Verkehrspolitische Ziele festlegen
und umsetzen
Die neue Landesregierung muss nachvollziehbare
Ziele für ihre Verkehrspolitik
festlegen. Dazu gehört das Verhältnis der
Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zum
Individualverkehr (modal split). Das Umweltbundesamt
hat 2002 in seiner Veröffentlichung
„Kommunale Agenda 21 – Ziele und
Indikatoren einer nachhaltigen Mobilität“
Qualitätsziele für den Umweltverbund festgelegt.
Demnach soll ein modal split von 50
Prozent im ländlichen Raum und 70 Prozent
für Ballungsräume angestrebt werden. Die
Ziele müssen in einem neuen Brandenburger
ÖPNV-Gesetz festgeschrieben werden. Die
Ergebnisse sind jährlich zu veröffentlichen
und weitere Maßnahmen zur Erreichung
dieses Ziels sind konkret zu benennen.
In Regionen mit bedeutender Industrieansiedlung
soll ein solcher Faktor auch für
den Güterverkehr entwickelt und seine Erreichung
verfolgt werden.
Die Brandenburger Landesregierung soll
bei ihrer strikten Ablehnung von „Gigaliner“-
Versuchen und -projekten bleiben.
Sicherstellung eines ÖPNV-Angebots
wieder zur Pflichtaufgabe machen
Derzeit lautet § 3 Absatz 3 Satz 1 des ÖPNVGesetzes:
„Die Sicherstellung einer ausreichenden
Bedienung im übrigen öffentlichen Personennahverkehr
ist freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe
der Landkreise und kreisfreien
Städte.“ Die Konsequenz daraus: Zwangsläufig
leidet das ÖPNV-Angebot unter den rigiden
Sparauflagen. Deshalb soll die Formulierung
„ist freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe“ ersetzt
werden durch „ist eine Pflichtaufgabe“.
Landtagsausschusssitzungen
öffentlich machen
In Brandenburg sind derzeit alle Sitzungen
der Landtagsausschüsse grundsätzlich nichtöffentlich.
Im Sinne einer transparenten Meinungsfindung
und weil es kein zwingendes
Argument für diese Geheimniskrämerei gibt,
ist dieses Verfahren umzukehren: alle Sitzungen
sollen öffentlich sein, nur in begründeten
Ausnahmefällen kann die Öffentlichkeit
ausgeschlossen werden.
Bahn- und Busverkehr
in der Region erhalten
Der Bahnverkehr soll laut aktuellem Landesnahverkehrsplan
das Grundgerüst für die
Versorgung mit Verkehrsleistungen im Land
Brandenburg sein. In manchen berlinfernen
Regionen wird die Bevölkerungszahl um bis
zu 25 Prozent abnehmen. Dennoch werden
auch in der Prignitz und im Elbe-Elster-Kreis,
in der Region um Cottbus genauso wie in
Templin weiterhin Menschen leben. Diese
Menschen haben auch einen Anspruch auf
eine Grundversorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Der Bus kann grundsätzlich immer
nur ein Ergänzungsverkehr zur Schiene
sein bzw. Zubringer zum Schienenverkehr;
die Abstimmung zwischen den Fahrplänen
ist sehr wichtig. Es ist ein landesweites integriertes
Verkehrskonzept mit einer eindeutigen
Aufgabenteilung zu erarbeiten.
Schieneninfrastruktur erhalten
Um nachfolgenden Generationen eine
umweltverträgliche Alternative zum in
den nächsten Jahrzehnten ansteigenden
Straßengüterverkehr zu geben, muss jede
Querverbindung zwischen bestehenden Eisenbahnstrecken,
die in Zukunft gebraucht
werden könnte, grundsätzlich erhalten
bleiben. Diese Forderung betrifft auch den
Rückbau von Überhol- und Abstellmöglichkeiten
an bestehenden Strecken (zum Beispiel
Brandenburger Städtebahn, Ostbahn,
Güterbahnhöfe).
Ziel muss es sein, durch ein attraktives
Bahn- und Busangebot die Kundenzufriedenheit
zu steigern und neue Kunden dauerhaft
zu gewinnen.
Verantwortlichkeiten und
Infrastrukturen regionalisieren
Es gibt aus Sicht des Bahnkunden-Verbands
keinen nachvollziehbaren Grund, warum
nicht die Bundesländer selber über das Nebennetz
entscheiden sollen. Deshalb soll die
neue Landesregierung das Ziel verfolgen,
das aktive und das stillgelegte Nebennetz
sowie alle Infrastrukturbestandteile (Grundstücke,
auf denen sich Gleise, Weichen, Stationen,
Serviceeinrichtungen, Güteranlagen,
Signal- und Sicherungstechnik befinden),
in Landes- oder kommunales Eigentum zu
überführen.
Kommunen (Landkreise, kreisfreie Städte),
die am Erwerb einer Zweigstrecke zum Erhalt
und zur dauernden Nutzung interessiert
sind, sollen durch die Bereitstellung von Finanzmitteln
des Landes und eine beratende
Unterstützung zum Erwerb in diese Lage versetzt
werden. Nur so lassen sich auch solche
Strecken, an denen die DB AG kein Interesse
mehr hat, im Bestand dauerhaft erhalten.
Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung
und Verkehrsverhalten sind Veränderungen
unterworfen. Deshalb muss es eine jährliche
Überprüfung von Stationen geben, die an
bestehenden Strecken in der Vergangenheit
geschlossen wurden. Hier muss geprüft
werden, ob es möglicherweise ein neues
Kundenpotenzial gibt, dass eine Wiedereröffnung
rechtfertigt. Die Einrichtung von Bedarfshalten
ist, soweit dies technisch möglich
ist, voranzutreiben.
Hierzu ist eine entsprechende Intitiative
im Bundesrat notwendig. Für die Ausarbeitung
bietet der DBV seine Hilfe an.
Verkehrsverträge öffentlich machen
Jedes Jahr werden für den Bereich des öffentlichen
Verkehrs viele Millionen Euro
ausgegeben. Eine öffentliche Kontrolle
dieser Verkehrsleistungen findet nicht statt.
Sie kann nicht stattfinden, da die Veröffentlichung
dieser Verkehrsverträge angeblich
ein Geschäftsgeheimnis darstellt und deshalb
verboten ist. Diese Geheimniskrämerei
widerspricht dem Anspruch der Öffentlichkeit
auf Information. Deshalb fordert der
DBV, dass fahrgastrelevante Vereinbarungen
aus den Verträgen veröffentlicht werden
müssen.
Brandenburg braucht ein gutes und
attraktives Nahverkehrsangebot –
auch nach Berlin
Wo es verkehrlich sinnvoll ist und ein entsprechendes
Fahrgastpotenzial vorhanden
ist, sind fehlende S-Bahn- und/oder Regionalverbindungen
wiederaufzubauen. Das
bestehende Angebot darf nicht verschlechtert
werden. Die Verringerung des einen Angebotes
(z. B. Regionalverkehr) zu Gunsten
des anderen (z. B. S-Bahn) lehnt der DBV ab.
Eine Ausdünnung des S-Bahn-Angebots
im Umland ist kontraproduktiv und fördert
nicht die Akzeptanz. Die seit Dezember 2006
umgesetzten Entscheidungen zur Ausdünnung
des Angebots im Bereich des Landkreises
Oberhavel sind deshalb rückgängig zu
machen.
Buslinien müssen grundsätzlich über die
Landesgrenze hinweg bis zum nächsten
wichtigen Umsteigepunkt oder einem bedeutenden
Endpunkt fahren.
Alle noch bestehenden Lücken im
S-Bahn- und Regionalverkehrsnetz
untersuchen
Auch 20 Jahre nach dem Mauerfall gibt es
noch Lücken im Schienennetz, die aus Sicht
des Bahnkunden-Verbands endlich geschlossen
werden müssen. Dazu gehören neben
S-Bahn-Strecken auch innerstädtische
Regionalverbindungen (zum Beispiel Basdorf—
Gesundbrunnen, Hennigsdorf—Gesundbrunnen).
In die Untersuchungen sind,
sofern sinnvoll, alle Varianten des Schienenverkehrs
– also von der Straßenbahn bis hin
zum Regionalverkehr – einzubeziehen.
Schienenfahrzeugpool für den
Nahverkehr bilden
Um direkten Einfluss auf Standards und
Beförderungsqualität der eingesetzten
Schienenfahrzeuge zu nehmen, soll ein landesweiter
Schienenfahrzeug-Pool gebildet
werden. Im Rahmen der Ausschreibungen
werden die SPNV-Unternehmen verpflichtet,
die eingesetzten Fahrzeuge aus diesem Pool
zu nutzen. Damit wird das Land Brandenburg
in die Lage versetzt, unabhängig vom
Ausschreibungsturnus moderne Fahrzeuge
einzusetzen und es kann ggf. auch auf steigende
oder sinkende Nachfrage Einfluss nehmen.
Durch kontinuierliche Bestellungen bei
den Herstellern der Schienenfahrzeugindustrie
wird eine Unabhängigkeit von bestimmten
Vertragslaufzeiten erreicht und bei den
Herstellern vorhandene Produktionskapazitäten
werden gleichmäßiger ausgelastet.
Daher sind in kleineren Jahresscheiben weitere
Ausschreibungen so zu tätigen, dass das
Land eigene Fahrzeuge stellt.
Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung
öffentlicher Stellen an Verkehrsunternehmen,
die sich dann im Wettbewerb
an diesen Ausschreibung beteiligen, ist zu
untersagen.
Bahnhofsumfeld mehr beachten
Zum positiven Gesamtbild des öffentlichen
Verkehrs gehört nicht allein die Sauberkeit
der Fahrzeuge und ein guter Service des Personals,
sondern auch die Sauberkeit der Stationen.
Sehr häufig befindet sich das Bahnhofsumfeld
jedoch in einem ungepflegten
und verwahrlosten Zustand. Nicht nur von
den Fahrgästen muss verlangt werden, dass
Sie sich achtsam in den Fahrzeugen und
Anlagen verhalten. Ein gleiches Verhalten
ist selbstverständlich auch von den Eigentümern
der Bahnflächen zu verlangen – egal,
ob sie genutzt oder ungenutzt sind. Die Landesregierung
hat deshalb alle Möglichkeiten
auf landes- und bundespolitischer Ebene zu
nutzen, um einen positiven Gesamteindruck
der Haltestellen- und Bahnhofsbereiche
durchzusetzen.
Attraktive Jedermann-Monatskarte
für das VBB-Gesamtnetz einführen
Der große Erfolg des „VBB-Abo 65 plus“ hat
es gezeigt: Ein einfaches und zugleich unschlagbar
preiswertes Tarifangebot wird
durch die Kunden auch angenommen. Wer
65 Jahre und älter ist, kann für 45 Euro im
Monat alle Verkehrsmittel im VBB zu jeder
Zeit nutzen. Nach Ansicht des Bahnkunden-
Verbands liegt es auf der Hand, das Erfolgsrezept
auch auf die Kundengruppe unter 65
Jahre zu übertragen. Die Finanzierung ist
über einen attraktiven Preis zu sichern, er
könnte für das Gesamtnetz bei 700 Euro pro
Jahr liegen.
Neue Angebote
für Anschlussfahrscheine schaffen
Um bestehende Ungerechtigkeiten an der
Tarifzonengrenze „Potsdam B“/„Berlin B“
und für unmittelbar hinter der Tarifzonengrenze
„Berlin C“ liegende Stationen zu beseitigen,
sieht der DBV die Notwendigkeit
für neue Regelungen zu den Anschlussfahrscheinen.
Neue Tarifangebote sind aufzulegen,
die beispielsweise Kunden mit einer
Potsdamer Monatskarte (Tarifzone „Potsdam
B“) das Überqueren der Landesgrenze
nach Berlin (Tarifzone „Berlin B“) ermöglichen
– oder Bahnkunden aus Beelitz, Nauen
oder Kremmen den Erwerb eines Anschlussfahrausweises
ermöglichen. Solche Fahrausweise
sind auch als Monats-/Jahreskarte zu
gestalten.
Die gleiche Forderung ist auch für Landkreisgrenzen
umzusetzen.
Sozialtarife Landesgrenzen überschreitend
anbieten
Sozialtarife, ob sie nun wenig oder häufig
in Anspruch genommen werden, sind zwingend
notwendig und sollen nicht an der
Grenze zwischen Berlin und Brandenburg
enden.
Fahrscheinerwerb im Zug nicht bestrafen
Völlig uneinheitlich und verwirrend sind derzeit
die Regelungen zum Fahrscheinerwerb
im Zug. In den Zügen der DB Regio muss,
sofern die Möglichkeit zum Fahrscheinkauf
vor Fahrtantritt besteht, beim Kauf im Zug
zusätzlich zum Fahrpreis ein Aufpreis bezahlt
werden. In den Zügen der privaten Verkehrsunternehmen
können demgegenüber
Fahrscheine im Zug ohne Aufpreis gekauft
werden. Der Fahrscheinerwerb im Zug muss
ohne Aufpreis oder Entschuldigung seitens
des Fahrgastes möglich sein.
Serviceoffensive starten
Der VBB bemängelt seit langem, dass sich
durch den fast flächendeckenden Abzug von
Personal auf den Stationen sowohl die Aufenthaltsqualität
als auch die Möglichkeiten
zum Fahrscheinerwerb und zur allgemeinen
Information drastisch verschlechtert haben.
Deshalb gehört in jeden Regionalzug ein
Mitarbeiter, der beim Ein- und Aussteigen
behilflich ist und für die Beantwortung von
Fragen zur Verfügung steht. Vorrangig hat er
sein Aufgabenfeld in der Betreuung und Information
der Fahrgäste. Dies ist in den neu
abzuschließenden Verträgen verbindlich
festzuschreiben.
Knotenbahnhöfe und wesentliche regionale
Verknüpfungspunkte sollen grundsätzlich
mit ausgebildetem Servicepersonal
besetzt werden. Vor allem in den Tagesrandzeiten
sollte eine ausreichende Betreuung
gewährleistet werden, um den Fahrgästen
eine objektive und subjektive Sicherheit zu
bieten.
Das Personal ist regelmäßig zu schulen.
Fahrtunterbrechungen, Umweg-, Rundund
Rückfahrten wieder zulassen
Eine große Ungerechtigkeit ist das Verbot
von Umweg-, Rund- und Rückfahrten
mit Einzelfahrscheinen. Dieses Verbot ist
schwer zu vermitteln und zu kontrollieren.
Auch können Bauarbeiten eine weiträumige
Umfahrung erfordern. Sinn der Zonen
ist es doch gerade, die Nutzung möglichst
einfach zu machen. Wer sich einen Einzelfahrausweis
für Cottbus, Brandenburg an
der Havel, Frankfurt (Oder), Potsdam oder
Berlin kauft, sollte damit innerhalb der
angegebenen Gültigkeit jedwede Freiheit
haben, die Fahrt zu unterbrechen, einen
längeren Fahrtweg zu wählen oder zurückzufahren.
Schienen-Regionalverkehrslinien sollen
nicht am Berliner Stadtrand enden
Alle auf Berlin zulaufenden Schienen-Regionalverkehrslinien
sollen grundsätzlich mindestens
bis zu einem Bahnhof am S-Bahn-
Ring geführt werden, soweit dies die Infrastruktur
zulässt und es sich nicht um eine
reine Radialverbindung handelt. Endpunkte
wie Spandau, Wannsee, Lichtenberg und
Karow sind zu vermeiden. Darüber sind mit
dem Land Berlin entsprechende Verhandlungen
aufzunehmen.
Leicht merkbare Takte gewährleisten
Die Zugfrequenzen sind so aufeinander abzustimmen,
dass im Wesentlichen ein gleichmäßiger
Takt gewährleistet wird. DBV Berlin-Brandenburg
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