von Berlin nach München mit einer
Abfahrt in Berlin Hbf noch um 18.50 Uhr
und der Ankunft in München Hbf um 0.59
Uhr. Die Abfahrt des Nachtzuges CNL 1247 in
benannter Relation erfolgt bereits um 21.03
Uhr in Berlin Hbf.
Deutlich bessere Chancen dürften dagegen
schnelle, gegenüber der heutigen Situation
beschleunigte Direktverbindungen mit
Nachtreisezügen auf internationalen Langstrecken
haben. Folgende Verbindungen
fehlen beispielsweise mit Start-/Ziel Berlin
im heutigen Angebot:
- Berlin—Kopenhagen—Stockholm/Oslo
- Berlin—London
- Berlin—Mailand
Bei den genannten Beispielen ist mit Zügen
des Tagesreiseverkehrs ein überwiegend mindestens
zweimaliges Umsteigen erforderlich,
teilweise mit sehr unbefriedigenden Übergangszeiten.
Die Konkurrenz durch Auto und
Fernreisebus ist in diesen Relationen ebenfalls
deutlich weniger ausgeprägt. Auch wegen
der Einsparung einer Hotelübernachtung bietet
hier das Nachtreiseangebot Vorteile, was
sich natürlich auch in entsprechenden Marketingaktivitäten
niederschlagen müsste. Deutscher Bahnkunden-Verband und
IGEB Fernverkehr
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